Seelsorge für Gehörlose mit langer Tradition im Rheinland

"Die Vereinsamung und Isolation ist ein großes Problem"

Auch wenn in Fernsehen oder Internet mittlerweile immer öfter die Simultanübersetzung in Gebärdensprache zu sehen ist: Das Thema "Seelsorge für Gehörlose" ist in den evangelischen Kirchengemeinden im Rheinland kein Neuland, sondern Tradition.

Das Pfarrer-Ehepaar Dagmar und Dieter Schwirschke / © Guido Schiefer (epd)
Das Pfarrer-Ehepaar Dagmar und Dieter Schwirschke / © Guido Schiefer ( epd )

"Bereits ab den 1870er Jahren entstanden im Rheinland immer mehr evangelische Gehörlosengemeinden und -vereine, in Köln etwa um die Jahrhundertwende", sagt Pfarrer Dieter Schwirschke. Gemeinsam mit seiner Frau und Pfarrerin Dagmar Schwirschke betreut er seit bald 25 Jahren die Evangelische Gehörlosenseelsorge in der Region Köln. Unterstützt wird das Paar dabei von dem gehörlosen Jugendleiter Guido Holthaus und von der Küsterin Kerstin Müller.

Die Gemeinden von zehn Kirchenkreisen haben sich dafür zusammengetan. Das Gebiet der Gehörlosenseelsorge erstreckt sich von Aachen über die Eifel, Köln sowie das Umland bis nach Leverkusen und ins Oberbergische. Statistisch gesehen leben in diesem Bereich etwa 800 gehörlose evangelische Menschen - im Durchschnitt ist einer von 1.000 Menschen gehörlos. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht. Das Ehepaar Schwirschke übernahm die Leitung der Gehörlosenseelsorge in der Region Köln im Jahr 1997 - mit 1,75 Pfarrstellen. Dagmar Schwirschke ist noch mit einer Viertel-Pfarrstelle in der Ausbildung von Ehrenamtlichen in der Seelsorge tätig.

Anfang der 1990er Jahre begonnen

Derzeit hat die Evangelische Kirche im Rheinland mit ihren 37 Kirchenkreisen 19 Gehörlosengemeinden. Das Ehepaar Schwirschke hatte vor der Tätigkeit in der Gehörlosengemeinde in der Region Köln bereits im Kirchenkreis Moers auch die Seelsorge für Gehörlose übernommen. Das war Anfang der 90er Jahre. "Wir haben damals beide angefangen, die Gebärdensprache zu erlernen und uns mit der Lebenswelt gehörloser Menschen zu beschäftigen", berichtet Dagmar Schwirschke. "Es war dann einfach so, dass wir in der Aufgabe geblieben sind, weil es uns Spaß gemacht hat, weil wir darin eine Herausforderung gesehen haben."

Die Angebote der Gehörlosenseelsorge umfassen alle Bereiche kirchlichen Lebens, die auch hörenden Menschen zu Verfügung stehen. Dazu zählen Sonntagsgottesdienste, Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Beerdigungen. Auch Kinder- und Jugendarbeit sowie Angebote für Seniorinnen und Senioren gehören dazu. "Die Gottesdienste für gehörlose Menschen finden in Deutscher Gebärdensprache statt; bei besonderen Anlässen wird für Hörende in Lautsprache übersetzt", erklärt Dagmar Schwirschke. "Unsere Predigten haben stark dialogischen Charakter, oft sprechen wir die Gemeindeglieder direkt an und fragen nach ihren Erfahrungen, die sie in ihrer Lebenswelt als Gehörlose machen", sagt Ehemann Dieter.

Seelsorge auch für Angehörige

Der Pfarrer verweist allerdings auch darauf, dass sich das seelsorgliche Angebot nicht auf die Gehörlosen beschränkt: "Wir sind auch für die hörenden Angehörigen der gehörlosen Menschen da." 30 bis 50 Menschen sind nach Angaben von Dieter Schwirschke in Vor-Corona-Zeiten zu den Gottesdiensten für Gehörlose gekommen. Die Auswirkungen der Pandemie seien für die Gehörlosen besonders schlimm, da sie auf regelmäßige Treffen im analogen Rahmen angewiesen seien. "Die Vereinsamung und Isolation ist ein großes Problem", sagt er. Zudem erschwere das Tragen der Gesichtsmasken im Gottesdienst und bei den übrigen Gemeindeveranstaltungen die Kommunikation der Besucher untereinander.


Quelle:
epd