DJK-Köln-Geschäftsführer erlebt Paralympics als motivierend

"Tolles Zeichen an alle Menschen da draußen"

Sport kann begeistern und Menschen zu neuen Höchstleistungen bringen. Nicolas Niermann, Geschäftsführer des DJK Diözesanverbands Köln, erlebt das immer wieder, gerade mit Blick auf den Behindertensport und Inklusion im Sport.

Rollstuhlbasketball bei den Paralympics in Paris  / © Julian Stratenschulte (dpa)
Rollstuhlbasketball bei den Paralympics in Paris / © Julian Stratenschulte ( dpa )

DOMRADIO.DE: Ist jemand aus Ihrem Verband bei den aktuellen Paralympics mit dabei? 

Nicolas Niermann (Geschäftsführer des DJK Diözesanverbands Köln): Ja, tatsächlich. Wir haben in unserem Verband die Olympia-Seelsorgerin Elisabeth Keilmann, die schon bei Olympia dabei war und in ihrem Amt als Olympia-Seelsorgerin auch jetzt wieder im olympischen Dorf dabei ist. 

DOMRADIO.DE: Was bedeuten Ihnen denn persönlich die Paralympics? 

Niermann: Für mich ist ein ganz wichtiger Bestandteil davon, zu zeigen, dass jeder Mensch in der Lage ist, Höchstleistungen zu zeigen, dass er gesehen werden soll und gesehen werden kann. 

Egal in welcher Situation man sich jetzt gerade befindet, lohnt es sich immer, an sich selber zu arbeiten und nach dem für sich selbst Optimalen zu streben. Für mich ist das ein total motivierendes und tolles Zeichen an alle Menschen da draußen. 

DOMRADIO.DE: Wie gucken Sie als Sportverband, dem Inklusion sehr wichtig ist, darauf? 

Niermann: Wir sind ein Sportverband, der sich eher um Breitensportvereine kümmert. So verstehen wir auch selber die Inklusion. Dass Menschen mit und ohne Behinderung in einem Verband, in einem Verein zusammen sind, zusammen Spaß haben, dieselbe Sportart betreiben und sich in einem Wettkampf messen, ob man die Übung jetzt modifiziert hat oder eben auch nicht. 

Die Paralympics an sich zeigen, dass die Menschen, egal welche Voraussetzungen sie haben, immer dazu in der Lage sind, sich weiterzuentwickeln, nach persönlichen Zielen zu streben und dann auch Höchstleistungen anzugreifen. 

Ob das jetzt Inklusion ist oder nicht, sei jetzt erst mal dahingestellt, weil es ja nicht so ist, dass die Menschen mit und ohne Behinderung zusammen dort Sport machen. Es zeigt aber auf jeden Fall, dass das all dem anderen Leistungsstreben gleichgestellt ist.

Von daher ist das ein tolles Zeichen, erst mal alle Leute gleichmäßig zu sehen, gleich in die Vereine reinzuholen, gleich in den Sport zu holen und dann im nächsten Schritt auch noch zu schauen, wie wir dann sogar noch was zusammen machen können. 

Nicolas Niermann

"Wenn ich selber meine Interessen vertreten kann, dann finden die eben auch statt."

DOMRADIO.DE: Wenn man auf Ihre Homepage schaut, stehen da Punkte wie "Sportjugend" oder "Arbeitskreis Kirche & Sport" und "Inklusion". Wie leben Sie das mit der Inklusion? Wie gestalten Sie das? Gibt es da auch gemischte Gruppen, zum Beispiel für bestimmte Sportarten? 

Niermann: Ja, ganz viele. In unseren Vereinen gibt es mittlerweile sehr viel inklusiven Sport. Wir betreiben das Thema sehr ernsthaft seit der UN-Behindertenrechtskonvention 2009. Erst haben wir damit angefangen, unsere Vereine stärker auf das Thema aufmerksam zu machen, aber dann auch vor allen Dingen – und das hat sich als ein Riesenerfolg bewährt – angefangen, Menschen mit Beeinträchtigungen selber zu Trainern oder anderen Ehrenamtlern auszubilden.

Das heißt, wir sagen nicht nur, ihr seid eingeladen, sondern wir sagen, wir brauchen euch. Wir brauchen euch, damit unsere Vereine so werden, wie wir das alle gerne haben möchten. Ob jetzt als Trainer, als Vorstand, als Zeugwart oder in welcher Position auch immer die Leute sind, wir wollen die in unsere Vereine holen und tun das auch, damit sie auch selber die Vereine mitgestalten. 

Das ist eigentlich einer der Kernpunkte. Daraus entwickelt sich dann auch alles. Man macht das dann nicht mehr für diese Leute, sondern mit diesen Leuten zusammen. Dann wird das irgendwann zur Normalität und alles, was man sich von inklusiven Angeboten erwünscht, das passiert dann einfach von selbst. Denn, wenn ich selber meine Interessen vertreten kann, dann finden die eben auch statt. 

Paralympics Paris 2024 / © Julian Stratenschulte (dpa)
Paralympics Paris 2024 / © Julian Stratenschulte ( dpa )

DOMRADIO.DE: Kann der inklusive Sport auch einen Zusammenhang zum Zusammenhalt in der Gesellschaft herstellen? Inwieweit kann man da andocken und sagen, das kann uns allen was bringen? 

Niermann: Da ist der Sport sehr wichtig. Es ist nicht so, dass es in Sport endet, sondern der Sport ist eigentlich wie bei vielem anderen auch ein Lernfeld. Sei es jetzt, wie man miteinander umgeht, wie man mit Leistung umgeht, wie man mit Frust und Niederlagen umgeht. 

Genauso kann man im Sport auch erproben und einüben, wie man mit Inklusion umgeht. Da darf dann auch mal was schiefgehen, da darf mal was nicht klappen. Da kann man aber auch ganz offensichtliche Erfolge feiern und so etwas. 

Wir merken das bei Kindern und Jugendlichen, wo wir inklusiven Sport anbieten. Wenn man das eine Weile gemacht hat, ist das für die vollkommen normal. Der Trick ist dann eben nicht zu sagen, man hat Leistungsschwache und Leistungsstarke in derselben Sportart und die einen gewinnen und die anderen verlieren immer, sondern dass man die Sportart so verändert, dass derjenige, der vielleicht topfit und ein riesengroßes Talent in der Sportart hat, trotzdem genauso hart für einen Sieg kämpfen muss, wie derjenige, der vielleicht einen kleinen Nachteil hat. 

Da kann man den Leuten wirklich zeigen, wie eine gelingende Inklusion funktionieren kann. Was sind die Stellschrauben, an denen man drehen kann, sodass dieser Wettbewerb auch mehr Spaß macht, als immer nur zu gewinnen? Wie kann man also mehr Chancengleichheit herstellen? 

Nicolas Niermann

"Der Glaube spielt immer eine hohe Rolle in der Zuversicht."

DOMRADIO.DE: Wichtig ist beim Sportverband DJK der Dreiklang von Sport, Gemeinschaft und Glaube. Welche Erfahrungen machen Sie denn mit beeinträchtigten Menschen, die sich sportlich betätigen? Welche Rolle spielt der Glaube dabei? 

Niermann: Der Glaube spielt immer eine hohe Rolle in der Zuversicht. Bei vielen Menschen mit Behinderung ist es leider heute noch so, dass die überhaupt nicht diese Freizeitangebote wahrnehmen und dass sie sich seltener in die Vereine mischen. Ich verstehe das ja auch. 

Wenn ich jetzt der einzige bin, der vielleicht eine bestimmte Beeinträchtigung hat oder so etwas, dann bin ich mir erst mal unsicher, ob die Leute mich vielleicht mit offenen Armen empfangen, ob die das richtige Angebot für mich haben, ob ich denen vielleicht noch beibringen muss, wie ich denn in deren Sportart mitmachen kann. 

All das sind Unsicherheiten, die jemand, der von außen optimale Voraussetzungen hat, gar nicht haben muss. Das heißt, ich brauche mehr Mut, um rauszugehen und um mich da einzumischen. Ich glaube, da ist der Glaube auch ein großer Mutmacher, um zu zeigen, dass man seine Talente gut einsetzen kann und dass man einfach rausgeht und mit offenen Armen und Augen auf die Menschen zugeht. 

Genauso ist auf der anderen Seite in unserem Verein aber aufgrund der christlichen Herkunft der Leute, der Vorstände und vieler Trainer, dass dieses Menschenbild vorherrscht und dass deswegen die Leute vielleicht auch noch einmal ein bisschen mehr mit offenen Armen empfangen und aufgenommen werden. Die Anstrengungen sind noch mal ein bisschen größer, die Menschen auch wirklich zu inkludieren. Der Glaube spielt da definitiv rein.

DOMRADIO.DE: Im Jahr 2022 hat der kleinwüchsige Kugelstoßer Niko Kappel, der 2016 Weltmeister war, den DJK-Ethikpreis des Sports bekommen. Kappel ist jetzt auch bei den Paralympics dabei. Wie gut ist der aufgestellt und was wünschen Sie ihm? 

Niermann: Der ist hervorragend aufgestellt. Er hat in dem letzten Jahr auch wieder einige Rekordwürfe aufgestellt. Er scheint in guter Form zu sein. Dementsprechend wünschen wir ihm auf der sportlichen Seite alles Gute. Das Tolle an Niko Kappel ist, dass er das macht, was wir uns als DJK vom Sport auch erwarten und erhoffen. Nicht nur auf den Sport, sondern auch über den Tellerrand hinausblicken und das, was er an Werten mitbringt, damit nach außen zu bringen. 

Niko Kappel / © Michael Kappeler (dpa)
Niko Kappel / © Michael Kappeler ( dpa )

Bei ihm war das der Kampf für eine gute Inklusion und Akzeptanz von Menschen jeglicher Art. Für die Paralympischen Spiele wünschen wir dementsprechend viel Erfolg und für alles, was danach kommt, eine schöne, große Reichweite, damit er seine Nachricht auch nach außen tragen kann.

Das Interview führte Dagmar Peters.

DJK-Sportverband

Der DJK-Sportverband ist ein katholischer Sportverband in Deutschland mit Sitz im rheinischen Langenfeld. Er versteht sich als christlich wertorientierter Sportverband unter katholischem Dach und nimmt laut eigenen Angaben jede Person auf, der diese Orientierung mitträgt. Etwa 500.000 Sportlerinnen und Sportler betreiben in rund 1.100 DJK-Vereinen über 100 Sportarten. Präsidentin ist seit 2015 Elsbeth Beha. Geistliche Bundesbeirätin ist seit 2018 Elisabeth Keilmann, die zugleich Olympia- und Sportseelsorgerin der Deutschen Bischofskonferenz ist.

Das Logo des DJK-Sportverbandes (DJK)
Das Logo des DJK-Sportverbandes / ( DJK )
Quelle:
DR