"Sie muss lernen, Tradition wieder als die dynamische Transformationskraft zu begreifen, die sie ist. Und sie muss es aufgeben, überkommene, überlebte und auch überflüssige Strukturen für das Zentrum ihrer selbst zu halten", schreibt der Dogmatik-Professor in der Zeitschrift "Herder-Korrespondenz".
Zwischen Liebe und Macht wählen
Als Beispiel für die Missachtung der Menschenwürde und des Autoritarismus nennt er Frauenrechte. Konkret müsse sich die katholische Kirche entscheiden, ob sie für Demokratie und eine offene, liberale Gesellschaft oder für Autokratie und eine geschlossene, patriarchale Gesellschaft stehe. Theologisch gesprochen müsse sie zwischen Liebe und Macht wählen. Sie müsse letztlich auch entscheiden, auf welcher Seite der Geschichte sie stehen wolle, so Ruhstorfer.
Machtstrukturen zu ändern sei Ziel von Synodalität. Den aktuellen weltweiten synodalen Prozess nennt Ruhstorfer einen "Versuch der katholischen Kirche, sich aus innerer Kraft zu erneuern und den toten Ballast der Geschichte abzuwerfen, um den Zuspruch des Evangeliums neu zu hören".