domradio-Interview zur Lage von Chinas Christen nach dem Erdbeben in Sichuan

Altäre in Zelten aufgebaut

Tehntausende Tote, mehr als 100.000 Verletzte und eine wachsende Seuchengefahr: Chinas Regierungschef Wen hat nun das verheerende Erdbeben als das "zerstörerischste" seit Gründung der Volksrepublik im Jahre 1949 bezeichnet. Über die Situation der betroffenen Christen sprach domradio mit Renée Rentke vom China-Zentrum in Sankt Augustin.

 (DR)

domradio: Sie haben Kontakte zu einer katholischen Hilfsorganisation und zur Diözese Chengdu in der Provinz Sichuan, wo das Epizentrum des Bebens lag. Beschreiben Sie die Bereichte?

Renée Rentke: Wir wissen vom Partner vor Ort, dass sehr viele Kirchengebäude zerstört oder beschädigt sind. Viele Katholiken sind obdachlos, haben allerdings in ihren Zelten kleine Altäre aufgebaut und beten für die Opfer. Katholische und protestantische Hilfsorganisation haben bereits Helfer vor Ort, sie verteilen Lebensmittel und sammeln Spenden.

domradio: Die chinesische Regierung erstaunt mit einer erstmaligen Offenheit bei dieser Katastrophe. Jetzt sind sogar ausländische Helfer zugelassen. Ist es unter dem Druck der Olympischen Spiele zu dieser Offenheit gekommen oder bewegt sich die chinesische Regierung grundsätzlich?

Renée Rentke: Ich denke, dass man seit der SARS-Epidemie dazugelernt hat. Man hat auch das schlechte Beispiel Birma vor Augen und die negative Presse über das Verhalten der Regierung zum Tibetkonflikt. Das Image Chinas darf nicht noch weiter leiden und innenpolitisch muss die Regierung zeigen, dass sie handeln kann, um das Vertrauen der Menschen nicht zu verlieren.  

domradio: Gerade Christen sind eine Minderheit in diesem riesigen Land. Haben sie Hoffnung, dass der offene Kurs der Regierung künftig auch ihnen mehr entgegenkommt?

Renée Rentke: Ich glaube nicht, dass diese Naturkatastrophe politische Konsequenzen hat, es wird sicher keine Auswirkungen auf Menschenrechte oder Religionsfreiheit geben. Es geht in diesem Fall erstmal um das Humanitäre. Das Politische ist da außen vor.

domradio: Hilfe können die Menschen in der Erdbebenregion überall gebrauchen. Sie sagten, es gibt auch kirchliche Organisationen, die sich an den Hilfsmaßnahmen beteiligen. Wie sieht die Hilfe der Hilfsorganisationen vor Ort aus?

Renée Rentke: Vor allem geht es um medizinische Hilfe vor Ort. Dann werden die Obdachlosen mit Zelten und Nahrungsmitteln versorgt. Das sind erstmal die dringlichsten Dinge. Danach muss man sehen, inwieweit man mit den Aufbauarbeiten beginnen kann, wofür wiederum Spenden gebraucht werden.