DOMRADIO.DE: Was sind denn die Ergebnisse dieser vergangenen vier Wochen?
Ingo Brüggenjürgen (Chefredakteur DOMRADIO.DE): Es war eine mühsame Synode, hat mir jemand gesagt. Aber halten wir doch das Positive fest: Zum ersten Mal war hier die Beteiligung von Laien, darunter auch 54 stimmberechtigten Frauen, von allen doch akzeptiert worden.
Man hat gemerkt, das bringt uns wirklich weiter. Dass es die erste Weltbischofssynode unter Beteiligung von Laien war, das allein hat Akzente gesetzt, aber natürlich auch die dringenden Fragen, die beim Synodalen Weg in Deutschland auf den Tisch kamen.
Das sind keine deutschen Fragen, sondern Fragen, die sich überall in der Weltkirche stellen. Das wurde hier sehr deutlich.
Ich meine die Fragen bezüglich der Verteilung der Macht, der Beteiligung der Laien oder in Sachen Klerikalismus oder Ausgrenzung – da hat sich viel bewegt in den vergangenen Tagen.
DOMRADIO.DE: Und wie wird es jetzt weitergehen?
Brüggenjürgen: Erst einmal haben wir jetzt ein über 40 Seiten starkes Papier. Diese Sitzungsperiode war ja auch nur eine Zwischenetappe. Abschließen wird diese Synode mit der Schlussetappe, wo sie dann 2024, in genau einem Jahr, noch konkretere Ergebnisse auf den Tisch bringen wird.
Aber jetzt schon sagte mir einer der Teilnehmer hier: Wir sind schon ganz schön weit gekommen, auch wenn das für euch Journalisten vielleicht gar nicht so aussieht.
Es seien ja viele Dinge strittig gewesen und die ganzen Beschlüsse, die man gefasst hat, die sei man gestern Abschnitt für Abschnitt durchgegangen und alle, wirklich alle Absätze Änderungsabsätze hätten eine breite Mehrheit gefunden.
Das heißt, viele der Delegierten aus aller Welt haben einfach erkannt, dass dieses starre Beharren nicht der Weg in die Zukunft sein kann, sondern dass die Kirche sich unter Beteiligung der Bischöfe und der Laien immer wieder – in Abstimmung untereinander – gemeinsam nach vorne bewegen muss.
Konkret erfordert das mehr Beteiligung der Laien – zum Beispiel bei Bischofsweihen – sowie ein Anpacken der dringenden Probleme. Dazu gehört auch eine Anpassung des Kirchenrechts, damit man bei vielen Themen dann auch weiterkommen kann.
DOMRADIO.DE: Das klingt ja schon einmal gar nicht so schlecht. Wie bewertest du das ganz persönlich? Hast du das Gefühl, dass genau das auch eintreten wird? Oder bist du da vielleicht doch eher ein bisschen pessimistisch?
Brüggenjürgen: Ich war in den vergangenen Tagen vielfach skeptisch, weil sich das Ganze doch ein wenig zog. Aber am Ende haben die Delegierten hier Gas gegeben und ich glaube, das ist Stand heute das Maximum, das die Kirche sich an Bewegungsfreiheit schaffen kann.
Ja, die Kirche bewegt sich, hat Bischof Bätzing uns gesagt. Ich würde mal anfügen: im Schneckentempo. Aber immerhin bewegt sie sich, und das ist positiv zu sehen, zumal im Vorfeld noch viel geunkt wurde.
Hier ist sehr deutlich geworden: Kirche kann man nicht abschreiben, die Probleme existieren in allen Erdteilen und gemeinsam will das Volk Gottes nach vorne kommen und gemeinsam Lösungen finden.
DOMRADIO.DE: Also Bischof Bätzing hat vielleicht bei dir schon so ein bisschen Hoffnung geweckt. Du bist ja in dieser Zeit auch vielen verschiedenen Menschen begegnet. Wer hat denn da bei dir noch besonders viel Hoffnung gemacht?
Brüggenjürgen: Also das sind in erster Linie wirklich die Frauen, mit denen ich gesprochen habe, Menschen wie die Schweizer Delegierte Helena Jeppesen-Spuhler. Die gehört zu den Frauen, die diese Synode "aufgemischt" haben. Das gilt auch für die Ordensfrauen, die dabei waren.
Aber auch jemand wie der heimliche Star der Synode, Timothy Radcliffe, der in Oxford lehrt und hier viele Dinge immer wieder gekonnt auf den Punkt gebracht hat. Eigentlich sind alle ein Stück weit Stars, denn sie müssen das ja alle nach vorne tragen.
Sie kehren jetzt alle zurück in ihre Heimatgemeinden und müssen das, was sie hier erfahren haben, auch umsetzen, damit dieser Prozess weitergehen kann.
Nein, das muss jetzt in den Gemeinden lebendig gelebt werden. Eine stärkere Beteiligung und Entscheidungsfreiheit der Ortskirchen, das ist das, was hier immer wieder gefordert wurde.
Das hilft vielleicht auch bei den vielen kulturellen Unterschieden, wenn Einzelne da einfach mal ein bisschen weiter nach vorne gehen.
Das Interview führte Tim Helssen.