Drewermann sieht pazifistische Forderungen verunglimpft

"Krieg ist das Resultat des Nicht-Zuhörens"

In Deutschland sind laut dem Theologen Eugen Drewermann pazifistische Forderungen nicht mehr genehmigungsfähig. Selbst von Vertretern der Bundesregierung würden sie verunglimpft. Der 83-Jährige bezeichnet sich selbst als Pazifisten.

Eugen Drewermann / © Rolf Zoellner (epd)
Eugen Drewermann / © Rolf Zoellner ( epd )

"Wer dafür plädiert, in der Ukraine miteinander zu reden, wird in allen Medien als Putin-Versteher und Rechtfertiger des Aggressionskrieges verschrien", sagte er am Mittwochabend bei einem Vortrag in Osnabrück.

Pazifismus

Der Begriff "Pazifismus" kommt von dem lateinischen Wort "pacificus", das heißt "friedliebend". Es bezeichnet eine Grundhaltung, die jede Anwendung von Gewalt ablehnt und mit aller Kraft für den Frieden eintritt. Ein Pazifist lehnt aus Gewissensgründen jede Form von Krieg grundsätzlich ab. Selbst wenn ein Staat angegriffen wird, soll dieser sich nicht mit militärischen Mitteln verteidigen. Pazifisten dulden nur friedliche und gewaltfreie Aktivitäten. Jede Form von Kriegs- oder Wehrdienst ist gegen ihre Überzeugung.

Friedenstaube / © Velishchuk Yevhen (shutterstock)

Auf Einladung der Osnabrücker Friedensinitiative skizzierte Drewermann in seinem Vortrag über den "Westfälischen Frieden als Vorbild für heute" Entsprechungen zwischen historischen Konflikten und denen des 21. Jahrhunderts in Nahost und der Ukraine.

Kann nur Reden Frieden bringen?

Eine wichtige Lektion der Friedensverhandlungen von 1645 bis 1648 laute: "Frieden kann man nur bekommen, wenn man miteinander redet. Krieg ist das Resultat des Nicht-Zuhörens."

Leider hätten die Delegierten in Münster und Osnabrück vor 375 Jahren nicht über die Ursachen der vielfachen Konflikte gesprochen, kritisierte Drewermann, der auch Psychoanalytiker ist.

Konfliktparteien müssten einander zuhören

Erst wenn Konfliktparteien einander zuhörten, könnten sie die jeweiligen Beweggründe der Aggression verstehen. Gewalt - ob persönlich oder zwischenstaatlich - sei "Symptom eines ungelösten inneren Konflikts, über den man nicht sprechen kann".

Dies sei in den vergangenen 30 Jahren ein wesentlicher Fehler des Westens unter Führung der USA gewesen. Hinzu komme dessen eigene Unaufrichtigkeit etwa in den Irak-Kriegen oder bei der Bombardierung Libyens. Sie habe sich dabei so gezeigt, wie man sie anderen vorwerfe.

Drewermann gegen weitere Aufrüstung der Ukraine

"Ist man als Christ verdächtig, ein Putin-Versteher zu sein, wenn man an Frieden appelliert?", fragte Drewermann. Auch von Kirchenvertretern seien vor allem Verweise auf das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine zu hören, womit dann weitere Aufrüstung und weitere Opfer gerechtfertigt würden.

Etwas anders äußere sich allenfalls Papst Franziskus, aber der finde kaum Gehör. Mit seinen Vorträgen will Drewermann verunsicherten Menschen helfen, wie er abschließend betonte. "Fragen Sie sich: Wer bin ich selber?

Schauen Sie in den Himmel und in ihr Herz! Kein Kanzler kann uns sagen, was wir zu tun haben. Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!"

Die Eskalierungsstufen von Eugen Drewermanns Konflikt mit der Kirche

Es war eine Eskalation in mehreren Stufen: Aus den Medien erfuhr Eugen Drewermann 1991, dass ihm die Lehrbefugnis als katholischer Theologe entzogen werden sollte. Die Pressekonferenz, die Paderborns Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt (1926-2002) für den 8. Oktober 1991 angesetzt hatte, um kirchliche Maßnahmen gegen den Priester, Psychotherapeuten und Bestsellerautor anzukündigen, weckte auch international große Aufmerksamkeit.

Eugen Drewermann / © Jens Kalaene (dpa)
Eugen Drewermann / © Jens Kalaene ( dpa )

                                             

Quelle:
KNA