Duo aus Apolda komponiert Lied für Kölner Petersglocke

Eine Herzenssache

"Der decke Pitter hat leis geweint". Das Lied zu Ehren der Kölner Petersglocke kommt vom "Orchester Gramont" aus Apolda, wo die Glocke vor 100 Jahren gegossen worden ist. Für Musiker Michael Sander war das eine Herzensangelegenheit.

Die Petersglocke, der dicke Pitter, im Südturm des Kölner Doms (Archiv) / © Andreas Kühlken (KNA)
Die Petersglocke, der dicke Pitter, im Südturm des Kölner Doms (Archiv) / © Andreas Kühlken ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sind zusammen mit Roland Eckert, den alle nur unter dem Namen Stiebie kennen, das "Orchester Gramont" und haben "Der dicke Pitter hat manchmal leis geweint" aufgenommen. Wie kam das?

Michael Sander (Musiker aus Apolda): Wir wollten was für unsere Heimat tun. Stiebie hat den Titel geschrieben. Die Musik gab es schon einige Monate vorher. Dann kam der Text dazu. Der Anlass war das Fest zum 100. Geburtstag der Petersglocke, was auch bei uns am Freitag stattfindet. Das war uns einfach ein Bedürfnis, zu diesem Anlass ein Lied zu machen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie sich denn, um dieses Lied zu schreiben, mit der Geschichte dieser Glocke auseinandergesetzt?

Sander: In Apolda hat man das zwangsläufig. Wir gelten ja als Glockenstadt und wir haben die Geschichte der Glockengießerei in Apolda praktisch mit der Muttermilch aufgesogen. Apolda hat ganz viele Glocken, die in aller Welt läuten, gegossen.

Bei uns gibt es auch ein Weltglockengeläut, wo bei einer Veranstaltung die Glocken aus der ganzen Welt zusammengeschaltet werden. Wir kennen die Glockengießerei und die Betreiber. Damit haben wir immer eine Verbindung zu den Glocken.

DOMRADIO.DE: Ein bisschen fließt der Karneval mit ein. Ganz am Ende des Liedes hört man einen "Tusch" raus. Was haben denn Sie in Apolda mit dem Karneval am Hut?

Sander: Jeder Musiker hat irgendwas mit dem Karneval am Hut. Apolda hat eine lange Geschichte im Karneval. Bei uns heißt das Fasching. Wir als "Orchester Gramont" sind sehr engagiert im Landesverband Thüringer Karneval. Wir schreiben Lieder ganz gezielt für verschiedene Veranstaltungen, für verschiedene Künstler und in erster Linie für uns, um dann überall auftreten zu können.

Es gibt es eine gewisse Tradition, die ich Anfang der 1990er Jahre wieder ins Leben gerufen habe. Da haben sich einige Musiker drangehängt und haben Lieder geschrieben, die diesen Heimatbezug zu Apolda haben. Das ist eine tolle Sache.

DOMRADIO.DE: Vor 100 Jahren ist der "Decke Pitter" in Apolda gegossen worden. In Apolda gibt es am Freitag auf dem Marktplatz ein großes Fest und es wird auch ein Glockenkonzert dorthin übertragen. Und Sie bringen dieses Lied zur Uraufführung. Kann man das dann auch mitsingen?

Sander: Ja, das kann man mitsingen, denn wir haben eine große Videowand im Hintergrund, auf die der Text eingeblendet wird. Wir würden uns freuen, wenn viele mitsingen.

DOMRADIO.DE: Eine Zeile heißt: "Der Dicke Pitter hat leise geweint, heute klingt sein schönstes Lied. Wir sind wieder vereint." Wer oder was ist denn da vereint?

Michael Sander (Musiker aus Apolda)

"Ich finde es gerade toll, wie sich jetzt die Entwicklung für uns und vielleicht auch für die Kölner darstellt, die dann mit Neugier nach Thüringen schauen. Das symbolisiert, dass wir wieder zusammengehören."

Sander: Die Geschichte hat uns in Deutschland 1989 wieder zusammengeführt. Für jemanden, der in der DDR geboren ist, war der "Decke Pitter" irgendwo weit weg. Wir haben zwar gewusst, dass die Glocke in Köln hängt, aber es war für uns immer in einer ganz anderen Welt. Damals war auch dieses Heimatdenken nicht so gefördert. Das hat sich erst nach 1989 entwickelt.

Ich finde es toll, wie sich die Entwicklung für uns und vielleicht auch für die Kölner darstellt, die mit Neugier nach Thüringen schauen. Das symbolisiert, dass wir wieder zusammengehören.

Dieses Gefühl, die Glocke hier in Apolda gegossen zu haben, die dann in Köln an so einer weltberühmten Stelle hängt und bimmelt, ist einfach fantastisch. Das ist für uns eine Herzenssache.

DOMRADIO.DE: Haben Sie und Stiebie Köln und den "Decken Pitter" schon mal besucht?

Sander: Nein, zusammen noch nicht. Aber ich war schon im Kölner Dom und habe mir das angeguckt. Das ist doch klar.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Glockengießerstadt Apolda feiert 100 Jahre Kölner Domglocke

Die große Kölner Domglocke wird 100 Jahre alt – und das wird auch in Thüringen gefeiert. In Apolda, einst eine Hochburg des Glockengießerhandwerks, laufen die Vorbereitungen für ein Festwochenende (5. bis 7. Mai).

In der dortigen Gießerei Ulrich war die 24 Tonnen schwere Petersglocke am 5. Mai 1923 gegossen worden, in einer von Inflation und politischen Wirren geprägten Zeit. Der "Decke Pitter", wie die Petersglocke in Köln auch genannt wird, ist die berühmteste der rund 20 000 Glocken, die zwischen 1722 und Ende der 1980er Jahre in Apoldaer Gießereien hergestellt wurden.

Glockenguss für Köln-Neuehrenfeld 7 / © Jan Hendrik Stens (DR)
Glockenguss für Köln-Neuehrenfeld 7 / © Jan Hendrik Stens ( DR )
Quelle:
DR