Ehemalige aus "Integrierter Gemeinde" fordern Aufarbeitung

Auftrag für die Bischofskonferenz

Ehemalige Mitglieder der aufgelösten katholischen Gruppierung "Integrierte Gemeinde" fordern von den deutschen Bischöfen eine neue Untersuchung. In einem Brief haben sie nun die Einrichtung einer Wahrheitskommission beantragt.

Holzkreuz in den Händen / © witsarut sakorn (shutterstock)
Holzkreuz in den Händen / © witsarut sakorn ( shutterstock )

Das Schreiben an die Deutsche Bischofskonferenz liegt der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vor.

Ziel müsse eine umfassende Aufarbeitung der Theologie und Praxis in den Gliederungen der "Integrierten Gemeinde" sein. Nach Angaben der Initiatoren ist das Schreiben von 56 früheren Mitgliedern und Angehörigen unterzeichnet worden.

Kardinal Marx löste kirchenrechtlichen Verein auf

Die "Katholische Integrierte Gemeinde" (KIG) entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in München als nach eigener Darstellung "Ort für ein aufgeklärtes und unverkürztes Christentum". Mit ihr verbanden viele Hoffnungen auf einen kirchlichen Neuaufbruch.

Kardinal Joseph Ratzinger während des 85. Deutschen Katholikentages vom 13. bis zum 17. September 1978 in Freiburg (KNA)
Kardinal Joseph Ratzinger während des 85. Deutschen Katholikentages vom 13. bis zum 17. September 1978 in Freiburg / ( KNA )

1978 sprach der damalige Münchner Erzbischof Kardinal Joseph Ratzinger die kirchliche Anerkennung aus. Auch nach seiner Beförderung zum Glaubenspräfekten in Rom und seiner Wahl zum Papst hielt Benedikt XVI. engen Kontakt zu der Gruppe.

2020 löste der Münchner Kardinal Reinhard Marx den kirchenrechtlichen Verein auf. Prüfer hatten zuvor Erkenntnisse zu schwerwiegenden Missständen vorgelegt. So seien Mitglieder religiös manipuliert und finanziell ausgebeutet worden. Moniert wurden "überzogene Gehorsamsforderungen", ein "undurchsichtiges wirtschaftliches Handeln", "kompromisslose Ausgrenzung von Kritikern" und eine "unkontrollierte Machtausübung im Namen des Heiligen Geistes".

Benedikt XVI. ging öffentlich auf Distanz

Vertreter der Gemeinde wiesen dies damals als "böswillige Verleumdung" zurück, Benedikt XVI. ging öffentlich auf Distanz zu der Gruppe. Inzwischen ist die Gliederung auch in fast allen anderen deutschen Diözesen, wo sie aktiv war, rechtsgültig aufgelöst - mit Ausnahme ihres Priesterzweiges. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Briefes an die Bischofskonferenz halten die bisherigen Maßnahmen aber für unzureichend.

Kardinal Reinhard Marx / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kardinal Reinhard Marx / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Zur Teilnahme an der Wahrheitskommission sollten ehemalige Gemeindeverantwortliche, vor allem die verantwortlichen Priester, und eine Abordnung betroffener Ehemaliger eingeladen werden, heißt es in dem Schreiben. Dazu kommen sollen demnach Fachleute für Weltanschauungsfragen, Kirchenjuristen, Theologen und Psychologen.

Differenzen bei Bewertung

Differenzen gibt es bei der Bewertung der von Marx 2019 offiziell angeordneten Visitation der Gruppierung. Im Münchner Presseclub relativierte der Kardinal kurz vor Weihnachten 2022 das Ergebnis der Prüfung, "weil die andere Seite nicht mitgemacht hat".

Damit spielte er auf das Verhalten der damaligen Verantwortlichen des öffentlichen kirchlichen Vereins gegenüber den Untersuchungsführern an. In dem Brief der Ehemaligen wird dies als "unverständliche Distanzierung" kritisiert. Marx qualifiziere damit "die zahlreichen Zeugenaussagen der Betroffenen" ab und stelle die Arbeit der drei Visitatoren als nicht objektiv dar. Dies sei unannehmbar.

Bischöfe beauftragen Studie zu spirituellem Missbrauch

Eine Forschungsgruppe der Universität Münster soll spezielle Formen von Machtmissbrauch in religiös-spirituellem Zusammenhang untersuchen. Dazu beauftragt wurde sie von den katholischen Bistümern Münster und Osnabrück, wie beide Diözesen mitteilten. Ziel der Studie sei es, Faktoren zu ermitteln, die sogenannten geistlichen Missbrauch begünstigen, und daraus Möglichkeiten zur Vorbeugung zu entwickeln.

Holzkreuz in der Hand / © PKStockphoto (shutterstock)
Quelle:
KNA