Wolf zählte zu den bekanntesten katholischen Ordensleuten in Deutschland. Als Abtprimas war er von 2000 bis 2016 Chef des
Benediktinerordens mit weltweit mehr als 23.000 männlichen und weiblichen Mitgliedern. Die Beerdigung findet am 6. April um 10.30 Uhr in Sankt Ottilien statt.
Ein Optimist mit Gottvertrauen
"Läuft", heißt eines von vielen Büchern, die Notker Wolf im Laufe der Zeit herausgegeben hat. Darin trug er 2016, nachdem er 16 Jahre lang als Abtprimas an der Spitze der Benediktiner weltweit gestanden hatte, Lebensweisheiten zusammen. Denn immer wieder war ihm die Frage gestellt worden: "Warum sehen Sie so froh aus?"
Er sei ein Freund klarer Worte, bekannte er, und liebe es, die Dinge zuzuspitzen. Und manches, was einem täglich begegne, könne man auch nur mit Humor ertragen. Deshalb lautete seine Empfehlung: "Lächeln Sie dem Leben entgegen. Und nehmen Sie es dennoch nicht zu leicht."
Frühsport und Rockmusik
Eine Devise, die ihn durch ein langes Leben trug. Doch auch Disziplin gehörte dazu. So verriet Wolf der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zu seinem 80. Geburtstag im Jahre 2020, dass er regelmäßig Morgengymnastik mache. Um fünf Uhr in der Früh strecke und dehne er sich ein paar Minuten.
Nicht, weil er darauf eine "unbändige Lust" verspüre. Aber "dieses bisschen Sport hilft mir durch den ganzen Tag, ich fühle mich wohler und bin besser gelaunt". Fit hielt ihn zudem die Musik. Gern griff er zur Querflöte und bisweilen zur E-Gitarre. Berührungsängste kannte er weder in Sachen Rockmusik noch wenn es darum ging, seine Meinung zu sagen.
Missionsheft auf dem Dachboden gefunden
Als Sohn eines Schneiders kam Werner Wolf im Kriegsjahr 1940 in Bad Grönenbach im Allgäu zur Welt. Die Familie war gut katholisch, aber nicht übermäßig fromm. Der Junge war Messdiener, aber sein Erweckungserlebnis hatte er auf dem Dachboden, wie es in Heidemarie Winters Biografie über ihn heißt.
Dort fand der Oberrealschüler ein Missionsheft. Die Berichte weckten seine Sehnsucht nach Freiheit. Als Missionar wollte er weg von der ihn so behütenden Mutter und seine "innige Beziehung zu Jesus Christus" in Einklang bringen.
"Um Gottes willen, schon der fünfte Notker"
Dabei stand es um ihn gesundheitlich als Kleinkind nicht gut. Als er an Rachitis erkrankte, ließ der Arzt die Mutter wissen, dass sie ihren Sohn "abschreiben" könne. Mit Hilfe des Ortspfarrers schaffte es der gute Schüler dennoch ans Gymnasium der Missionsbenediktiner in Sankt Ottilien.
Nach dem Abitur 1961 trat er in den Orden ein. Als er den Namen "Notker" wählte, meinte ein Mitbrüder: "Um Gottes willen, schon der fünfte Notker." Denn vier Kandidaten vorher hatten die Erzabtei wieder verlassen.
Freiheit und Würde des Einzelnen
Sein Studium der Philosophie absolvierte er an der Päpstlichen Hochschule Sant'Anselmo in Rom, in München schrieb sich Wolf für Theologie und Naturwissenschaften ein. Die Priesterweihe empfing er 1968. Zwei Jahre später lehrte Wolf Naturphilosophie in Sant'Anselmo, die Promotion mit einer Arbeit über das zyklische Weltmodell der Stoa folgte.
Als 1977 in Ottilien ein neuer Erzabt gesucht wurde, fiel die Entscheidung auf den 37-jährigen Jungspund. Dabei war es ihm wichtig, den harten Drill und die Überwachung zu überwinden, um ein angstfreies Kloster zu schaffen. Die Freiheit und die Würde des Einzelnen sollten respektiert werden.
Viel gereist
Über sich sagte Wolf, er treffe Entscheidungen, wenn sie anstünden. Als ihn nach 23 Jahren in Ottilien der Wechsel nach Rom als oberster Benediktiner ins Kloster Sant'Anselmo führte, ging er genauso vor. Selbst wenn er nie bauen wollte, wurde dies Teil seiner Arbeit.
Dazu reiste er jährlich 300.000 Kilometer um die Welt, um Mitbrüder zu besuchen. Selbst vor Nordkorea und China macht er nicht Halt. In beiden Ländern gelang es ihm, Krankenhäuser zu errichten. Seltsames Essen setzte man ihm bisweilen vor. Hund würde er nicht mehr bestellen, auch nicht Schlangen, sagte er: "Die können furchtbar zäh sein."
Den Jüngeren zuhören
Mehrere Sprachen sprach Wolf fließend, und die wollte er nach seiner Rückkehr ins Heimatkloster weiter vertiefen. Doch nach wie vor war er ein gerngesehener Gast bei Vorträgen und Talkrunden. Den von der katholischen Kirche in Deutschland eingeschlagenen Synodalen Weg sah er als richtig an.
"Meines Erachtens müsste so ein Prozess die ganze Zeit laufen", sagte der Ordensmann 2020. Schon der heilige Benedikt empfehle den Mitbrüdern: "Tue nichts ohne Rat, dann brauchst Du hinterher nichts bereuen." Vor allem müsse den Jüngeren zugehört werden. Gott gebe oft ihnen ein, was das Bessere sei - aber manchmal auch einem Älteren.