Notker Wolf OSB †

Ehemaliger Erzabt von St. Ottilien und Autor
Notker Wolf OSB † / © Wolfgang Radtke (KNA)

Der ehemalige Abtprimas der Benediktinischen Konföderation Notker Wolf ist verstorben. Wie die Erzabtei St. Ottilien am 3. April 2024 mitteilte, ist ihr Mitbruder "während seiner Rückreise von Italien auf dem Weg zu uns verstorben. Möge er in der Herrlichkeit des Auferstandenen sein für all sein reiches und segensreiches Wirken in dieser Welt!" Das Requiem und die Beerdigung finden am Samstag den 6. April um 10:30Uhr in St. Ottilien statt.

Werner Wolf wurde am 21. Juni 1940 als Sohn eines Schneiders in Bad Grönenbach im Allgäu geboren. Seit 1951 besuchte er die Oberrealschule Memmingen, bis er 1955 mit dem Vorsatz Missionar zu werden auf das Gymnasium von St. Ottilien wechselte. Nach dem Abitur 1961 trat er in die Missionsbenediktinerabtei St. Ottilien ein und erhielt den Ordensnamen "Notker".

Nach Noviziat und Erstprofess 1962 studierte er Philosophie an der ordenseigenen Päpstlichen Hochschule Sant’Anselmo in Rom. 1965 wechselte er an die Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er Theologie und Naturwissenschaften (Zoologie, anorganische Chemie und Geschichte der Astronomie) studierte. 

1968 wurde er zum Priester geweiht. 1970 ging Wolf als Professor für Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie nach Sant’Anselmo. 1974 wurde er mit einer Arbeit über das zyklische Weltmodell der Stoa promoviert.

1977 wurde Wolf zum Erzabt von St. Ottilien und zum Abtpräses der Missionsbenediktiner (1100 Mönche in 20 Klöstern weltweit) gewählt. 

Am 7. September 2000 wählte der benediktinische Ãbtekongress Wolf mit großer Mehrheit zum Abtprimas der Benediktinischen Konföderation mit Sitz in Rom. Wolf war bereits 1996 zur Kandidatur aufgefordert worden, hatte aber abgelehnt und stattdessen das Amt eines Assistenzabtes übernommen.

Wolf war bis 2016 der Abtprimas und damit der höchste Repräsentant des Ordens. Er leitete die Primatialabtei Sant’Anselmo auf dem Aventin, einem der sieben Hügel Roms. Zur Abtei gehört die päpstliche Hochschule Sant’Anselmo, deren Großkanzler der Abtprimas ist und ein internationales Studienkolleg. Nach seiner Emeritierung 2016 kehrte er zurück in sein Kloster, die Erzabtei Sankt Ottilien.  

Bemerkenswert ist, dass Wolf auch als Kirchenmann in hohen Ãmtern von seiner Liebe zur Musik nicht lassen konnte und gelegentlich öffentlich auftrat: im Querflötenduett mit seiner langjährigen musikalischen Begleiterin, der Passauer Musikpädagogin Professor Inka Stampfl, oder als E-Gitarrist und Flötist der Rockformation "Feedback", seiner ehemaligen Gymnasialband. 2003 brachte die Band unter dem Titel "Rock my Soul" ihre erste CD auf den Markt.

Wolf war Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender der internationalen benediktinischen Gremien "'Alliance InterMonastères" und "Dialogue Interreligieux Monastique" sowie der China-Kommission des Ordens. Er gehörte der Europäischen Akademie der Wissenschaften an und war erster Vorsitzender des Katholischen Instituts für missionstheologische Grundlagenforschung in München. Außerdem saß er im Unternehmerbeirat der Gothaer Versicherung, bei der alle deutschen Benediktiner lebensversichert sind.

Stets war die frei machende Freude am Glauben das Leitmotiv für sein Leben und immer öffneten ihm die Aufgaben und Herausforderungen, die auf ihn zukamen, neue Horizonte, sagte Wolf. Gefragt nach einem Hinweis, wie man einen Bibeltext betrachtet, lautete seine Antwort: "Machen Sie es wie die Wüstenväter, die alten Mönche in Ägypten: Nehmen Sie die Heilige Schrift, und wenn ein Text Sie berührt, kauen Sie ihn immer wieder oder lassen Sie ihn auf der Zunge vergehen, bis er in Fleisch und Blut übergegangen ist."

Allzu oft beobachtete Notker Wolf, dass Macht zu Machtmissbrauch verführt, auf allen Ebenen, auch in der Kirche. Deswegen lautete sein Lieblingsvers in der Bibel: "Bei euch aber soll es nicht so sein!  Wer bei euch groß sein will, soll euer Diener sein, und wer der Erste sein will, soll euer Sklave sein." (Mt 20,26) 

Veröffentlichungen

  • Worauf warten wir? Ketzerische Gedanken zu Deutschland. Reinbek: Rowohlt, 2006
  • Freisein für Gott. Einübung in die Geistliche Lesung. Paderborn: Bonifatius, 2004 (mit Johanna Domek OSB)

Literatur

  • Mensch unter Menschen: Abtprimas Notker Wolf ist 25 Jahre Abt. In "missionsblätter" 97. Jahrgang, Heft 4, 2002
  • Gelebter Glaube: Notker Wolf. Ein rockender Benediktiner. Ein Film von Norbert Haberger (Buch und Regie), Bayerischer Rundfunk, 2004; Bearbeitete Fassung: FWU Institut für Film und Bild, 2005 (orden-online)
Stand:
Quelle:
DR

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