Die zum Fest vielerorts angezündeten Lichter zeugten davon, dass "wir heute in Deutschland wieder ein blühendes jüdisches Leben haben und das Lichterfest vielerorts gemeinsam feiern", twitterte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag.
An Deutschlands größtem, fast zehn Meter hohen Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor in Berlin entzündet die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer am Nachmittag das erste Licht. Zu der Zeremonie werden Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (beide SPD) sowie der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, erwartet.
Mangelnde Selbstkritik?
Das jüdische Lichterfest dauert in diesem Jahr bis 30. Dezember. Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels 164 vor Christus in Jerusalem durch Judas Makkabäus, nachdem das Gotteshaus von syrisch-hellenistischen Eroberern durch "Götzendienst" und griechische Götterstatuen und Symbole entweiht worden war. Das Fest erinnert somit auch an den Sieg des jüdischen Volkes über die griechischen Besatzer.
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Halle, Max Privorozki, erklärte unterdessen, es gebe Antisemitismus-Probleme in allen deutschen Parteien. Er beklagte mangelnde Selbstkritik. "Alle Parteien sind vom Antisemitismus-Virus befallen", sagte Privorozki der "Bild am Sonntag". "Es ist ein großes Problem, dass alle mit dem Finger nur auf andere zeigen, sich selbst dabei aber von jedem Verdacht freisprechen."
Nicht hinter Mauern verstecken
Während des antisemitischen Terroranschlags vor zehn Wochen in Halle war Privorozki unter den Betenden in der Synagoge. Heute fordert er, die Türen der Gotteshäuser weiter zu öffnen. Antisemitismus könne man am besten mit mehr Aufklärung über jüdisches Leben in Deutschland bekämpfen - "am besten über Besuche von Schulklassen in lebendigen jüdischen Einrichtungen, gern auch in unserer Synagoge", so Privorozki. "Wenn wir ausschließlich die Sicherheit erhöhen, führt das am Ende nur dazu, dass wir Juden uns hinter Mauern verstecken." So wolle er nicht leben.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, kritisierte, dass antisemitische Beleidigungen von der Justiz nicht konsequent genug verfolgt würden. "Es kommt leider noch viel zu oft vor, dass in solchen Fällen die Verfahren einfach eingestellt werden", sagte Klein der "Bild am Sonntag".
Er verlangte zudem, dass Internetprovider bei antisemitischer Hassrede konsequent zur Rechenschaft gezogen werden müssen, egal, wo der Provider steht. "Staatsanwälte müssen hier in Deutschland ein Auskunftsrecht haben." Wer in Deutschland antisemitischen Hass verbreite, müsse auch in Deutschland haftbar gemacht werden.