Ein Gottesdienst auf dem Wasser

Beten im Tretboot

"Jesus war immer am See Genezareth", sagen die Organisatoren eines ungewöhnlichen Gottesdienstes beim Katholikentag. Auf dem Aasee in Münster wollen junge Leute nun im Tretboot beten. In Seenot dürften sie nicht geraten.

 (DR)

Tretboot? Oder doch lieber knallrotes Gummiboot? In Münster, der Stadt des 101. Deutschen Katholikentages im Mai, ist klar: Tretboot. Tretbootfahren ist bei schönem Wetter auf dem 40 Hektar großen Aasee in der Stadt schon fast eine Institution: Man sitzt in der Sonne, macht dabei Sport, kann essen und trinken, plauscht mit den Mitstreitern und hat Spaß.

Alternativer Gottesdienstort

Diese Art der Fortbewegung stieß vor mehr als zehn Jahren sogar auf überregionales Interesse. Seinerzeit verliebte sich ein echter schwarzer Schwan in ein großes weißes Tretboot in Schwanenform - just auf dem Aasee.

Vom 9. bis zum 13. Mai ist Katholikentag in Münster. Was das mit dem Tretboot zu tun hat? Nun, auf dem Programm steht unter anderen ein Tretbootgottesdienst. Die Idee stammt vom Diözesanverband Münster der Katholischen Jungen Gemeinde (KjG).

"Wir haben alternative Gottesdienstorte gesucht", sagt die geistliche Leiterin der KjG, Barbara Kockmann. Und: "Jesus war immer am See Genezareth. Wir haben den Aasee." 40 Tretboote seien reserviert worden - "die ersten 160 Interessenten nehmen wir mit". Es werde drei Stationen geben, inklusive Lesung und Fürbitten. "Ich denke, das wird eine besondere Erfahrung."

"Beten und Singen geht ja auch im Sitzen"

Ganz neu ist das Format nicht: Schon 2014 wurde Kockmann zufolge ein Tretbootgottesdienst auf dem nicht allzu weit entfernten Halterner Stausee ausprobiert. Damit nichts schiefgeht, ist für alle Fälle ein Boot der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) dabei, wie Kockmann sagt. Aber: "Beten und Singen geht ja auch im Sitzen."

Das Tretboot: Wer drin sitzt und eifrig strampelt, den bewegt es durch das Betätigen einer Tretkurbel über das Wasser. Platz ist in der Regel für zwei bis fünf Leute. Immer wieder ist zu lesen, dass im 19. Jahrhundert das erste Tretboot erfunden worden sei.

Auch wenn es bei durchschnittlicher Kondition relativ einfach ist, in einem solchen Boot in die Pedale zu treten: Das Tretbootfahren umweht ein Hauch von Abenteuer. Man begibt sich aufs Wasser in der Hoffnung, nicht schlapp zu machen und selbst bei ordentlichem Gegenwind heil zurückzukehren - damit es nicht heißt: "Tretboot in Seenot", so wie in dem Hit der "Neuen Deutschen Welle" der Sängerin Fräulein Menke.

Aus einem anderen Blickwinkel

"Es macht einfach Spaß, auf dem Wasser zu schippern", sagt Peter Overschmidt, Inhaber eines Tretbootverleihs am Aasee. "Die Menschen können etwas zusammen machen, mit Oma, Opa und Enkel." Und dann ist das Tretbootfahren auch vergleichsweise erschwinglich.

Ein Reiz liegt im Perspektivwechsel: also mal vom Wasser aus zu betrachten, wie der übliche Spazierweg von dort aussieht. Oder die Skulpturen auf einer der Aaseeseiten nicht nur am Ufer stehend zu bestaunen. Oder als Student die eigenen Institutsgebäude mal aus einem anderen Blickwinkel zu entdecken.

Das sind nur Beispiele für die "Sehenswürdigkeiten" links und rechts des Aasees. Insgesamt ist es ein illustres Sammelsurium. Dazu kommen auch das Gebäude der Handwerkskammer, eine Mensa der Universität, Hotels, ein Jugendgästehaus, Privathäuser, Gaststätten und eben Skulpturen.

Große Freiluftausstellung

Denn alle zehn Jahre wird Münster zu einer großen Freiluftausstellung, zuletzt 2017. Über die Stadt verteilt zeigen zum Teil hochkarätige Künstler Skulpturen und Installationen - die nicht in jedem Fall wieder abgebaut werden. Etwa die Beton-Billardkugeln von Claes Oldenburg am Aasee, die 1977 bei der ersten Schau dabei waren - und am 11. Mai um 14.00 Uhr zum Treffpunkt für diejenigen werden, die auf dem Aasee Gottesdienst feiern wollen.

An dem Gewässer befindet sich auch die 1997 auf einer grünen Wiese aufgestellte Skulptur "Blickst du hinauf und liest die Worte..." von Ilya Kabakov: eine etwa 15 Meter hohe Installation, die an einen Sendemast mit Buchstaben erinnert.

Würde man sich nach einer Tretbootfahrt auf diese Wiese legen und in die Luft blicken, könnte man die Buchstaben lesen: "Mein Lieber! Du liegst im Gras, den Kopf im Nacken, um dich herum keine Menschenseele, du hörst nur den Wind und schaust hinauf in den offenen Himmel - in das Blau dort oben, wo die Wolken ziehen -, das ist vielleicht das Schönste, was du im Leben getan und gesehen hast."

Leticia Witte

 

Heimatkongress in Münster / © Rolf Vennenbernd (KNA)
Heimatkongress in Münster / © Rolf Vennenbernd ( KNA )
Quelle:
KNA
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