Christian Stäblein wird evangelischer Hauptstadtbischof

Ein "Hingucker"

Nach zehn Jahren gab es am Samstag in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz einen Wechsel an der Spitze: Christian Stäblein folgte Markus Dröge als Hauptstadtbischof nach.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Der evangelische "Hauptstadtbischof" Christian Stäblein / ©  Jörg Carstensen (dpa)
Der evangelische "Hauptstadtbischof" Christian Stäblein / © Jörg Carstensen ( dpa )

Die große Show ist Christian Stäbleins Sache nicht: Berlins künftiger evangelischer Hauptstadtbischof hat sich in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) durch bescheidenes Auftreten und Sachkompetenz einen Namen gemacht. Am Samstag tritt der 52-Jährige die Nachfolge von Markus Dröge (65) an, der nach zehn Jahren Bischofsdienst in den Ruhestand geht.

Als Propst der EKBO war Stäblein bereits seit gut vier Jahren Stellvertreter Dröges. Mit den Leitungsaufgaben einer Landeskirche von 940.000 Gläubigen in über 1.200 Gemeinden ist er somit gut vertraut. Es mochte ein wichtiger Grund dafür sein, dass die Landessynode ihn vor sieben Monate in das Bischofsamt wählte.

"Einer, der fragt, wie es den Gemeinden geht."

Wie Dröge stammt auch Stäblein aus dem Westen Deutschlands. In Hannovers Landeskirche war der gebürtige Niedersachse, der Vater von vier Kindern ist, als Gemeindeseelsorger und in der Pastorenausbildung tätig. Nach seiner Wahl zum Propst der EKBO wurde er dann theologischer Leiter des Konsistoriums, der obersten Verwaltungsbehörde der Landeskirche. Nach der eher glücklosen Friederike von Kirchbach gelang es ihm, das Propstamt in der EKBO neu zu profilieren. Die von der Landeskirche eingeführte Trauung gleichgeschlechtlicher Paare oder die Debatte über die Zulassung von Kindern zum evangelischen Abendmahl wären ohne die profunde theologische Arbeit des Propstes, der auch Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, nicht denkbar.

Bei solchen innerkirchlich auch umstrittenen Themen prescht Stäblein mit der eigenen Position nicht vor, sondern hört erst einmal zu. "Ein Bischof ist ein Hingucker", bringt er sein Amtsverständnis auf den Punkt. "Einer, der fragt, wie es den Gemeinden geht." Wer in der EKBO genau hinschaut, wird auch merken, dass die Kirche vor großen Herausforderungen steht. Seit 2004 hat sie fast 300.000 Gemeindeglieder verloren, und eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Unkonventionelle Ideen

Einen "Masterplan" dagegen hat der neue Bischof nach eigenen Worten zwar nicht in der Tasche, wohl aber unkonventionelle Ideen, wie sie in anderen evangelischen Landeskirchen ebenfalls diskutiert werden. So erwägt er, "ruhende Mitgliedschaften" als befristete Alternative zum radikalen Bruch eines Kirchenaustritts anzubieten. Es soll Freiräume für einen Dialog mit Menschen schaffen, denen die eigene Kirche fremd geworden ist.

Denn dass die überkommene Gemeindestruktur immer weniger zu halten ist, ist auch Stäblein klar. Er plädiert für eine engere Vernetzung aller Einrichtungen seiner Kirche in einer Region, also von Gemeinden, Schulen oder Krankenhäusern, wie es auch die katholische Kirche mit "pastoralen Räumen" anstrebt. Ziel muss nach den Worten des neuen Bischofs dabei sein, dass die Kirche "immer und überall präsent ist, wo sie gefragt ist".

Herausforderungen im neuen Amt

In seinem neuen Amt wird Stäblein sich jedoch auch mit einem Thema befassen müssen, das die Kirche wie andere gesellschaftliche Institutionen lange nur mit spitzen Fingern angefasst hat. Es ist der Missbrauch durch Kirchenmitarbeiter, ein Thema, das die evangelische Kirche nach der katholischen nun ganz oben auf ihre Tagesordnung setzen musste. "Es trifft die Kirche viel stärker ins Mark ihrer eigenen Identität als anderen Institutionen", ist Stäblein sich bewusst. Zugleich wirbt er für eine differenzierte Sicht darauf: So sei die evangelische Kirche auf dem Gebiet der DDR weit weniger von einem falsch verstandenen Liberalismus beeinflusst gewesen, der Missbrauch in den westdeutschen Landeskirchen begünstigt habe.

Auch der Rechtspopulismus ist für Stäblein wie seinen Amtsvorgänger eine wachsende Herausforderung. Nach dem "offenen Antisemitismus der vergangenen Wochen" stellt er sich die Frage, "was auch wir versäumt haben". Die Kirche müsse noch stärker deutlich machen, "dass Antisemitismus für Christen in keiner Weise möglich ist", betont Stäblein, der auch Kuratoriums-Vorsitzender des Berliner "Instituts Kirche und Judentum" ist.


 

Bischof Markus Dröge und Christian Stäblein / © Jörg Carstensen (dpa)
Bischof Markus Dröge und Christian Stäblein / © Jörg Carstensen ( dpa )


 

Christian Stäblein wird neuer evangelischer Bischof in Berlin / © Rolf Zoellner (epd)
Christian Stäblein wird neuer evangelischer Bischof in Berlin / © Rolf Zoellner ( epd )
Quelle:
KNA