Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki erinnert sich genau an den Tag vor fünf Jahren. "Ich bin damals bei der Wahl dabei gewesen." Besonders dankt der Kardinal Franziskus für seinen Dienst. "Wir können dankbar sein, dass wir mit Franziskus einen solchen Papst haben, der versucht das Wesentliche des Evangeliums auf den Punkt zu bringen, der versucht die Kirche im Sinne einer missionarischen und evangelisierenden Kirche zu erneuern, der versucht Christus nahe bei den Menschen zu verorten."
Sie ist die erste Frau als ständige Vertreterin Deutschlands beim Papst. Als Theologin und praktizierende Katholikin erlebt Annette Schavan seit vier Jahren aus nächster Nähe, wie Papst Franziskus die Kirche umkrempelt. Immer, wenn ein deutscher Gast eine Audienz bekommt, begleitet sie ihn zum Pontifex. "Er geht auf jeden Menschen ohne jeden Vorbehalt mit großer Wertschätzung und ebenso großer Aufmerksamkeit zu", sagt sie im DOMRADIO.DE Interview.
Nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung ging Schavan ein Jahr später als Vatikan-Botschafterin nach Rom. Jede Begegnung im apostolischen Haus sei etwas ganz Besonderes und ein kurzer Blick in die Weltkirche. "Niemand hat so viel Erfahrung mit Globalisierung wie die katholische Kirche und dieser Papst."
Ein Papst regt zu Perspektivwechseln an
Schavan ist der festen Überzeugung, dass der Papst es schaffen könne, die Menschen zu einem Perspektivwechsel zu bringen. Es gehe ihm immer um die Frage: Was bringen wir als Christen ein? "Er ist ja ein Papst, der sich nicht in der Theorie aufhält, sondern die Theorie übersetzt." Dabei erinnert Schavan sich an Szenen, wo der Papst seinen Wagen anhalten lässt und auf die Mauer in Bethlehem aufmerksam macht. Oder als er nach Lampedusa und nach Lesbos fuhr, um die Menschen auf die Verhältnisse aufmerksam zu machen. "Er will, dass sie uns nicht gleichgültig sind."
Auch was die eigene Kirche betreffe, stoße er Prozesse an. Schavan beobachtet, wie er auch hier zum Perspektivwechsel anregt und Fragen aufwirft. "Auch das gehört zum Perspektivwechsel, dass wir uns die Wirklichkeit genauer ansehen." Die Möglichkeit einer Weihe von erfahrenen verheirateten Männern, also im Fachjargon "viri probati", sei ein Beispiel, über das eine breite Öffentlichkeit spreche. Damit stoße Franziskus Prozesse an. Er wolle, dass darüber gesprochen wird. Ob sich etwas ändern werde, hinge von der Bereitschaft der Christen ab, sagt sie.
Der Papst der Einzelkämpfer
Der Papst müsse mehr mit den andern zusammenarbeiten, meint dagegen der langjährige Chefredakteur der katholischen Nachrichtenagentur KNA, Ludwig Ring-Eifel, im DOMRADIO.DE Interview. Der Journalist hat den Papst schon mehrmals auf seinen Reisen begleitet. Er könne verstehen, dass der Papst immer wieder als Einzelkämpfer gesehen wird. Zum Beispiel habe die von ihm ins Leben gerufene Kinderschutz-Kommission noch ihre Schwierigkeiten. Auch seine letzte Chile-Reise habe Kritiker enttäuscht, so Ring-Eifel, als er nach einem Treffen mit Missbrauchsopfern doch den zuständigen Bischof in Schutz nahm. Da sei der Papst einfach zu wenig Teamplayer: "Das mag mit der Kultur zusammenhängen, aus der er kommt." In Südamerika sei eher das Oberhaupt oder Heerführer das Idealbild, der charismatisch seine Sachen durchziehe. "Klüger wäre es, sich auf ein Team zu verlassen – auf mehrere Leute, die ihn dann auch beraten, die ihn auch mal korrigieren. Ich glaube, das muss Papst Franziskus in den nächsten Jahren seines Pontifikats einführen."
Trotz des anhaltenden Widerstands konservativer Kreise möchte Ring-Eifel nicht von einer Spaltung des Vatikans, sondern lediglich von einer Polarisierung sprechen. Die Kritik sei teilweise gut begründet. "Was diese Leute am meisten ärgert, ist, dass der Papst bisher in keine argumentative theologische Auseinandersetzung mit dem Widerstand gegangen ist. Ich glaube, er ist es seinen Wählern, den Kardinälen, schuldig, dass er theologisch überzeugender argumentiert und nicht einfach nur sagt, er mache das jetzt anders", sagt Ring-Eifel.
Kardinal Marx würdigt Papst Franziskus als Erneuerer
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat Franziskus zu dessen fünfjährigem Amtsjubiläum als Erneuerer und "große Inspiration" gewürdigt. Schon beim Konklave zu Franziskus' Wahl im Jahr 2013 sei klar gewesen, "dass ein neuer Impuls hineinkommt", sagte der Vorsitzende der in Bonn ansässigen Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". Der Papst habe seitdem unter anderem deutlich gemacht, dass sich die Kirche auch in Fragen der Gerechtigkeit stärker einmischen müsse.
In der katholischen Kirche werde heute viel diskutiert und gerungen, dies sei ein guter Weg, erklärte Marx. Franziskus sei klar, dass Veränderungen Zeit brauchten. "Er ist eher ein Mann des Weges, er schiebt immer wieder von neuem Dinge an, die sich dann durchsetzen müssen", sagte der Kardinal. Franziskus habe der Kirche ein neues Gesicht gegeben, werde von vielen positiv gesehen und wirke in die Gesellschaft hinein: "Das ist ein großes Geschenk für uns", betonte Marx. Franziskus war am 13. März 2013 nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt worden.
Kardinal Kasper nennt Franziskus "prophetisch"
Der deutsche Kardinal Walter Kasper sieht den Theologiestil des amtierenden Papstes als "prophetisch" an. Angesichts zerbrechender Sicherheiten und einer verbreiteten Zukunftsangst sowie des herrschenden Kapitalismus und einer "globalisierten Gleichgültigkeit" stelle Franziskus in Wort und Gesten die Barmherzigkeit in den Mittelpunkt, sagte Kasper am Montag in Rom. Die Botschaft "Barmherzigkeit ist der Name unseres Gottes" sei eine "alte Botschaft, die für viele neu klingt", so der Kardinal und frühere Dogmatikprofessor. Kasper äußerte sich bei der Vorstellung einer Buchreihe zur Theologie von Franziskus.
Auf die Verkündigung eines nahen, den Menschen zugänglichen Gottes gründe sich die Forderung einer «armen Kirche für die Armen», so Kasper. In der Lehre von Franziskus machte er zugleich eine "neue Form der Mystik" aus. Diese sei eine "Mystik der offenen Augen", die das Leiden der anderen in den Blick nehme.
Kasper nimmt Papst in Schutz
Mit dem Familien-Lehrschreiben "Amoris laetitia" (2016) verlasse Franziskus die "abstrakte Anthropologie" der Scholastik und wende sich einer "Anthropologie von Menschen mit Fleisch und Blut" zu. Dabei sei die Betonung des Personalen nicht mit Individualismus zu verwechseln, erklärte Kasper. Die Kirche müsse die Menschen aber bei deren Gewissensentscheidungen begleiten, ohne sich "an die Stelle des Gewissens zu setzen". Auch ein "irrendes Gewissen" verliere nicht seine Würde, betonte Kasper. Das Gewissen sei das "Heiligtum der Person" und verdiene unbedingten Respekt.
Kasper nahm den Papst vor dem Verdacht in Schutz, einem "indifferenten Pragmatismus" zu folgen. Sein theologisches Programm sei "nicht liberal, sondern radikal", insofern Franziskus "zu den Wurzeln" des Christentums zurückkehre. Statt um Reform gehe es dem Papst um Bekehrung - dies allerdings auch für Bischöfe und das Papsttum. Dabei handele es sich "wie bei jeder Prophetie" um einen offenen Prozess, so Kasper. Franziskus brauche "Zeit und Energie", um seine Mission zu erfüllen.