Vietnamesischer Priester liest in Manila Messen auf Deutsch

"Ein Stück Heimat"

Nanu? Mitten in Manila feiert ein vietnamesischer Priester regelmäßig mit deutschen Gottesdienstbesuchern die Heilige Messe - in fließendem Deutsch. Weil er etwas zurückgeben möchte. Dahinter steckt eine besondere Geschichte.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Was Ta Anh Vu tut, das tut er mit ehrlicher Freude, echter Begeisterung und voller Leidenschaft. Das ist zu spüren, wenn der katholische Geistliche in der philippinischen Metropole Manila in fließendem Deutsch die Messe für deutschsprachige Ausländer zelebriert.

Als Flüchtling in Deutschland

Wie wichtig für Herz und Seele Gottesdienste in der eigenen Sprache sind, das hat Vu als Flüchtling in Deutschland erfahren. "Alle paar Wochen hat ein Priester aus Vietnam in einer Kirche in der Nähe des Lagers Emden die Messe in unserer Sprache gelesen. Dieses Stück Heimat hatten ein Pfarrer und seine Gemeinde für uns organisiert. Wir fühlten uns dadurch sehr herzlich aufgenommen", erinnert sich Vu. "Mit den Gottesdiensten auf Deutsch hier in Manila möchte ich den Deutschen etwas zurückgeben."

Vu war 21, als er im Rahmen der Familienzusammenführung mit seinen Eltern aus Vietnam nach Deutschland kam. Ein Bruder war als Bootsflüchtling nach Deutschland gekommen, sein Vater wurde nach dem Sieg der Kommunisten in Vietnam als ehemaliger Offizier der südvietnamesischen Armee politisch verfolgt. In Vietnam hatte Vu zunächst Medizin studiert. "Eigentlich war es mein Wunsch, Priester zu werden. Aber das war nicht möglich, weil die Kommunisten alle Priesterseminare geschlossen hatten."

Priesterweihe in Osnabrück

In Deutschland konnte Vu dann doch seiner Traumberufung folgen. Der Ausbildung über den dritten Bildungsweg im Priesterseminar St. Lambert im rheinischen Lantershofen folgten die Priesterweihe in Osnabrück und sieben Jahre als Pfarrer in Georgsmarienhütte.

Der Sonntagsgottesdienst in der Kapelle "Our Lady" im Don Bosco Technical Institute in Makati ist an diesem Vormittag mit rund 20 Erwachsenen und Kindern ganz gut besucht. Die verstreut im Großraum Manila lebenden Deutschen haben zum Teil monströse Verkehrsstaus auf sich genommen, um zur Messe zu kommen. Vu kennt die Probleme. "Vor ein paar Tagen sollte ich in einer Kirche die Festpredigt halten. Für die 18 Kilometer brauchte ich mit dem Auto drei Stunden."

Zwar gibt es im katholischen Manila an jeder Ecke ein Gotteshaus, und Gottesdienste werden oft auch auf Englisch angeboten. Aber vielen katholischen Deutschen, die in Manila leben und arbeiten, ist ab und zu ein Gottesdienst in ihrer eigenen Sprache wichtig. "Das ist ein Stück Heimat", weiß der 51-Jährige. "Die Leute sagen mir immer wieder, wie schön es ist, die vertrauten Kirchenlieder auch mal in der Muttersprache zu singen."

Bindung zu beiden "Heimaten"

Aber die regelmäßigen Messen in deutscher Sprache sind nicht die einzige Verbindung zu seiner Studienzeit im fernen Europa. Über den damaligen vietnamesischen Direktor des Asienprogramms von Radio Veritas in Rom lernte Vu die Schriften des Kommunikationsexperten Pater Franz-Josef Eilers kennen.

Der deutsche Steyler Missionar war langjähriger Leiter des "Office of Social Communication" der Asiatischen Bischofskonferenz und lehrt an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der SVD in Tagaytay Publizistik und Missionswissenschaften. An der altehrwürdigen Santo-Tomas-Universität in Manila hat der aus dem münsterländischen Emsdetten stammende Priester außerdem einen Lehrauftrag für christliche Kommunikation.

Fasziniert von der wissenschaftlichen Arbeit des heute 86-jährigen Eilers zog es Vu später zum Studium weiter nach Manila. Er fand dort seine weitere Berufung als Dozent an dem von Eilers begründeten Studiengang "Theology of Social-Pastoral Communication". Mit Enthusiasmus erzählt der 51-Jährige bei einem Kaffee von seiner Arbeit als Dozent an der katholischen Universität St. Thomas (UST) in Manila. "Theologie", erklärt Vu, "wird aus der Perspektive betrachtet, wie Gott mit den Menschen kommuniziert." Und auch Priester und Ordensleute müssen aus seiner Sicht "kommunikativer werden".

Alle paar Jahre besucht Vu seine Geschwister und Mutter in der Nähe von Frankfurt. Und in Vietnam kann er inzwischen auch unbehelligt die beiden noch dort lebenden Schwestern treffen. "Eine ist verheiratet", erzählt Vu, "die andere ist in einen katholischen Orden eingetreten." Auch wenn Vu seit gut zehn Jahren in Manila lebt - die Bindungen an seine beiden "Heimaten" hält er lebendig.


Quelle:
KNA