DOMRADIO.DE: Bei der Deutschen Bischofskonferenz sind Sie für die Weltkirche zuständig. Was bedeutet die Wahl für Christen auf dem Kontinent?
Erzbischof Ludwig Schick (Erzbischof von Bamberg und Vorsitzender der Kommission Weltkirche bei der Deutschen Bischofskonferenz): Wenn ich nach Deutschland schaue, ist die Wahl einigermaßen gut gelaufen. Die Rechtspopulisten haben weniger Stimmen bekommen als befürchtet. Aber wenn ich in die Nachbarländer schaue, dann erfüllt mich das schon mit Sorge. In Italien hat die Lega Nord zugelegt, in Frankreich Le Pens Partei und in Ungarn die Fidesz-Partei.
Wir brauchen jetzt ein starkes Europa und wir müssen für den Zusammenhalt Europas wirken, sonst ist zu befürchten, dass mehr auseinanderbricht. Die Kirche hat jetzt einen großen Auftrag, aber auch eine große Chance. Die Kirche gehört zu den Müttern Europas. Wir müssen alles versuchen, dass es ein Europa der guten Zusammenarbeit und Solidarität gibt und Werte und Ethik gelebt werden.
DOMRADIO.DE: Sie haben mit der AfD bei Ihnen im Bistum auch schon einen Rechtsstreit ausgetragen. Wie beurteilen Sie das Abschneiden der Rechtspopulisten mit Blick auf Deutschland und mit Blick auf Europa?
Schick: Es freut mich erstmal, dass sehr viele Menschen gewählt haben. Das ist ein Zeichen, dass die Bevölkerung ein Interesse an Europa hat – in Deutschland ganz besonders. Und es freut mich, wie die Wahl in Deutschland ausgegangen ist, auch wenn die Volksparteien ziemlich Federn gelassen haben. Was die AfD angeht: Sie ist hinter den Erwartungen zurückgeblieben, in Bayern hat sie sogar abgenommen. Aber im Hinblick auf die europäischen Länder erfüllt mich da vieles mit Sorge.
DOMRADIO.DE: Was erwarten Sie sich vom neuen EU-Parlament bezüglich der Flüchtlings- und Migrationspolitik?
Schick: Wir müssen natürlich eine vernünftige Migrationspolitik machen. Und da muss die EU auch über die eigenen Grenzen hinaus nach Afrika schauen. Es muss Wirtschaftsentwicklung initiiert werden – die EU steht in der Pflicht und hat auch die Möglichkeiten. Wir müssen aber auch unsere Grenzen schützen, damit keine Menschen zu uns kommen, die Europa nicht akzeptieren.
Menschen, die wirklich in Not sind und zu uns kommen, müssen wir entsprechend den Genfer Konventionen annehmen, ihnen helfen und sie auch integrieren. Da gibt es viele Themen, die wir gemeinsam angehen müssen, damit für Flüchtlinge Gutes getan wird, aber auch Stabilität in Europa und in der Welt gefördert wird.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.