176 gemeldete Starter mit rund 450 Begleitern wollen an diesem Freitag (1. Juli) in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen zur diesjährigen 109. Tour de France aufbrechen. Wie jedes Jahr rasen sie an jeder Menge Kulturerbe vorbei, an vielen der schönsten Dörfer und Städte Frankreichs. Die berühmteste Rundfahrt der Welt, ausgetragen seit 1903, bietet sich auch an, um kleine und große Sehenswürdigkeiten des Landes kennenzulernen; als Streifzug durch Geschichte, Kultur und Kulinarik – kurzum: als eine Visitenkarte der "Grande Nation".
3.328 Kilometer in gut drei Wochen haben die Fahrer dieses Jahr in 21 Etappen zu bewältigen; die längste Tagesstrecke geht über 220 Kilometer. Auch die 109. Tour führt natürlich durchs Hochgebirge; diesmal durch die Vogesen, die Alpen, das Zentralmassiv und die Pyrenäen.
Vorbei an der Trappistenbier-Abtei
Die ersten gleich drei Etappen verlaufen diesmal in Dänemark. Erst mit der vierten ist es eine Tour de France; es geht von Dunkerque (Dünkirchen), dem Ort der britischen Großevakuierung im Zweiten Weltkrieg, vorbei am Sch'ti-Städtchen Bergues auf 171 Kilometern bis nach Calais mit seinem schönen Rathaus und der Großplastik der "Bürger von Calais" von Auguste Rodin. Vom Zentrum von Lille mit seiner originellen postmodernen Kathedralenfassade führt am nächsten Tag weiter durch den Norden, vorbei an Bouvines, 1214 Ort einer der größten und folgenreichsten Ritterschlachten des europäischen Mittelalters.
Tag sechs geht entlang der belgischen Grenze, beginnend im Karnevalsstädtchen Binche, dessen bunte Tradition der Orangen werfenden "Gille"-Figuren zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Ein weiteres Kultur-Highlight des Tages: die Abtei von Chimay in Hennegau, wo jährlich rund 130.000 Hektoliter Trappistenbiere gebraut werden. Von Nancy, Stadt des Jugendstils und der berühmten klassizistischen Place Stanislas, fährt das Peloton parallel zur Mosel in die Vogesen und tags darauf bis Lausanne am Genfer See, Sitz des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und der wichtigsten gotischen Bischofskirche der Schweiz.
Ausgangspunkt des Jakobswegs
Nach Bergetappen in der Schweiz, Savoyen und den Alpen führt die 13. Etappe durch die alte Römerstadt Vienne, wo 1311/12 ein Konzil die Auflösung des Templerordens beschloss. Kultureller Höhepunkt am Folgetag ist Le Puy-en-Velay, Ausgangspunkt eines der vier französischen Hauptpilgerwege nach Santiago de Compostela, mit seinen Kirchen und imposanten vulkanischen Basaltkuppen.
Die 16. Etappe durch das schöne Languedoc hat kulturell vor allem die historischen Start- und Zielorte zu bieten, die Bischofsstadt Rodez und die mittelalterliche Festung von Carcassonne, wo sich die Fahrer nach der zweiten Woche einen Ruhetag verdient haben. Malerisch wird es danach in dem Pyrenäenörtchen Tarascon-sur-Ariege und am Etappenziel Foix mit seiner Grafenburg, einst ein Zentrum der höfischen Welt Okzitaniens.
Auf den Spuren von Johannes XXII.
Tags darauf noch einmal zwei Pilgerstätten des 12. Jahrhunderts auf dem Jakobsweg: die Basilika von Valcabrere und die Kathedrale Saint-Bertrand-de-Comminges mit einem herrlichen romanischen Portal und Kreuzgang. Etappe 18 startet in Lourdes, 1858 Ort einer Marienerscheinung, und führt die Fahrer in mehreren bösen Steigungen bis auf 1.700 Meter.
Doch der nächste Tag wird dann ganz flach und bietet wieder Kultur am Wegesrand: Über das hübsche Städtchen Auch – inklusive spätgotischer Kathedrale mit imposantem Chorgestühl – geht es nach Cahors, Heimatstadt des Avignon-Papstes Johannes XXII. mit dem Pont Valentre, einer prächtigen Steinbrücke aus dem 14. Jahrhundert.
Entschieden ist die Rundfahrt dann spätestens in dem so kleinen wie kuriosen Wallfahrtsort Rocamadour am Fuß eines steilen Felsens, dem Ankunftsort der 20. Etappe. Denn am folgenden Abschlusstag mit seinen diesmal 112 Kilometern wird der Führende traditionell nicht mehr angegriffen.
In der Hauptstadt Paris, natürlich auch kulturell eine der Top-Adressen weltweit, endet jede Tour de France. Auf den Champs-Elysees gibt es für den Sieger Lorbeer, Küsschen, Schampus, das Gelbe Trikot, einen Corona-Test – und ein Döschen für die Dopingprobe.