Helfer verurteilen Gewalt in Kolumbien

"Eine Spirale der Gewalt"

Hilfsorganisationen verurteilen die Polizeigewalt und den Militäreinsatz in Kolumbien. Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor nennt die Situation "alarmierend". Adveniat forderte ein Ende der Gewalt.

Demonstranten protestieren in Bogota gegen die Steuerreform in Kolumbien / © Ivan Valencia (dpa)
Demonstranten protestieren in Bogota gegen die Steuerreform in Kolumbien / © Ivan Valencia ( dpa )

In Kolumbien sind laut Human Rights Watch (HRW) seit Beginn der Proteste vor gut einer Woche bislang 31 Menschen ums Leben gekommen. Für mindestens die Hälfte der Toten sollen die Sicherheitskräfte verantwortlich sein, berichten lokale Medien unter Berufung auf die Ombudsstelle zur Verteidigung der Rechte des kolumbianischen Volkes. Hilfsorganisationen verurteilten die Polizeigewalt.

Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor erklärte: "Die Ereignisse der vergangenen Tage erwecken den Anschein, als taumele Kolumbien gerade um Jahrzehnte zurück in den Konflikt." Die Zahl der durch Polizei und Militär Verletzten und Getöteten steige täglich, so der Kolumbien-Experte des Hilfswerks, Stefan Tuschen. "Auch die Zahl der spurlos verschwundenen Minderjährigen und jungen Erwachsenen ist besorgniserregend."

Fast 400 Verletzte und über 1.000 willkürlich Verhaftete

Misereor zählte bislang 381 Personen, die durch Polizeigewalt verletzt wurden und über 1.000 überwiegend willkürlich Verhaftete. Die Unterstützung der Polizei durch das Militär werde von der Regierung damit begründet, dass die Proteste von den Guerillas und der Drogenkriminalität unterwandert seien. "Ein Argument, das schon Vorgängerregierungen vorgebracht hatten, um den Jahrzehnte andauernden Konflikt militärisch zu lösen", so Tuschen.

Adveniat forderte ein Ende der Gewalt. "Die Toten und Verletzten in den Straßen Kolumbiens sind das Ergebnis der krachend gescheiterten Politik von Präsident Ivan Duque", sagte die Kolumbien-Referentin des Lateinamerika-Hilfswerks, Monika Lauer Perez. "Anstatt den Versöhnungs- und Friedensprozess seines Vorgängers und Friedensnobelpreisträgers Manuel Santos fortzusetzen, hat er die ohnehin schon polarisierte Gesellschaft weiter systematisch gespalten"

Präsident Duque beruft Dialog ein

Auch in der Nacht zum Donnerstag kam es in einigen Städten Kolumbiens wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen. Anwohner berichteten über zerstörte Ladenlokale und Plünderungen sowie Versorgungsengpässe wegen Straßenblockaden. Die Kirchenführung in Kolumbien rief zu einem "Ende der Spirale der Gewalt" auf.

Unterdessen begann am Mittwoch ein vom rechtsgerichteten Präsidenten Ivan Duque einberufener Dialog, um zu einer Lösung der innenpolitischen Krise zu kommen. Die Proteste hatten sich an einer inzwischen zurückgezogenen Steuerreform entzündet. Bereits 2020 waren mehrere zehntausend Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen eine anhaltende Mordserie gegen Sozialaktivisten und Menschenrechtler zu demonstrieren. Auch hatten sie eine schleppende Umsetzung des Friedensprozesses mit der ehemaligen FARC-Guerilla beklagt.


Quelle:
KNA