Paderborner Dechant ruft zur Impfung in Pfarrheimen auf

"Eine Sünde, sich dieser Impfstoffe zu verweigern"

Die katholische Kirche in Paderborn will bei der Impfung breiter einsteigen und nutzt dazu Erfahrungen, die sie schon bei Coronatests gemacht hat. Benedikt Fischer sieht vor allem in der zentralen Lage von Kirchen und Pfarrheimen einen Vorteil.

Warteschlange vor Corona-Impfung / © Sven Hoppe (dpa)
Warteschlange vor Corona-Impfung / © Sven Hoppe ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie haben schon im Forum St. Liborius in Paderborn Erfahrungen mit Coronatests und Impfungen gesammelt. Wie ist das zustande gekommen?

Domkapitular Benedikt Fischer (Dechant des Dekanates Paderborn und Leiter des Pastoralverbundes Paderborn Mitte-Süd): Als die Testzentren eingerichtet wurden, gab es damals die Anfrage, ob mitten in der Paderborner Innenstadt nicht ein solches Zentrum entstehen könne. Wir haben den Vorteil eines ziemlich großen Pfarrheims. Das ist das Forum St. Liborius in der Innenstadt ganz in der Nähe des Domes, also wirklich ganz zentral.

Das war offensichtlich für Ärzte, Apotheker und auch die Geschäftsinhaber reizvoll, dass im Zentrum des Geschäftsgeschehens eine Testmöglichkeit besteht, damit man anschließend die Geschäfte aufsuchen kann. Das haben wir dann auch eingerichtet und das ist unglaublich gut gelaufen.

Es gab täglich Warteschlangen. Die sah man vor allen Dingen am Wochenende, am Samstag waren die oft 50 Meter lang. Vom Besucheraufkommen her war schon ein großer Erfolg.

DOMRADIO.DE: Die Kirche hat viele Immobilien und Platz für Impfaktionen. Sollen jetzt Impfstellen nach diesem Vorbild des Forums St. Liborius in den Kirchengemeinden aufgebaut werden?

Fischer: Wir finden das nicht schlecht. Vor allem, weil wir den Vorteil haben, dass wir mit unseren Kirchen und Pfarrheimen ja oft sehr zentral liegen. Oft sind die Kirchen und die Pfarrheime ja mitten im Zentrum einer Ortschaft oder einer Stadt gelegen. Das könnten wir jetzt nutzen, um die Impfungen näher an die Menschen heran zu bringen.

Wir haben in den Innenstädten häufig viel fußläufigen Verkehr. Da ist es total wichtig, wenn da ein Kundenstopper steht, auf dem draufsteht, dass man sich hier ohne Termin sofort impfen lassen kann. Das ist offensichtlich reizvoll.

Wir haben das hier am vergangenen Freitag gemerkt, als die Menschen angestanden haben, um sich impfen zu lassen. Es gab innerhalb von einem Tag von 11 bis 18 Uhr über 450 Impfungen. Das war unglaublich. Das hat mir nochmal gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir auch unsere Immobilien zur Verfügung stellen.

DOMRADIO.DE: Die Bundesregierung schließt die Impfzentren und die Kirche fängt jetzt diesen Verlust wieder auf. Kann man das so sagen?

Fischer: Das will ich gar nicht beurteilen, was besser oder schlechter ist. Wenn wir mit unseren Immobilien hilfreich sein können, dann sollten wir das auf jeden Fall tun. Ich kann nur dafür plädieren, dass überall im Land Kirchengemeinden dazu ihre Bereitschaft erklären.

DOMRADIO.DE: Warum ist es Ihnen so wichtig, das Impfgeschehen zu beschleunigen?

Fischer: Ich halte die Impfung für eine Maßnahme, um den Infektionsfaktor wieder zurückführen und damit Menschen gesund bleiben. Ich finde es auch wichtig, dass wir als Kirche da deutlich die Stimme erheben.

DOMRADIO.DE: Denken Sie, eine flächendeckende 2G-Regel wie in Österreich würde die Impfstellen dann zu heiß begehrten Anlaufpunkten machen?

Fischer: Das kann sein. Manche brauchen einen äußeren Anlass, um sich zu bewegen. Vielleicht könnte das für manche hilfreich sein.

DOMRADIO.DE: Menschen lassen sich aus verschiedenen Gründen nicht impfen. Nicht immer stecken verschwörerische Spinnereien dahinter, sondern es sind auch schon mal religiöse Gründe. Wie begegnen Sie solchen Menschen?

Fischer: Ganz schwierig ist dieses Gespräch, weil hier oft Gottesbilder, Kirchen- und Menschenbilder aufeinanderprallen, die einfach ganz schwer miteinander kommunizieren können.

Es ist manchmal so, dass auch Katholiken, Freikirchler oder evangelische Christen davon überzeugt sind, dass alles, was dem Menschen widerfährt, direkt von Gott kommt. Wenn man krank wird, kommt es von Gott, wenn man gesund wird, kommt es von Gott.

Wir versuchen natürlich an vielen Stellen deutlich zu machen, dass der Mensch von Gott auch den Verstand bekommen hat, um gegen Krankheiten etwas zu tun. An dieser Stelle ist es ein Wunder, dass so eine Weisheit Menschen erfüllt hat, dass Impfstoffe entwickelt werden können.

Und es ist ja fast eine Sünde, sich dann dieser Impfstoffe zu verweigern, ein Versündigen an der Schöpfung. Denn auch das gehört mit zur Schöpfung, dass Menschen intelligent sind, die Dinge entwickeln können und Menschen wieder gesund machen können. Dem darf man sich auch nicht verweigern.

Wir kommen mit dieser Argumentation oft nicht durch. Es gibt da oft ein völliges Verbohrtsein in jede Richtung.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Domkapitular Benedikt Fischer (privat)
Domkapitular Benedikt Fischer / ( privat )

Impressionen aus Paderborn / © Nicolas Ottersbach (DR)
Impressionen aus Paderborn / © Nicolas Ottersbach ( DR )
Quelle:
DR
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