Mit dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. am 11. Februar 2013 ging ein Foto um die Welt: Bei einem Gewitter über Rom war ein Blitz in die Kuppel des Petersdomes eingeschlagen. Ein Fotograf, der gerade zugegen war, hielt das seltene Schauspiel fest. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel, der in den Petersdom einschlägt, war auch der 25. Januar 1959: Es war jener Tag, an dem Papst Johannes XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil ankündigte.
Auf den Stand der Zeit bringen
Bei einem Gottesdienst in Sankt Paul vor den Mauern sagte der Papst, dass es Zeit sei, ein Konzil einzuberufen, um die Kirche wieder auf den Stand der Zeit zu bringen. Häufig benutzte der Papst damals das italienische Wort "Aggiornamento", das man etwas ungelenk mit "Verheutigung" übersetzen könnte. Mit anderen Worten: Die Kirche brauchte ein "Update", und deshalb wurde das Konzil einberufen.
Ein Blitz aus heiterem Himmel: Denn damit hätte damals niemand gerechnet. Johannes XXIII. war vielmehr einer, den viele etwas belächelt hatten: Großes sei von diesem Papst nicht zu erwarten. Dann kam alles anders.
Erfahrener Italiener
Johannes XXIII. wurde am 25. November 1881 in Sotto il Monte in der italienischen Provinz Bergamo geboren. Angelo Giuseppe Roncalli, wie der Papst bürgerlich hieß, wuchs in ärmlichen Verhältnissen mit zahlreichen Geschwistern auf. Zum Unterricht kam Roncalli später nach Bergamo und Rom, wo er auch Theologie studierte. 1904 empfing er die Priesterweihe, anschließend wirkte er als Sekretär seines Bischofs und war während des Ersten Weltkriegs als Militärkaplan tätig.
Als Diplomat des Heiligen Stuhls kam Roncalli nach Bulgarien, in die Türkei, nach Griechenland und schließlich nach Frankreich. Bereits 1925 hatte der Papst Roncalli zum Erzbischof ernannt; 1953 erhielt er auch die Kardinalswürde. Noch im Jahr der Erhebung zum Kardinal wurde Roncalli zum Patriarchen von Venedig ernannt. Dort wirkte er, bis das Konklave ihn am 28. Oktober 1958 zum neuen Papst wählte.
"Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!"
Die einfache Herkunft aus dem Dorf Sotto il Monte prägte den Papst sein Leben lang. Bei seiner Amtseinführung auf dem Petersplatz stellte er sich den Gläubigen mit einem Wort aus der Josefs-Novelle des Genesis-Buches vor. Mit Blick auf seinen Taufnamen rief er den Menschen zu: "Ich bin Josef, euer Bruder!" Und einmal berichtete der Papst, er würde sich selbst immer wieder einen Satz sagen: "Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!" Bescheidenheit und Zurückhaltung prägten diesen Papst.
Vielleicht wurde er gerade deshalb von vielen etwas unterschätzt: weil er nicht in das Schema seiner Vorgänger, der Pius-Päpste, passte. Und doch kann man von Johannes XXIII. vor allem zwei wesentliche Dinge lernen: Das eine sind Bescheidenheit und Demut, auch dann, wenn man ein Amt ausübt, das für die Welt von Bedeutung ist. Die Erziehung, die dem Roncalli-Papst in die Wiege gelegt worden war, hat er Zeit seines Lebens nicht vergessen. Er ist einer von den "einfachen Menschen" geblieben. Und vielleicht macht ihn gerade das so sympathisch: Weil er nicht vom hohen Ross auf andere herabschaute, sondern herabstieg von seiner päpstliche Thronsänfte, um mit den Menschen auf Augenhöhe zu sein.
Weitblick in die Welt
Und das Zweite: Trotz dieser Einfachheit hatte Johannes XXIII. einen unglaublichen Weitblick. Er berief das Konzil ein, weil er wusste, dass es an der Zeit war. Er wusste, dass die Kirche "einen Sprung nach vorn" machen musste, wenn sie nicht meilenweit hinter der modernen Welt zurückbleiben wollte. Johannes hatte eine klare Absicht für die Zusammenkunft: Sie sollte ein "pastorales" Konzil werden.
Was er damit meinte? Die Versammlung solle nicht uralte Lehren wiederholen, sondern etwas sagen, was den Menschen von heute betrifft. Der Auftrag des Konzils war, die Dinge so zu formulieren, dass sie die Menschen der Gegenwart ansprechen.
Johannes XXIII. starb am 3. Juni 1963 im Vatikan. Am 27. April 2014 sprach ihn sein Nachfolger Papst Franziskus heilig. Sein Gedenktag ist der 11. Oktober: jener Tag, an dem 1962 das Zweite Vatikanische Konzil durch ihn eröffnet wurde.