Eine theologische Betrachtung zum Fest des heiligen Markus

Verfasser der ersten Jesus-Biografie

Viele Medienschaffende träumen davon, eine Sensationsnachricht zu verkünden. Die Halbwertszeit ist oft überschaubar. Noch immer aktuell ist ein Text, der vor rund 2.000 Jahren vom Evangelisten Markus verfasst wurde.

Autor/in:
Fabian Brand
Evangeliar / © Lars Berg (KNA)
Evangeliar / © Lars Berg ( KNA )

Am 11. Februar 2013 saß eine italienische Journalistin beinahe alleine im Pressesaal des Heiligen Stuhles. Es war ein Feiertag im Vatikan, und außer einem Konsistorium mit dem Papst und den Kardinälen waren keine Termine angekündigt. Aber als sich die Versammlung dem Ende neigte, verlas Benedikt XVI. auf Latein etwas, womit niemand rechnen konnte: seine Rücktrittserklärung. Und die italienische Journalisten war die erste, die diese Meldung in die Medien brachte.

Evangelist Markus / © Auschnitt aus Schraudolph-Fresken im Historischen Museum der Pfalz (KNA)
Evangelist Markus / © Auschnitt aus Schraudolph-Fresken im Historischen Museum der Pfalz ( KNA )

Die erste sein, die eine solche Sensationsmeldung verbreitet: Davon träumen viele Journalistinnen und Journalisten. Auch dem heiligen Markus, dessen Fest die Kirche am 25. April feiert, wurde eine solche Ehre zuteil. Mit seinem Evangelium, das er über Jesus, den Christus, schrieb, war er der erste, der einer Vielzahl von Menschen etwas über diesen Jesus erzählen konnte. Die Sensationsmeldung hatte er auf seiner Seite. Noch nie hatte es jemand vor ihm unternommen, ein Evangelium zu schreiben. Nach dem Apostel Paulus war er der erste, der etwas Schriftliches über Jesus anfertigte.

Nah dran an Jesus Christus 

Das Markusevangelium ist das älteste der vier kanonischen Evangelien. Wann genau Markus diese Schrift verfasst hat, ist freilich unbekannt. Wahrscheinlich ist, dass das Markusevangelium unter den Eindrücken des Jüdischen Krieges entstand, also wohl um die Jahre 66 bis 70 nach Christus.

Damit ist Markus noch relativ nah an Jesus dran, wenn man bedenkt, dass er wohl in den 30er Jahren gestorben ist. Schon sehr früh wird der Verfasser der ersten Evangelienschrift mit dem Namen Markus genannt. Diese Bezeichnung ist wohl historisch.

Für ein divers zusammengesetztes Publikum

Seit dem zweiten Jahrhundert wird dieser Evangelist Markus mit dem "Johannes Markus" identifiziert, von dem es in der Apostelgeschichte unter anderem heißt, er sei ein Begleiter des Paulus gewesen. Markus schreibt sein Evangelium an eine bestimmte Gemeinde, die vermutlich sehr divers zusammengesetzt war: Männer und Frauen, Juden und Griechen, arme und reiche Menschen kamen in ihr zusammen.

Traditionell heißt es, dass das Markusevangelium in Rom entstanden ist. Das wird heutzutage aber mitunter bezweifelt. Viel wahrscheinlicher scheint eine Entstehung in einem Gebiet in der Nähe von Galiläa, also vielleicht in Syrien oder Phönizien.

Die Bibel

Bibel ist die Schriftensammlung, die im Judentum und Christentum als Heilige Schrift gilt. Auf den Schriften fußt jeweils die Religionsausübung. Die Bibel des Judentums ist der dreiteilige Tanach, der aus der Tora, den Nevi’im und Ketuvim besteht. Diese Schriften entstanden seit etwa 1200 v. Chr. im Kulturraum der Levante und Vorderen Orient und wurden bis 135 n. Chr. kanonisiert. Das Christentum übernahm alle Bücher des Tanachs, ordnete sie anders an und stellte sie als Altes Testament (AT) dem Neuen Testament (NT) voran.

Eine Bibel liegt aufgeschlagen auf einem Tisch (KNA)
Eine Bibel liegt aufgeschlagen auf einem Tisch / ( KNA )

Von der Einsamkeit in der wüste bis hin zu leeren Grab

Markus hat sich die Geschichten, die er rund um Jesus erzählt, nicht ausgedacht. Er ist also kein Schriftsteller im eigentlichen Sinne. Vielmehr könnte man ihn als Herausgeber des Evangeliums bezeichnen: Er hat die Erzählungen über Jesus gesammelt, zusammengetragen und schließlich in einen längeren Bericht eingefügt. Menschen haben sich lebendig an Jesus erinnert, und Markus hat diese Erinnerungen aufgeschrieben. Und er hat sie geschickt zu einem einheitlichen Text gemacht, zu einer Jesus-Biographie, die mit seinem ersten Auftreten in Galiläa beginnt und mit seiner Auferstehung endet.

Der Evangelist Markus will kein Chronist sein, der jede Begebenheit aus dem Leben Jesu im kleinsten Detail erzählt. Ihn interessiert vielmehr der große Erzählbogen: nämlich das Gesamte des Lebens Jesu. Sein Evangelium schlägt einen großen Bogen vom Anfang bis zum Ende; es beginnt in der Einsamkeit der Wüste, und es endet in der gähnenden Leere der Grabeshöhle am Ostermorgen.

Offenes Ende

Es gibt im Markusevangelium viele einzelne Erzählungen, die aber erst in ihrem Kontext verständlich werden. Man kann jeden einzelnen Abschnitt aus dem Evangelium nur dann verstehen, wenn man den ersten Vers im Hinterkopf hat: "Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes" (1,1). Nur dann wird verständlich, was Markus erzählen will: Er will zeigen, dass Jesus in allem, was er getan hat, der Christus, der Sohn Gottes ist.

Ursprünglich endet das Markusevangelium offen: Die Frauen am leeren Grab fliehen voller Furcht und erzählen niemandem etwas davon. Denn jetzt ist es die Aufgabe des Lesers, den Menschen von Jesus zu berichten. Nun ist es an ihm, das Evangelium neu zu lesen und es als das zu verstehen, was es sein will: "Evangelium von Jesus Christus, dem Sohn Gottes".

Quelle:
KNA