"Teilen" ist in aller Munde: Wer heutzutage im Internet unterwegs ist, der kommt nicht drumherum, Bilder oder Texte zu teilen. Man muss schließlich etwas bieten, um von anderen überhaupt wahrgenommen und beachtet zu werden. Wer auf der Suche nach möglichst vielen Followern oder Likes ist, der muss liefern. Und das heißt in der Logik der sozialen Medien: teilen.
Eine andere Art des "Teilens"
Einblicke gewähren in das Privatleben, die Follower mitnehmen in das alltägliche Leben. Fotos vom Frühstück oder Sonnenuntergang - all das reicht oft, denn nur auf das Teilen kommt es an. Nur auf diese Weise, so glauben viele, wird anderen Menschen ein Zugang zum eigenen Leben und Wirken ermöglicht.
Auch am Fest des heiligen Martin, das wir alljährlich am 11. November feiern, geht es um das Teilen. Aber Martin macht kein Selfie von sich mit dem Bettler, das er dann auf einer digitalen Plattform einstellt. Martin postet auch nirgends eine Nachricht darüber, was er Großes getan hat.
Seine Art des Teilens sieht anders aus: Er nimmt kurzerhand seinen Mantel und schneidet ihn mit dem Schwert in zwei Teile. Die eine Hälfte behält der Soldat selbst, die andere reicht er dem armen Mann, der am Stadttor von Amiens sitzt und friert.
Hilfe in der Not
Teilen ganz konkret: Die Bedürfnisse des Anderen sehen und überlegen, wie man ihm oder ihr helfen kann. Das hat Martin vorgelebt, indem er nicht auf seinem hohen Ross sitzenbleibt, sondern absteigt und dem Bettler in seiner Not hilft.
Teilen ist in aller Munde: Denn auch wenn unzählige Fotos und Nachrichten in sozialen Medien geteilt werten – vielen Menschen ist dies zu wenig. Sie hoffen auf echtes Miteinander, reale Anteilnahme an ihren Sorgen und Nöten.
Immer wieder begegnen uns auf unserem Lebensweg Menschen, die unser konkretes Mitgehen und unsere Nähe brauchen. Teilen, das kann auch heißen: Lebenszeit zu teilen, den Anderen einmal anrufen, besuchen oder einladen. Den Menschen zeigen, dass sie nicht alleine sind auf ihrem Weg, sondern dass es Menschen gibt, die diesen Lebensweg mit ihnen teilen, die sie begleiten und unterstützen.
Der heilige Martin als Beispiel
Teilen kann aber auch heißen, ganz konkret etwas für Notleidende Menschen abzugeben. Die armen Menschen, die am Straßenrand sitzen und auf unser Mitgefühl hoffen, die gibt es heute noch. So können wir heute an der Stelle des heiligen Martin stehen.
Wir sind aufgerufen, zu teilen, was wir besitzen. Denn nur so kann das Leben in einer Gesellschaft gelingen: wenn nicht nur jeder auf das Eigene schielt, wenn jeder auch bereit ist, abzugeben und zu helfen, wenn Hilfe gerade nottut.
In den sozialen Medien teilt man zum Beispiel Fotos, um damit die Follower zufriedenzustellen. Der heilige Martin hat lieber ganz konkret seinen Mantel mit dem Bettler geteilt. Und so ist Martin selbst zu einem "Follower" geworden: Mit seinem unscheinbaren Handeln ist er eingetreten in die Nachfolge Jesu Christi; weil er das Eigene geteilt hat, ist er sein Nachfolger geworden.
Die Welt heller machen
Deshalb erinnern wir uns heute noch so gerne an den heiligen Martin: Weil er sein eigenes Lebenslicht nicht unter den Scheffel gestellt, sondern es mit dem Bettler geteilt hat. Dadurch ist die Welt ein bisschen heller, friedvoller und menschenfreundlicher geworden.
Heutzutage ziehen die Kinder am Martinstag mit ihren Laternen durch die dunklen Straßen der Städte und Ortschaften. Sie erinnern daran, dass Martin durch sein gutes Handeln das Licht Christi, des auferstandenen Herrn, in unsere Welt gebracht hat.
Teilen ist in aller Munde: Nehmen wir uns immer wieder das Beispiel des heiligen Martin zum Anlass, um selbst zu Teilenden zu werden. Teilen wir unsere Zeit mit unseren Mitmenschen. Teilen wir unsere Habe mit den Notleidenden dieser Welt.
Und teilen wir das Licht Christi, das uns gerade in dieser dunklen Jahreszeit den Weg durch die Zeit hin zur Ewigkeit leuchtet. Dann werden wir zu Nachfolgern und Nachfolgerinnen Christi, dann kann Christus auch uns zurufen: "Was ihr der geringsten Schwester und dem geringsten Bruder getan habt, das habt ihr mir getan."