Eine theologische Betrachtung zum Lobgesang Marias

Für alle Menschen zu allen Zeiten

Mitte August bis Mitte September feiert die Kirche vor allem in Bayern den sogenannten Frauendreißiger. Ein Lobgesang Marias rückt in dieser Zeit intensiver Marienfrömmigkeit in den Blick. Eine theologische Betrachtung.

Autor/in:
Fabian Brand
Maria mit dem Jesuskind / © Lorenz Lenk (KNA)
Maria mit dem Jesuskind / © Lorenz Lenk ( KNA )

In vielen Sprachen der Welt kann man den Lobgesang Mariens in der Visitatio-Kirche in Ein Kerem bei Jerusalem lesen. Gut über fünfzig Kacheln sind dort zu sehen, auf denen das Magnificat, also der Lobgesang, steht. 

An jenem Ort soll sich eine besondere Begegnung ereignet haben: Maria soll hier auf Elisabeth getroffen sein, die mit Johannes dem Täufer schwanger war. 

Eingang der Besuchskirche in Ein Kerem bei Jerusalem. / © Brian Maudsley (shutterstock)
Eingang der Besuchskirche in Ein Kerem bei Jerusalem. / © Brian Maudsley ( shutterstock )

Deswegen heißt die dort gebaute Kirche bis heute Visitatio-Kirche, Kirche des Besuchs. In dem antiken Ort Ein Kerem, nahe der heutigen Stadtgrenzen von Jerusalem, wird zudem die Wohnung von Elisabeth und Zacharias vermutet.  

In vielen Sprachen der Welt ist das Magnificat abgefasst: Damit kommt schon ein zentraler Gedanke zum Ausdruck, der sich auch im Lobgesang der Maria wiederfindet. 

Denn dort heißt es: "Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unseren Väternverheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig." Allen Nachkommen Abrahams wird hier auf ewig Gottes erbarmende Liebe zugesagt.  

Für alle Menschen zu allen Zeiten  

Was Maria in ihrem Magnificat singt, das gilt also für alle Menschen zu allen Zeiten: "Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht, über alle, die ihn fürchten". Alle Generationen sind in jenen Bund hineingenommen, den Gott mit den Vätern geschlossen hat. 

Keiner fällt aus diesem Bund heraus, sondern alle Menschen dieser Welt sind mitgemeint. Und alle Menschen dieser Welt haben gleichermaßen Anteil an der erbarmenden Liebe, die uns Gott immer und immer wieder erweisen will.  

Das Magnificat Mariens macht deutlich: Gott steht in einer Beziehungzu den Menschen - und zwar zu allen Menschen! Menschen aller Generationen dürfen gewiss sein, dass Gott sie begleitet, dass er mit ihnen ist. Und: dass er an ihnen genauso handeln wird, wie er einst an seinem auserwählten Volk Israel gehandelt hat.  

Gott solidarisiert sich  

Die Mächtigen stürzt er vom Thron, er hat ein Herz für die Hungernden und Erniedrigten, Reiche müssen leer ausgehen: Das ist es, was wir in den biblischen Schriften immer wieder finden. 

Einen Gott, der ganz auf der Seite der Armen und Schwachen steht, der sich mit jenen solidarisiert, die in der Gesellschaft nichts zu lachen zu haben. Gott stellt sich auf ihre Seite - in Jesus Christus wird er sogar einer von ihnen. 

Das ist die Zusage, von der Maria in ihrem Magnificat singt: Gott steht an unserer Seite, heute und an allen Tagen bis zum Ende dieser Welt.  Dass Gott wirklich so handelt, das zeigt er an Maria: 

Statue der Jungfrau Maria nahe Ephesus, Türkei / © Mo San (shutterstock)
Statue der Jungfrau Maria nahe Ephesus, Türkei / © Mo San ( shutterstock )

Ein einfaches Mädchen aus dem Dorf Nazareth erwählt sich Gott aus, Mutter seines Sohnes zu werden. Und Maria stimmt diesem Plan zu. Sie lässt sich einauf das Heilshandeln jenes Gottes, von dem sie weiß, dass er sich jeder Generation erbarmt. 

So reiht sich Maria ein in die Schar der vielen Menschen, die im Lauf der Geschichte erfahren durften, was im Magnificat ins Wort gebracht ist: "Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter."  

Jeden Tag neu erinnern  

Mit diesem Lobgesang Mariens sind alle Menschen dieser Welt mitgemeint. Es gibt niemanden, der ausgeschlossen ist, von diesem Bund, den Gott mit Abraham geschlossen hat. Das kann auch unser Leben heute verändern: Denn es zeigt, dass wir alle in dieser besonderen Beziehung mit Gott leben. 

Es macht deutlich, dass Gott eben kein Gott der Toten, sondern ein Gott der Lebenden ist. Er ist einer, der immer neu auf der Seite derer steht, die sein Mitgehen in besonderer Weisebrauchen. 

Er ist ein Gott, der seinen Bund mit den verstorbenen Vätern geschlossen hat, aber dessen Beistand sich hier und heute realisiert. Er ist ein Gott, der da ist - und zwar in dieser Welt mit all dem, was diese Welt ausmacht.  

Deswegen wird das Magnificat auch jeden Tag in der Vesper gesungen: damit wir uns jeden Tag neu daran erinnern, dass Gott bei uns ist und dass wir uns einreihen dürfen in die Schar jener Menschen, die sein rettendes Heilshandeln am eigenen Leib erfahren können.

Mariä Himmelfahrt

Am 15. August feiert die katholische Kirche das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Es hat seinen Ursprung in der Ostkirche, wo es im Jahr 431 eingeführt wurde. In der römischen Kirche wird die – in der Bibel nicht beschriebene – Aufnahme Mariens in den Himmel seit dem 7. Jahrhundert gefeiert, in Deutschland seit dem 9. Jahrhundert.

Mariä Himmelfahrt, Fenster der Kirche Notre-Dame-des-Airs / © P.Razzo (KNA)
Mariä Himmelfahrt, Fenster der Kirche Notre-Dame-des-Airs / © P.Razzo ( KNA )
Quelle:
KNA