Schweizer Reformierte entschuldigen sich für Missbrauchsfall

Eingeständnis von Versäumnissen

Die Evangelisch-Reformierte Kirche Schweiz hat Verantwortung für einen mutmaßlichen Missbrauchsfall durch ihren ehemaligen Präsidenten Gottfried Locher übernommen. Locher war im Mai 2020 nach den Vorwürfen gegen ihn zurückgetreten.

Symbolbild Missbrauch / © 271 EAK MOTO (shutterstock)

"Die Evangelisch-Reformierte Kirche Schweiz (EKS) entschuldigt sich bei der Beschwerdeführerin für das erfahrene Leid und den langen Weg, sich Gehör zu verschaffen", erklärte EKS-Präsidentin Rita Famos am Mittwochabend vor Journalisten. 

Auf der Pressekonferenz wurde der Bericht einer Untersuchungskommission vorgelegt, der Locher wie auch der EKS selbst rechtsverletzendes Verhalten gegenüber einer ehemaligen Mitarbeiterin vorwirft.

Nicht genug Schutz gegen Machtmissbrauch

Der Bericht mache deutlich, "dass ein Missbrauch der Beschwerdeführerin durch ihren damaligen Vorgesetzten stattgefunden hat, wodurch sie in ihrer sexuellen, psychischen und spirituellen Integrität verletzt wurde, und dass die Institution es versäumt hat, sie gegen diesen Machtmissbrauch zu schützen".

Lochner war seit 2011 Ratspräsident des damaligen Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds, aus dem nach einer Strukturreform die jetzige EKS wurde. Zu seiner Nachfolgerin wurde im November Rita Famos gewählt.

Keine systemische Studie in Planung

Laut Bericht sind die Versäumnisse zum Teil auch auf damals fehlende Prozesse und Verfahren der Reformierten Kirche zurückzuführen. Im Umgang mit der Beschwerde selber hingegen stellt die Untersuchungskommission der EKS ein gutes Zeugnis aus. Diese habe umsichtig und unter Berücksichtigung der geltenden Verhaltensregeln gehandelt.

Nach Ansicht von Famos handelt es sich in der reformierten Kirche bisher allerdings um Einzelfälle. Eine nationale Studie zu sexuellem Missbrauch, wie dies die Schweizer katholischen Bischöfe und die Evangelische Kirche Deutschland planen und die Deutsche Bischofskonferenz schon vorgelegt hat, ziehe die EKS derzeit nicht in Betracht.

Reformation

Am 31. Oktober gedenken Protestanten der Reformation. Die Reformation (lateinisch: Umgestaltung oder Erneuerung) gehört zu den wichtigsten politischen und geistesgeschichtlichen Umwälzungen in Europa. Am Übergang zwischen Mittelalter und der frühen Neuzeit beendete sie im 16. Jahrhundert die Vorherrschaft des Papstes. Katholische Kirche und Teile des Adels verloren an Macht, neue protestantische Kirchen entstanden. Gestärkt wurden damit auch das städtische Bürgertum und die Landesherren.

Reformationstag (dpa)
Reformationstag / ( dpa )
Quelle:
KNA