DOMRADIO.DE: War mit einem solchen Ergebnis zu rechnen?
Klaus Prömpers (Journalist): Überraschend ist die doch sehr heftige Niederlage der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei, die bis zum Mai dieses Jahres von Heinz-Christian Strache geführt wurde - bis das Ibiza-Video die Koalition zerstörte und zu der Neuwahl führte. Diese herben Verluste bedeuten für die FPÖ wohl den Gang in die Opposition. Im Gegensatz dazu hat die ÖVP unerwartet hoch gewonnen. Auch die Grünen können starke Zugewinne verbuchen und sind nun ein potenzieller Koalitionspartner, wie auch die SPÖ. Für die ÖVP wird das nicht einfach.
DOMRADIO.DE: Was sind die Gründe für den Erfolg von Sebastian Kurz?
Prömpers: Er hat eine sehr überzeugende Darstellung geboten im Wahlkampf. Die Österreicher sind der Meinung, dass er als unverbrauchte junge Kraft noch eine Chance bekommen soll als Bundeskanzler. Die Frage nach dem Koaltionspartner haben die Wähler ja im Grunde schon relativ eindeutig beantwortet: Die FPÖ wurde abgestraft, die SPÖ hat stark verloren. Es könnte also eine Koaltion in Frage kommen, die ja auch für Deutschland von Interesse sein dürfte. Auch in Deutschland wird bei CDU/CSU in bestimmten Kreisen darüber geredet, ob man nicht - wenn es denn zu Neuwahlen käme - auch mit den Grünen koalieren könnte.
DOMRADIO.DE: Rein rechnerisch könnte Kurz nun aber ja schon erneut mit der FPÖ zusammengehen und die alte Koalition wieder auflegen.
Pömpers: Aber das glaube ich nicht. Die FPÖ-Funktionäre haben gestern eingeräumt, dass die Partei abgestraft wurde und keinen Regierungsauftrag erhalten hat. Hinzu kommt: Im Laufe dieser Woche wird möglicherweise der alte Parteichef Heinz-Christian Strache aus der Partei ausgeschlossen. Das kann zu einer Spaltung der FPÖ führen. Das heißt aber dann für Sebastian Kurz und die österreichische Volkspartei, dass die FPÖ kein zuverlässiger Partner sein kann und ein erneutes Scheitern einer Koalition das politische Aus für Sebastian Kurz bedeuten würde. Er will ja alles Mögliche, aber sicherlich nicht so schnell wieder scheitern.
DOMRADIO.DE: Kurz ist ja unter anderem damit angetreten, dass er Wert auf christliche Traditionen setzt und zum Beispiel mehr Kreuze im öffentlichen Raum will. Was bedeutet denn dieses Ergebnis für die Christen im Land?
Prömpers: Die evangelische Kirche wird nun verstärkt den Reformationstag als Feiertag einfordern. Den hatte die Evangelische Kirche im letzten Jahr verloren aufgrund eines Klageverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof. Das will man zurückdrehen.
Die Bischöfe auf katholischer Seite und die Caritas hatten vor dieser Wahl ein Programm gegen die Einsamkeit im Lande gefordert. Viele alte - und nicht nur alte - Menschen leben relativ einsam. Da soll die künftige Regierung mehr gegen tun. Auch die Kinderarmut ist immer wieder als großes Problem benannt worden. Natürlich gibt es auch in der Frage der Migration der Asylbewerber hohe Erwartungen und Forderungen nach milderen Bestimmungen. Möglicherweise könnte sich die künftige Regierung an den Bemühungen von Horst Seehofer beteiligen, aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge in einer gewissen Quantität aufzunehmen. Das wird keine riesige sein, aber es ist durchaus vorstellbar.
Das Interview führte Julia Reck.