"Eko Fresh" und "Rolling G" rappen über Behinderungen

"Augen und Ohren öffnen"

Die Rapper Rolling G und Eko Fresh haben für die aktuelle Inklusionskampagne der Aktion Mensch einen Song produziert. Im Interview verraten die Musiker, wie sie zueinander gefunden haben und was sie mit ihrem Lied ausdrücken wollen.

Eko Fresh und Rolling G / © Jeffrey Wunderlich / Aktion Mensch
Eko Fresh und Rolling G / © Jeffrey Wunderlich / Aktion Mensch

DOMRADIO.DE: Diesen Freitag war der europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Jeder achte Mensch in Deutschland hat eine wie auch immer geartete Behinderung. Die Aktion Mensch unterstützt seit fast 60 Jahren mit ihrer Lotterie soziale Projekte und verbessert damit die Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. Den Song dazu macht ein inklusives Rap-Duo: Eko Fresh aus Köln und Rolling G. 

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Am Beginn des Liedes "Neue Wege", fragt Rolling G: "Hey, bist du nicht dieser Eko?" Und Eko sagt: "Ja, Hast du etwas Zeit für mich?" Komm, ich nehm' dich mit auf eine Reise. - Wohin wolltest du denn Eko Fresh mitnehmen? Was ist das für eine Reise?

Rolling G (Rapper im Rollstuhl): Ich wollte meine Barrieren im Alltag aufzeigen. Einfach durch die Stadt laufen und zeigen, was funktioniert und was nicht funktioniert. Der Teil, der nicht funktioniert, ist ein größerer. Deswegen habe ich ihn mitgenommen und meine Hürden im Alltag gezeigt.

DOMRADIO.DE: Du lebst in Düsseldorf, Eko lebt in Köln, das ist nicht so weit auseinander. Seid ihr tatsächlich einen Tag lang durch eine der beiden Städte oder durch beide gelaufen?

Rolling G: Erst mal ist es so gelaufen, dass ich ihm geschildert habe, wo die größten Barrieren sind. Das fängt schon damit an, dass du, wenn du rausgehst, gucken musst, welcher Bordstein tief genug ist oder ob ein Auto das tiefe Ende vom Bordstein nicht zugeparkt hat. Oder ist da nicht eine ungeplante Baustelle? Dann geht es weiter mit der Bahnhaltestelle, die nicht barrierefrei ist. Also, eigentlich wäre da eine Haltestelle, direkt wo ich wohne, aber ich muss immer eine weiter nehmen, weil die, wo ich wohne, nicht barrierefrei ist.

Rolling G (Rapper)

"Die Barrieren im Alltag fangen damit an, dass du, wenn du rausgehst, gucken musst, welcher Bordstein tief genug ist."

DOMRADIO.DE: Das eine ist ja jemandem von den täglichen Problemen zu erzählen. Das andere, wenn man wirklich diese Reise gemeinsam unternimmt. Habt ihr das gemacht?

Raper Eko Fresh  / © Georg Wendt (dpa)
Raper Eko Fresh / © Georg Wendt ( dpa )

Eko Fresh (Rapper und Schauspieler): Wir haben uns ja nicht nur einmal getroffen, wir haben uns mehrmals getroffen - im Zuge dieses Songs jetzt. Der größte Teil dessen war natürlich künstlerisches Schaffen und wir haben zusammen gesessen, ob jetzt bei Rolling G in der Wohnung oder im Studio.

Aber auch da bei diesem Treffen oder beim Videodreh oder wenn wir zur "Aktion Mensch" gegangen sind oder uns generell getroffen haben, um diese Sachen zu besprechen, ist mir das natürlich schon aufgefallen, unabhängig auch von der Erzählung, die er mir gegenüber gemacht hat.

Eko Fresh (Rapper)

"Ich habe nicht nur in echt, sondern auch im Song die Rolle von jemandem eingenommen, der in seinem Alltag ist und gar nicht so sehr darüber nachdenkt."

Das war echt wie so ein kleines Interview. Und so ist auch letztendlich der Song geworden, dass er mir eigentlich erzählt, welche Barrieren für ihn da sind und welche Schwierigkeiten Menschen mit Behinderung im Alltag haben. Und ich habe nicht nur in echt, sondern auch auf den Song projiziert, die Rolle von jemandem eingenommen, der in seinem Alltag ist und gar nicht so sehr darüber nachdenkt, weil wir das eigentlich ja alle nicht so richtig abstreiten können. Erst wenn wir damit konfrontiert sind, fangen wir an, uns Gedanken darüber zu machen.

DOMRADIO.DE: Eko Fresh, du bist ja ein Typ, der sehr gut sozial vernetzt ist. Du singst mit diesen und jenen Gruppen zusammen und ich vermute mal, dass du nicht nur Follower in den sozialen Medien hast, sondern auch im echten Leben viele Menschen hast, mit denen du befreundet bist. Sind die Schwierigkeiten, die Menschen mit Beeinträchtigung haben, wirklich so weit weg von dir?

Eko Fresh: Es war nicht weiter oder näher als bei einem Menschen, der in seinem Alltag steckt, der sich um seine Arbeit und seine Familie kümmert und eigentlich immer nur dann damit konfrontiert ist, wenn es wirklich vor seiner Nase passiert. Ich bin natürlich gut vernetzt durch all die Jahre in der Musikbranche. Ich bin auch dafür bekannt, soziale Themen aufzugreifen.

Allerdings habe ich bei dieser Sache einen Partner gebraucht und da habe ich mir wirklich den Rolling G gewünscht, weil ich ihn auf einem Battle gesehen habe. Er macht ja Hip-Hop-Battles und dort habe ich seine Art und Weise, wie er auch mit seiner Behinderung umgeht, aber auch den positiven Einfluss gesehen, den Rap in seinem Leben hat, weil er damit auch seine Sachen verarbeiten kann. Das habe ich als Rap-Veteran schon von weitem gesehen, durch seine Art und Weise, wie er bei den Battles angetreten ist. Das ist so wie ein Sport. Als ob man beim Sparring ist. Hinterher gibt man sich die Hand, aber man versucht mit cleveren Wortspielen den anderen quasi Schachmatt zu setzen.

Auf diese Weise ist Rolling G während dieses Battles so ambivalent mit seiner Situation umgegangen, dass es dann viral gegangen ist. Als ich das gesehen habe, dachte ich mir: Ey, mit dem musst du mal was machen. Und als es die Gelegenheit gab, habe ich mir ihn persönlich gewünscht.

DOMRADIO.DE: Rolling G, du bist Sozialarbeiter und in einer inklusiven Schule aktiv. Das heißt, die räumlichen Gegebenheiten für deine Arbeit müssten naturgegeben okay sein. Breite Türen und Rampen...?

Rolling G (Rapper)

"Versuch' mal als Nicht-Rollstuhlfahrer eine Brandschutztür aufzukriegen."

Rolling G: Ja, witzigerweise arbeite ich häufiger im Neubau. Da geht die Tür zum Beispiel nicht automatisch auf, obwohl es ein Neubau ist. Und ist es eine Brandschutztür – versuch mal als Nicht-Rollstuhlfahrer eine Brandschutztür aufzukriegen, selbst das ist schon schwierig, und als Rollstuhlfahrer ist es dann noch mal besonders schwierig. Also es ist barrierefrei, aber es gibt hier und da – wie überall – Verbesserungspotential.

DOMRADIO.DE: Im Song habt ihr ganz besondere Rhythmus-Instrumente eingebaut. Das ist so ein Klackern von einem Blindenstock beispielsweise. Wie habt ihr das gemacht mit diesen Geräuschen?

Mann mit einem Blindenstock / © Halfpoint (shutterstock)
Mann mit einem Blindenstock / © Halfpoint ( shutterstock )

Eko Fresh (Rapper und Schauspieler): Also ich muss zunächst sagen, das war die Idee der "Aktion Mensch". Die haben natürlich auch proaktiv bei diesem Projekt mitgemacht und mitgefiebert. Dann haben unsere lieben Produzenten Cihan, Gökhan und Süleyman diesen Beat zusammen gemacht. Und dieser Beat, diese Musik, ist entstanden aus Geräuschen des Alltags von Menschen mit Behinderung, um das auch in dieser Musik einzubauen.

Die ganze Aktion geht ja darum, Augen und Ohren zu öffnen. Deswegen fand ich das auch so eine scharfe Idee, dass solche Geräusche in der Soundkulisse verarbeitet werden.

DOMRADIO.DE: Versteht man das auch, wenn man das Lied hört oder braucht es eine Erklärung dazu? Was meint ihr?

Rolling G: Wenn du den Sound kennst, das ist immer die Grundvoraussetzung, hörst du zum Beispiel den Blindenstock heraus. Was ja aber auch mein Ziel ist, dass man dann vielleicht auch mit Menschen mit Behinderungen in Interaktion tritt und die vielleicht auch fragt durch den Song. So ein Rollstuhl macht, wenn eine Bordsteinkante zu hoch ist und du daran donnerst, ein ganz spezifisches Geräusch. Das kannst du eigentlich nur erklären, wenn du es gesehen hast.

DOMRADIO.DE: Bleibt das inklusive Rap-Duo aus Rolling G und Eko Fresh bestehen?

Rolling G (Rapper)

"Ich wünsche mir, dass ich und jeder andere Mensch mit Beeinträchtigung, sich keine Kopfschmerzen darum machen muss, wo er hingeht."

Eko Fresh: Ich schätze Rolling G als Rapper. Ich habe ihn als Rapper ausgesucht. Ich wusste, dass er zu dieser Aktion passt. Allerdings hat das nichts damit zu tun, was ich von seinen Rap-Skills oder von seinem Rap-Können halte. Das, finde ich, ist außergewöhnlich. Das weiß er aber auch von mir. Von daher ist es für mich selbstverständlich, dass er einfach jetzt in meinem Kreis von Leuten ist, mit denen ich Musik mache. Wenn er das möchte, bin ich immer am Start.

DOMRADIO.DE: Am 5. Mai war der europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Was wünscht sich der Rapper Rolling G im Blick auf die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Was soll ganz schnell passieren?

Rolling G: Ich wünsche mir, dass ich und jeder andere Mensch mit Beeinträchtigung, unabhängig von welcher Beeinträchtigung, sich keine Kopfschmerzen darum machen muss, wo er hingeht, keine Umwege bedenken muss, keine Bordsteine bedenken muss. Dass man einfach rausgehen kann und am Leben teilhaben kann wie jeder andere auch. Das wäre wundervoll.

Da sind wir lange noch nicht. Ich sage immer provokativ "Deutschland ist ein Entwicklungsland", was Barrierefreiheit angeht. Aber wenn wir da irgendwann hinkommen und wenn der Song dazu beiträgt, haben wir schon viel erreicht.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR