Entschädigungsstelle der Kirche Frankreichs gibt Zahlen bekannt

765 Entscheidungen getroffen

Die Untersuchung zu Missbrauch in der Kirche Frankreichs hat 2021 große Wellen geschlagen. Die französischen Bischöfe haben daraufhin eine Stelle für Entschädigungen eingerichtet. Diese veröffentlichte nun einen Bericht mit Details.

Blick über Paris / © Felix Lipov (shutterstock)

Innerhalb von drei Jahren haben sich in Frankreich fast 1.600 Personen gemeldet, die mutmaßlich im Kontext der katholischen
Kirche missbraucht worden sind. 

Bei der Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts in Paris teilte die Unabhängige nationale Instanz für Anerkennung und Wiedergutmachung (Instance nationale indépendante de reconnaissance et de reparation, kurz: INIRR) am Dienstag mit, sie habe mehr als 1.200 Personen betreut, die keine gerichtliche Entscheidung mehr herbeiführen können.

Insgesamt habe die Entschädigungskommission inzwischen 765 Entscheidungen getroffen - in 99 Prozent der Fälle für eine finanzielle Entschädigung. Angesichts der Schwere der Gewalt sei in 132 Fällen der Höchstsatz von 60.000 Euro gezahlt worden. Seit 2022 hätten 43 Prozent der Missbrauchsopfer mehr als 40.000 Euro an Wiedergutmachungsleistungen zugesprochen bekommen.

Antragsteller meist rund 60 Jahre alt

Die meisten Meldungen habe es zu Beginn der INIRR-Tätigkeit, im Jahr 2022 gegeben; im vergangenen Jahr seien von mutmaßlichen Opfern 168 Anträge gestellt worden. Besonders viele Betroffene hätten sich im Februar und März gemeldet: Während der Monatsschnitt sonst bei etwa zehn Meldungen liege, waren es im Februar 32 und im März 27. Grund dafür sei das Bekanntwerden von Vorwürfen physischer und sexueller Gewalt an einer katholischen Schule in Südfrankreich, erklärte die INIRR-Vorsitzende Marie Derain de Vaucresson nach übereinstimmenden Medienberichten.

Die Evangelische Kirche in Deutschland veröffentlicht im Januar 2024 eine umfassende Studie zum Thema sexualisierte Gewalt / © Heike Lyding (epd)
Die Evangelische Kirche in Deutschland veröffentlicht im Januar 2024 eine umfassende Studie zum Thema sexualisierte Gewalt / © Heike Lyding ( (Link ist extern)epd )

Aus dem INIRR-Jahresbericht geht hervor, dass 66 Prozent der Missbrauchsopfer männlich sind. Die meisten Antragsteller bei INIRR seien zwischen 61 und 70 Jahre alt (30 Prozent). Zum Zeitpunkt des ersten sexuellen Missbrauchs waren 52 Prozent von ihnen zwischen 11 und 15 Jahre alt, 42 Prozent zwischen 6 und 10 Jahre. Die meisten Opfer (52 Prozent) waren zwischen einem und fünf Jahren den sexuellen Übergriffen ausgesetzt.

Die INIRR wurde im Anschluss an die Veröffentlichung des Unabhängigen Berichts über Missbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich 2021 von der Französischen Bischofskonferenz eingerichtet. Der Untersuchung zufolge gab es seit 1950 rund 216.000 minderjährige Opfer sexueller Übergriffe durch Priester und Ordensleute.

Kirche in Frankreich

Die katholische Kirche in Frankreich zählt zu den traditionsreichsten und geistesgeschichtlich wichtigsten in Europa. Marksteine ihrer reichen Geschichte sind etwa für das christliche Mittelalter die Taufe von Frankenkönig Chlodwig, die Reichskirche Karls des Großen ("Charlemagne"), die großen Ordensbewegungen und das "Zeitalter der Kathedralen"; weiter die Religionskriege des 16./17. Jahrhunderts, die nationalkirchliche Strömung des "Gallikanismus", die Aufklärung und die Französische Revolution. Zu Frankreichs Kulturerbe gehören ungezählte Klöster und Kathedralen von Weltrang.

Französische Fahne / © Rick Hawkins (shutterstock)