Entsetzen und Appelle nach Massaker an Christen in Nigeria

Untersuchung notwendig

Es geht um Land und Wasser – aber immer mehr wird auch die Religion zum Treibsatz für den Konflikt zwischen muslimischen Hirten und christlichen Bauern in Nigeria. Ein Massaker an fast 200 Christen sorgt für Entsetzen.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Ein Mann betet für die Opfer des Anschlags auf eine Kirche in Nigeria / © ariyo olasunkanmi (shutterstock)
Ein Mann betet für die Opfer des Anschlags auf eine Kirche in Nigeria / © ariyo olasunkanmi ( shutterstock )

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat das Massaker an fast 200 christlichen Dorfbewohnern im Norden Nigerias verurteilt. "Ich fordere die nigerianischen Behörden auf, diesen Vorfall unverzüglich, gründlich und unabhängig zu untersuchen", erklärte Türk am Donnerstag in Genf. 

UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk / © Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE (dpa)
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk / © Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE ( dpa )

Die Täter müssten in fairen Verfahren zur Verantwortung gezogen und der Kreislauf aus Straflosigkeit und neuer Gewalt dringend durchbrochen werden. 

Zudem müsse Nigerias Regierung die Ursachen des dahinter liegenden Konflikts angehen. Auf den christlichen Hintergrund der Opfer ging Türk nicht ein.

Religion instrumentalisiert 

Bewaffnete hatten an Weihnachten mehrere von Christen bewohnte Dörfer überfallen und ein Blutbad angerichtet. 

Laut örtlichen Medienberichten wurden mindestens 198 Menschen getötet. Ebenso viele Häuser seien zerstört worden. Bei den meisten Opfern soll es sich um Frauen und Kinder handeln. 

Überlebende beschuldigten muslimische Fulani-Hirten als Täter. Der jahrzehntelange Konflikt um den Zugang zu Land und Wasser mit Tausenden Toten hat sich in den zurückliegenden Jahren verschärft. Zunehmend wird die Zugehörigkeit zur jeweiligen Religion instrumentalisiert.

missio Aachen entsetzt 

Das katholische Hilfswerk missio Aachen zeigte sich entsetzt über die jüngsten Überfälle. "Wir sind in Gebet und Solidarität mit denAngehörigen der Opfer, unseren Partnern und Glaubensgeschwistern in Nigeria verbunden", sagte der Präsident von missio Aachen, Dirk Bingener, am Donnerstag. 

Dirk Bingener / © Julia Steinbrecht (KNA)
Dirk Bingener / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Seit Jahren kommt es immer wieder zu solchen Gewalttaten. Insbesondere an den Weihnachtsfeiertagen hätte es von Seiten der nigerianischen Sicherheitsbehörden eines wirksamen Schutzes bedurft", kritisierte der Pfarrer.

Kein ausreichender Schutz

Nach den Angriffen kam von christlicher Seite harte Kritik an den Behörden, die keinen ausreichenden Schutz von Christen gewährleisteten. 

Auch Partner von missio Aachen in Nigeria fordern wirksame staatliche Sicherheitsgarantien.

"Dazu gehören dieEinführung strengerer Sicherheitsmaßnahmen, die strafrechtliche Verfolgung von Gewalttätern und die Beseitigung der Ursachen fürreligiöse Spannungen im Land", sagte Bischof Stephen Mamza aus dem nordostnigerianischen Yola laut missio.

Wirtschaft und Regierung verantwortlich

Erzbischof Ignatius Kaigama aus Nigerias Hauptstadt Abuja, der selbst zwischen 2000 und 2019 Erzbischof von Jos im jetzt betroffenen Bundesstaat Plateau war, macht die wirtschaftliche Krise und die schlechte Regierungsführung für die andauernde politisch-religiös motivierte Gewalt verantwortlich.

Parteiführer und Parteien seien derzeit allein mit der Konsolidierung ihrer Macht nach den Wahlen und laufenden Gerichtsverfahren beschäftigt, sagte er missio Aachen. "Unsere Kirchen müssen angemessen geschützt werden."

Christen in Nigeria

Der Anteil der Christen in Nigeria wird mit 40, teils mit über 48 Prozent angegeben. Fest steht: Die christliche Gemeinschaft nahm in den vergangenen fünf Jahrzehnten stark zu und ist die größte auf dem afrikanischen Kontinent. Katholiken machen laut vatikanischen Zahlen gut 15 Prozent aus; sie sind in 50 (Erz-)Bistümern und zwei Apostolischen Vikariaten organisiert. Andere starke Gruppen bilden die protestantischen Kirchen und die anglikanische Kirche.

Gottesdienst in Nigeria / © Katrin Gänsler (KNA)
Gottesdienst in Nigeria / © Katrin Gänsler ( KNA )
Quelle:
KNA