Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat mit dem Bundesinnenministerium, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Ländern vereinfachte Zuwanderungsregelungen für Juden aus der Ukraine vereinbart. "Dadurch soll sichergestellt werden, dass die jüdische Zuwanderung trotz des Krieges in der Ukraine weiterhin möglich ist", teilte der Zentralrat am Freitag in Berlin mit. Eine geänderte Anordnung sei am selben Tag erlassen worden.
Juden können direkt bei Ortsgemeinde Antrag stellen
Demnach können Juden aus der Ukraine Anträge auf Zuwanderung jetzt auch in Deutschland stellen. Bisher musste dies im Herkunftsland bei der Deutschen Botschaft geschehen. "Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist das jedoch nicht mehr umsetzbar. Auch bereits laufende Anträge können seitdem nicht mehr in der Ukraine bearbeitet werden. Die neue Anordnung trägt dieser Situation Rechnung", hieß es.
Menschen jüdischer Abstammung aus der Ukraine können den Angaben zufolge einen Antrag auf jüdische Zuwanderung direkt in Deutschland bei der örtlichen jüdischen Gemeinde stellen. Diese nehme die Anträge entgegen und leite sie zur Prüfung weiter. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die jüdische Zuwanderung erfüllt seien, treffe dann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
"Dankbar für die rasche und unkomplizierte Umsetzung"
Die Antragsteller müssen demnach am 24. Februar 2022 einen Wohnsitz oder ihren "gewöhnlichen Aufenthalt" in der Ukraine gehabt haben, ukrainische Staatsangehörige sein oder sich zu Kriegsbeginn rechtmäßig beziehungsweise mit einem gültigen Aufenthaltstitel in der Ukraine aufgehalten haben. Ihre jüdische Abstammung müssten sie mit Originaldokumenten belegen. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung müssen die Antragsteller weder eine positive Integrationsprognose vorweisen noch Deutschkenntnisse haben.
"Wir sind Bundesinnenministerin Nancy Faeser und den Ländern sehr dankbar für die rasche und unkomplizierte Umsetzung der geänderten Anordnung. Für viele Juden aus der Ukraine ist Deutschland jetzt ein sicherer Zufluchtsort und vielleicht eine neue Heimat", betonte Zentralratspräsident Josef Schuster. "Das ist angesichts der deutschen Geschichte keine Selbstverständlichkeit. Doch Deutschland kommt seiner historischen Verantwortung nach und öffnet seine Türen für jüdische Vertriebene." Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland sei froh, die Menschen zu unterstützen.
Hilfsbereitschaft für Geflüchtete ist überwältigend
Auch die "Welt am Sonntag" berichtet über die neuen Regelungen. Eine genaue Zahl jüdischer Geflüchteter aus der Ukraine, die sich an die Gemeinden in Deutschland gewandt hätten, liege bisher nicht vor, sagte Schuster der Zeitung. Das Bedürfnis nach Rat und Unterstützung sei hoch. Zahlreiche aus der Ukraine geflüchtete Juden hätten Verwandte in Deutschland und wählten dementsprechend ihren Aufenthaltsort.
"Die jüdischen Gemeinden, der Zentralrat der Juden, der jüdische Wohlfahrtsverband ZWST und zahlreiche jüdische Organisationen engagieren sich unermüdlich, um humanitäre Hilfe hier und in der Ukraine zu leisten. Diese Hilfsbereitschaft, aber auch das große Engagement der Gesamtgesellschaft, ist überwältigend", betonte der Zentralratspräsident.