Zum zweiten Mal in dieser Woche sind in Syrien humanitäre Helfer angegriffen worden. Fünf Ambulanz-Mitarbeiter seien am Dienstagabend bei einem Angriff auf ein Krankenhaus nahe Aleppo getötet worden, teilte die in Paris ansässige Hilfsorganisation "Union of Medical Care and Relief Organizations" (UOSSM) am Mittwoch per Twitter mit.
Am Montag wurde bereits ein UN-Hilfskonvoi nordwestlich von Aleppo angegriffen. Die Bundesregierung bezeichnete die Angriffe als "Kriegsverbrechen" und drang auf eine Wiederherstellung der Waffenruhe.
Scharfe Kritik auch von der Bundeskanzlerin
Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer unterstrich am Mittwoch in Berlin die Bedeutung einer politischen Lösung des Konflikts. Eine militärische Lösung werde es nicht geben.Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe Angriff vom Montag scharf verurteilt. "Gezielte Angriffe auf humanitäre Lieferungen sind Kriegsverbrechen", betonte Sprecherin Demmer.
"Offensichtlich besteht aufseiten des Regimes und seiner Verbündeten kaum Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts", fügte sie hinzu. Eine Waffenruhe sei unabdingbar für die humanitäre Versorgung der Bevölkerung in den belagerten Gebieten.
Nach Informationen des britischen Senders BBC soll bei dem Luftangriff am Dienstag neben dem Tod der fünf Helfer auch ein Krankenhaus komplett zerstört worden sein. Die Angriffe seien "kein Zufall" sagte UOSSM-Chef Zaydoun al Zoubi der BBC. Jemand versuche den humanitären Helfern zu signalisieren, dass sie in Syrien nicht willkommen seien und ins Visier genommen würden.
Einstellung der Hilfslieferungen
Bei dem Angriff auf den UN-Hilfskonvoi am Montag waren nach Angaben der beteiligten Hilfsorganisationen etwa 20 Zivilisten und ein Mitarbeiter des Syrisch-Arabischen Roten Halbmondes getötet worden. Als Reaktion stellten die Vereinten Nationen und das Rote Kreuz alle Hilfslieferungen in Syrien vorübergehend ein.
Nach Einschätzung der Malteser wird das Aussetzen der UN-Hilfslieferungen die Lage der Bevölkerung weiter verschlimmern. Der jüngste Vorfall reihe sich ein in eine lange Folge von gezielten Angriffen auf medizinische und soziale Infrastruktur in der Region Aleppo, sagte die Ländergruppenleiterin für die Region Nahost, Janine Lietmeyer, am Mittwoch. Am Dienstag seien mindestens 30 Fassbomben über Ost-Aleppo abgeworfen worden. Lietmeyer sprach von einer "neuen Welle der Gewalt". Sie habe die Malteser-Partner vor Ort gefragt, was man tun könnte." Die Antwort war sehr einfach: Betet für uns."
18 Lastwagen mit Hilfslieferungen
Bei dem Angriff am Montagabend waren 18 Lastwagen mit Hilfslieferungen der Vereinten Nationen und des Roten Halbmondes sowie ein Lagerhaus für Hilfsgüter des Roten Halbmondes in Orum al-Kubra nahe Aleppo beschädigt worden. Dabei sind nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes viele freiwillige Helfer und Mitarbeiter des Syrischen Arabischen Roten Halbmondes sowie einige türkische Fahrer getötet worden. Mit dem Konvoi hätten 78.000 Menschen in der Region mit Hilfsgütern versorgt werden sollen. Mit dem "abscheulichen Angriff" seien ein weiteres Mal die dringenden Hilfslieferungen verhindert worden, sagte die Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Offensichtlich hätten die beteiligten Kriegsparteien wie die syrische Regierung kein ernsthaftes Interesse an einem Ende des Konflikts. Die Täter müssten schnellstmöglich zur Verantwortung gezogen werden, fügte Demmer hinzu.
Anfang vergangener Woche war in dem Bürgerkriegsland eine Waffenruhe in Kraft getreten, die aber inzwischen vom Assad-Regime aufgekündigt worden ist. In dem Konflikt, der 2011 ausbrach, kämpfen Präsident Baschar al-Assad, Rebellengruppen und Terrormilizen um die Macht. Schätzungsweise 300.000 Menschen wurden bislang getötet, rund fünf Millionen Syrer haben ihr Land verlassen. Russland unterstützt Assad. Die USA helfen Rebellengruppen.