Caritas-Chef Neher rechnet mit EU-Asylpolitik ab

Ernüchternd, enttäuschend, beschämend

Caritas-Chef Peter Neher sieht bei der neuen EU-Kommission keine Fortschritte hin zu einer gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik. Einer gesamteuropäischen Lösung sei man im Jahr 2020 keinen Schritt näher gekommen.

Asylsuchender in einem Ankerzentrum / © Karl-Josef Hildenbrand (dpa)
Asylsuchender in einem Ankerzentrum / © Karl-Josef Hildenbrand ( dpa )

"Das ist ernüchternd, enttäuschend und auch beschämend. Die EU-Solidarität scheint allein darin zu bestehen, dass sich die Staaten gegenseitig bei der Abschiebung von Flüchtlingen unterstützen", sagte Neher am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. Die mit der Kommission und ihrer Präsidentin Ursula von der Leyen verknüpften Hoffnungen zur Asylpolitik seien enttäuscht worden.

Besonders deutlich werde das Versagen Europas im Blick auf die Situation auf Lesbos, so Neher. Die Geflüchteten und Migranten müssten menschenwürdig untergebracht werden, forderte er. "In Moria gab es immerhin noch Waschcontainer, im neuen Camp stehen nur winteruntaugliche Zelte, welche die Menschen kaum vor dem Wetter schützen. Die EU darf nicht noch einmal sehenden Auges eine Katastrophe zulassen."

Scharfe Kritik an Blockade-Staaten

Der Caritas-Präsident würdigte zugleich die Anstrengungen der Bundesregierung, mehr junge Geflüchtete und Familien aufzunehmen, etwa im Zuge von Resettlement-Programmen. "Aber das sind keine langfristigen politischen Lösungen."

Neher forderte, die Blockade durch Staaten wie Ungarn, Polen oder Slowakei zu überwinden. "Wir brauchen deshalb bei der Asyl- und Migrationspolitik ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die Staaten, die bereit sind, mehr zu tun, müssen endlich voran gehen. Und unsere Hoffnung ist, dass dann auch andere Länder nachziehen."

Caritas Deutschland

Der Deutsche Caritasverband (DCV) ist der größte Wohlfahrtsverband Europas. Die Dachorganisation katholischer Sozialeinrichtungen setzt sich für Menschen in Not ein. Mit rund 690.000 hauptamtlichen Mitarbeitern - 80 Prozent sind Frauen - ist die Caritas zudem der größte private Arbeitgeber in Deutschland. Der Begriff "caritas" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Nächstenliebe. Sitz des 1897 gegründeten Verbands ist Freiburg. Wichtige Bedeutung haben die Büros in Berlin und Brüssel.

Hinweisschild der Caritas / © Michael Althaus (KNA)
Hinweisschild der Caritas / © Michael Althaus ( KNA )
Quelle:
KNA