Kölner Gemeinde will Gottesdienst attraktiver gestalten

Erst Frühstück, dann Eucharistie

Wie kann man den Sonntagsgottesdienst attraktiver gestalten? Das fragte sich eine Kölner Innenstadtgemeinde. Dabei herausgekommen ist ein Konzept unter dem Titel "Mittelpunkt". Das Experiment geht in eine neue Runde. Was beinhaltet es?

Kind in einem Gottesdienst / © Harald Oppitz (KNA)
Kind in einem Gottesdienst / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was genau passiert denn an diesem Sonntag in Ihrer Gemeinde?

Tobias Wolf (Gemeindereferent an Herz Jesu und St. Mauritius Köln): Die Leute sind zunächst ab 10 Uhr zum Frühstück eingeladen. Alles, was man so braucht, ist da. Manche bringen aber auch noch was mit. Die Leute kommen nach und nach, wie es ihnen passt. Wir begrüßen sie und versuchen von Anfang an, eine freundliche Stimmung zu vermitteln.

Es stehen Tische in der Kirche. Das ist vielleicht etwas, was erst mal irritiert. Aber die meisten Leute finden es ganz gut. Dann ist Zeit zum Frühstück. Danach gibt es verschiedene Teilgruppen oder Workshops, wo wir Angebote machen, sich mit dem Thema des Tages auseinanderzusetzen. Am Sonntag lautet es: "Wo dein Schatz ist, ist auch dein Herz". Man kann über den Text sprechen oder das Thema kreativ mit Malen oder Basteln umsetzen. Wir singen auch. Und all das soll hinterher in die Eucharistiefeier einfließen und diese gestalten.

DOMRADIO.DE: Es ist also ein Workshop am Sonntagvormittag mit Messe und Frühstück. Das Ganze ist natürlich ein Experiment. Wie sind Sie darauf gekommen, das zu machen?

Wolf: Das hat mehrere Komponenten. Zum einen darf ich momentan eine Fortbildung vom Erzbistum aus machen, die richtig gut ist. Da gab es tolle Referenten und tolle Kollegen, die ein bisschen daran mitgedacht und das mitentwickelt haben.

Zum anderen kamen aus der Gemeinde verschiedene Wünsche im letzten Jahr. Wir wollen gemeinsam feiern. Wir wollen qualitativ Zeit verbringen. Wir wollen über unseren Glauben sprechen. Und wir wollen im Gottesdienst mehr vorkommen. All das passte irgendwie zusammen und hat sich so ergeben.

DOMRADIO.DE: Heißt das, mit einem Otto-Normal-Sonntagsgottesdienst kann man die Leute nicht mehr in die Kirche locken?

Wolf: Vielleicht locken wir einfach andere als die, die sonst in den Sonntagsgottesdienst gehen.

DOMRADIO.DE: Ganz viele Gemeinden besonders in der Kölner Innenstadt suchen nach ihren ganz spezifischen Schwerpunkten. Da gibt es zum Beispiel die Kirche der Künstler. Es gibt die Kirche, in der eher konservativ und eine andere, in der eher liberal gepredigt wird. Es gibt so etwas wie eine Sozialkirche im sozialen Brennpunkt. Braucht man das heute, Alleinstellungsmerkmale als Gemeinde, die noch gut funktioniert?

Wolf: Ich glaube schon. Gerade bei der Dichte, die wir hier in Köln haben, macht es keinen Sinn, dass wir alle versuchen, für alle alles zu sein. Wir müssen auch uns selbst gegenüber ehrlich sein, dass jeder von uns nur für bestimmte Gruppen interessant ist und die ansprechen kann. Das auszunutzen und auszuspielen und noch verstärkt darauf zu setzen, kann schon eine Chance sein.

DOMRADIO.DE: Dieses Experiment hat schon letzten Monat stattgefunden. Wie war denn da die Resonanz?

Wolf: Die Resonanz war sehr gut. Ich hatte das Gefühl, dass die Menschen wirklich anders im Gottesdienst saßen und sich bewusst waren, mit wem sie da sitzen, als es sonst der Fall gewesen wäre. Es sind sehr persönliche Dinge ausgetauscht worden, wobei man das natürlich nicht musste. Man konnte sich an jeder Stelle rausziehen und auswählen, was man mitmachen möchte.

Der Gottesdienst war sehr lebendig. Es dauerte zweieinhalb Stunden. Die Leute und auch viele Kinder waren sehr andächtig und konzentriert. Das war eine sehr schöne Atmosphäre.

DOMRADIO.DE: Was würden Sie denn engagierten Laien raten, die etwas Vergleichbares vielleicht in ihrer Gemeinde umsetzen möchten?

Wolf: Auf jeden Fall nicht zu schnell aufgeben und sich Leute suchen, die mitmachen. Natürlich ist es gut, wenn das Hauptamtliche sind, die Ressourcen zur Verfügung stellen können. Man sollte sich nicht unterkriegen lassen, wenn der Erste absagt, sondern dann den Zweiten und Dritten fragen.

Das Interview führte Verena Tröster.

 

Quelle:
DR