Erste Deutsche Islamkonferenz wird als Erfolg gewertet

Gemeinsam in die Oper

Mit dem erfolgreichen Beginn der ersten Deutschen Islamkonferenz ist der Dialog von Staat und deutschen Muslimen in Bewegung geraten. Befürchtungen, die muslimischen Verbände könnten die Konferenz wegen der umstrittenen Einladungspraxis des Bundesinnenministeriums platzen lassen, bestätigten sich am Mittwoch nicht.

Kardinal Meisner: Fordert katholisches Gotteshaus in Saudi-Arabien (DR)
Kardinal Meisner: Fordert katholisches Gotteshaus in Saudi-Arabien / ( DR )

Mit dem erfolgreichen Beginn der ersten Deutschen Islamkonferenz ist der Dialog von Staat und deutschen Muslimen in Bewegung geraten. Befürchtungen, die muslimischen Verbände könnten die Konferenz wegen der umstrittenen Einladungspraxis des Bundesinnenministeriums platzen lassen, bestätigten sich am Mittwoch nicht. Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, alle Teilnehmer hätten sich dafür ausgesprochen, dieses Projekt „mit möglichst viel Leben erfüllen" zu wollen. Vertreter der über drei Millionen deutschen Muslime stimmten dieser Einschätzung zu. Die Konferenz sprach sich auch für eine Wiederaufnahme der Mozart-Oper „Idomeneo" in den Spielplan der Deutschen Oper Berlin aus. Die Konferenzteilnehmer wollen die Aufführung der Oper gemeinsam besuchen. Auch der Islamexperte Dr. Andreas Jacobs von der Konrad-Adenauer-Stiftung nahm an der Auftaktveranstaltung teil und bewertet den Auftakt positiv. Der Kölner Kardinal Meisner zeigt sich im Vorfeld der Konferenz enttäuscht über ausbleibende Reaktionen deutscher Muslime nach Anschlägen auf Christen.


Auftakt zu mehrjährigem Dialog mit Opernbesuch
Die Veranstaltung im Berliner Schloss Charlottenburg mit je 15 Vertretern beider Seiten bildete den Auftakt zu einem mehrjährigen Dialog. Am 8. und 9. November sollen in Nürnberg erstmals mehrere Arbeitsgruppen tagen.
Schäuble sprach nach dem ersten Treffen von einer „sehr intensiven Diskussion", an der sich alle Vertreter der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland beteiligt hätten. Die „sehr offene Aussprache" sei „nicht immer harmonisch" verlaufen, aber in einem „sehr toleranten Ton". „Geknirscht" habe es etwa in der Frage des Sportunterrichts für islamische Mädchen.

Alle Beteiligten der Konferenz hätten sich auf den Dialogprozess eingelassen, sagte Schäuble: „Es war ein guter Auftakt." Seine Einladungsliste sei nicht „unbestritten" gewesen, räumte der Minister ein. Am Schluss hätten aber alle gesagt: „Auf dieser Grundlage machen wir weiter."

Nach den Worten Schäubles sprach sich die Konferenz für eine Wiederaufnahme der Mozart-Oper „Idomeneo" in den Spielplan der Deutschen Oper Berlin aus. Die Konferenzteilnehmer würden die Aufführung der Oper gern gemeinsam besuchen. Schäuble kritisierte erneut die Ansetzung der Oper: „Mit der Kunstfreiheit ist es wie mit dem Folterverbot. Man darf gar nicht erst anfangen, mit den Augen zu zwinkern."
Positive Resonanzen
Bekir Alboga von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion sagte, bei dem Treffen habe eine Atmosphäre der freiheitlich demokratisch geprägten Streitkultur geherrscht. Die Muslime hätten ihre Bereitschaft zur konstruktiven Mitarbeit erklärt, die vier beteiligten Dachverbände wollten eng zusammenarbeiten. Bereits jetzt werde in den Ländern „heftig" an Lehrplänen für deutschen Islamunterricht gearbeitet.
Der Generalsekretär des Europäischen Integrationszentrums Berlin, Badr Mohammed, sprach von einem „historischen Durchbruch" bei der interkulturellen Öffnung der deutschen Gesellschaft. Die deutschen Muslime müssten jetzt „sichtbar" gemacht werden.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) verwies darauf, dass es auch innerhalb der Muslime heftige Debatten gebe, etwa über die Rolle der Frau. Berlins Innensenator Innensenator Ehrhart Körting (SPD) lobte, fast alle muslimischen Teilnehmer der Konferenz hätten das Bekenntnis abgelegt," dass dies unser Staat ist und dass wir diesen Staat leben". Es gebe aber auch islamische Verbände in Deutschland, die das Verhältnis von Staats und Religion anders definierten. „Wir haben einen guten Schritt getan, aber wir haben noch einen mühsamen Weg vor uns", sagte Körting. Der „Dammstich" sei gemacht, aber „der Damm noch nicht beseitigt".

In Deutschland leben nach Angaben des Innenministeriums 3,2 bis 3,5 Millionen Muslime. Nur zehn bis 15 Prozent seien in muslimische Organisationen eingebunden. 1,8 Millionen der in Deutschland lebenden Muslime sind türkischer Abstammung. 80 Prozent der Muslime in Deutschland gehören der sunnitischen Glaubensrichtung an. 17 Prozent sind Aleviten und drei Prozent Schiiten.

Wie geht es weiter mit der Deutschen Islamkonferenz?
Die Deutsche Islam-Konferenz vom Mittwoch bildete den Auftakt zu einem mehrjährigen Dialog. Am 8./9. November sollen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Nürnberg drei Arbeitsgruppen und ein Gesprächskreis die Detailberatungen aufnehmen.

Die Arbeitsgruppe „Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens" soll sich unter anderem mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau, Fragen der Familie und Erziehung, der Akzeptanz der Vielfalt demokratischer Kulturen und der Säkularisierung befassen.

Eine zweite Arbeitsgruppe steht unter der Überschrift „Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis". Hier soll es um die Trennung von Kirche und Staat, den Umgang mit religiösen Symbolen, den Bau von Moscheen sowie den Islamunterricht in deutscher Sprache gehen.

In der Arbeitsgruppe „Wirtschaft und Medien als Brücke" sollen eine Verbesserung der Chancen von Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt und die Beschäftigung von Muslimen im öffentlichen Dienst beraten werden. Hier soll es auch um den Abbau von Vorurteilen in türkischen und deutschen Medien gehen.

Im Gesprächskreis „Sicherheit und Islamismus" werden Fragen der inneren Sicherheit, islamistische Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie die Prävention und Aufdeckung islamistischer Gewalttaten erörtert.

Kardinal Meisner: „Die Vorlesung des Papstes hat gezeigt, was auch hinter dem Islam steckt."
Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meiser äußerte sich im Vorfeld der Islamkonferenz in Berlin gegenüber dem domradio. Er sei enttäuscht über die ausgebliebene Reaktion auf den Tod einer katholischen Ordensschwester in Somalia: „Ich bin traurig, dass die Muslime in Deutschland nicht einmütig aufgeschrieen haben: Wir bitten um Entschuldigung und Vergebung, dass der Islam sich in einer so krassen Form darstellt." Die Ordensfrau war vor anderthalb Wochen in der somalischen Hauptstadt Mogadischu ermordet worden. Die Tat stand vermutlich im Zusammenhang mit muslimischen Protesten gegen die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI.
Die Beziehung zwischen Muslimen und Christen ist außerplanmäßig zum zentralen Thema der Bischofskonferenz in Fulda geworden. Der Kölner Kardinal sprach dort die Hoffnung aus, dass die gegenseitige Toleranz nicht nur hier in Deutschland, sondern auch in den arabischen Ländern zunehme: „Ich hoffe immer noch, dass nach der Fertigstellung der Moschee in Köln nun endlich ein katholisches Gotteshaus auch in Saudi-Arabien errichtet" werden kann. Es mache den Islam in Deutschland verdächtig, dass in vorwiegend islamischen Ländern Christen in einer Weise diskriminiert würden, die „für uns unvorstellbar" sei.
(ddp,epd,dr)