Erster Bischof für queere Seelsorge sieht Öffnung der Kirche

Netzwerker sein

Der erste Beauftragte für queere Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz, der Essener Weihbischof Ludger Schepers, erkennt einen Wandel in seiner Kirche. Seine Beauftragung sei ein Startschuss für mehr Offenheit für queere Themen.

Vier brennende Kerzen stehen in einer Schale neben einer Regenbogenfahne auf den Altarstufen während eines Gottesdienstes zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in der Kirche Sankt Paul am 13. März 2022 in München. / © Robert Kiderle (KNA)
Vier brennende Kerzen stehen in einer Schale neben einer Regenbogenfahne auf den Altarstufen während eines Gottesdienstes zum 20-jährigen Bestehen von Queer-Gottesdiensten in der Kirche Sankt Paul am 13. März 2022 in München. / © Robert Kiderle ( KNA )

Der erste Beauftragte für queere Pastoral der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, der Essener Weihbischof Ludger Schepers (70), erkennt einen Wandel in seiner Kirche. Seine Beauftragung sei ein Startschuss für mehr Offenheit für queere Themen in der katholischen Kirche, sagte er in einem Interview des Deutschlandfunks am Dienstag. "Da wird in den nächsten Monaten sicherlich manches auf den Tisch kommen, was dann offen diskutiert werden kann."

Weihbischof Ludger Schepers / © Julia Steinbrecht (KNA)
Weihbischof Ludger Schepers / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Bislang verdränge die Kirche solche Themen aus verschiedenen Gründen, so Schepers. Dabei gebe die kirchliche Lehre vor, niemanden aufgrund seiner geschlechtlichen Orientierung zu diskriminieren. Auch viele queere Menschen wollten ihren Glauben leben und die Kirche nicht abschreiben. Für sie wolle er in seinem neuen Amt als Netzwerker wirken.

Erste Öffnung des Vatikans?

Laut Schepers gibt es bereits kirchliche Gruppen, die sich mit queeren Themen auseinandersetzen. Aufbauend auf dem Reformprojekt Synodaler Weg müssten diese Ansätze nun weiterverfolgt werden. In vielen Bistümern gebe es bereits Adressen, an die sich queere Menschen oder Menschen mit Fragen zum Thema wenden könnten. 

Seine Aufgabe sei es auch zu klären, was schwul, lesbisch, trans oder queer eigentlich bedeute. Vorurteile und Ängste könnten nur dort genommen werden, wo man darüber rede und Bildungsangebote mache. Auch die päpstliche Erlaubnis für die Segnung homosexueller Paare ("Fiducia supplicans") bewertet der Weihbischof als Öffnung des Vatikans.

Bibel nicht gegen Homosexualität 

Die Kirche müsse den Menschen eine Antwort auf queere Fragen geben können, führte Schepers aus. Dabei dürfe die Deutsche Bischofskonferenz in der Weltkirche aber nicht als Lehrmeister auftreten. Auch Deutschland befinde sich gegenüber queeren Menschen noch nicht lange auf einem toleranten Weg.

Die Kirche hierzulande könne allerdings darauf hinweisen, dass die Bibel Homosexualität nicht grundsätzlich verurteile. Es gelte, verständlich zu machen, dass traditionelle Werte wie Verantwortung in einer Partnerschaft und Verlässlichkeit geschlechtsneutral seien.

Seit kurzem im Amt

Die deutschen Bischöfe hatten bei ihrem Frühjahrstreffen im Februar Schepers als Beauftragten für die queere Pastoral benannt. Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt. Unter ihnen sind Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung die wohl größte Gruppe.

Schepers wurde am 18. April 1953 in Oberhausen-Osterfeld geboren. Er empfing 1979 in Essen die Priesterweihe. Seit 2008 ist er Weihbischof im Ruhrbistum.

2022 mehr Angriffe gegen queere Menschen

Queere Menschen in Deutschland sind offenbar auch sechs Jahre nach Einführung der Ehe für alle von Gewalt bedroht. 2022 habe es einen Anstieg auf 1.400 solcher Straftaten gegeben, kritisierte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, am Mittwoch. "Die Dunkelziffer ist deutlich höher - täglich werden queere Menschen beleidigt, ausgegrenzt und bedroht", erklärte die Grünen-Politikerin anlässlich des Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit.

Im ostafrikanischen Kenia droht Homosexuellen eine Höchststrafe von 14 Jahren Gefängnis / © DisobeyArt (shutterstock)
Im ostafrikanischen Kenia droht Homosexuellen eine Höchststrafe von 14 Jahren Gefängnis / © DisobeyArt ( shutterstock )
Quelle:
KNA