Erster Zionistischer Weltkongress vor 125 Jahren in Basel

Heimstätte für jüdisches Volk in Palästina

Es war Theodor Herzl, der um die Jahrhundertwende an der Spitze der zionistischen Bewegung stand. 1897 trafen sich in Basel Gleichgesinnte - das Vorhaben, einen jüdischen Staat in Palästina zu errichten, nahm Fahrt auf.

Autor/in:
Leticia Witte
Blick auf Basel / © cge2010 (shutterstock)

Kürzlich ergab eine Umfrage, dass nur jeder Dritte in Deutschland den Begriff "Zionismus" richtig zuordnen kann. Der Name jener Bewegung für einen jüdischen Nationalstaat im früheren Palästina taucht zuweilen auch als antisemitische Chiffre auf.

Ein Jahrestag bietet Gelegenheit, das Dunkel zu erhellen und dubioses Geraune zu durchdringen: Vor 125 Jahren, am 29. August 1897, fand in Basel der erste Zionistische Weltkongress statt. Dazu sind in der schweizerischen Stadt und andernorts Veranstaltungen geplant.

Erster Zionistenkongress 1897 / © Gemeinfrei
Erster Zionistenkongress 1897 / © Gemeinfrei

Zentraler Akteur war Theodor Herzl: ein in Ungarn geborener, für eine Wiener Zeitung arbeitender Journalist und säkularer Jude. Ein Jahr vor dem Kongress hatte er die Schrift "Der Judenstaat" publiziert. Und der Ort, von dem aus die Vorstellung einer "öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina" für das jüdische Volk ihre politische Kraft entfaltete, war das Basler Stadtcasino.

Etwa 200 Teilnehmer versammelten sich dort auf Einladung Herzls und verabschiedeten das Basler Programm - in dem auch der Weg zum Ziel dargelegt wurde. Genannt wurde etwa eine "zweckdienliche Förderung der Besiedlung Palästinas mit jüdischen Ackerbauern, Handwerkern und Gewerbetreibenden" sowie eine "Stärkung des jüdischen Selbstgefühls und Volksbewusstseins".

Politische Idee

Als politische Idee kam der Zionismus Ende des 19. Jahrhunderts auf. Davor war er eher religiös ausgerichtet im Sinne einer erhofften Rückkehr nach Zion/Israel. Weltanschaulich war der Zionismus divers aufgestellt. Schon vor Herzl warben der Schriftsteller Moses Hess und einige andere für einen jüdischen Staat, aber ohne großen Widerhall.

Ende des 19. Jahrhunderts, als Nationalstaatsbewegungen in Europa blühten, stand der Zionismus unter dem Eindruck von Pogromen in Osteuropa und Russland. Antisemitismus gab es jedoch in fast ganz Europa. Als Korrespondent in Paris erlebte Herzl die Affäre um den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus, der fälschlich als Spion für das Deutsche Reich angeklagt wurde. Herzl wurde Zeuge des Judenhasses. Für ihn stand fest: Juden würden immer angefeindet werden. Als Ausweg sah er einen eigenen Staat.

Historische Entwicklung

Nicht jedes zionistische Konzept stieß auf Zustimmung: Ideen eines Staates in Argentinien und der sogenannte Uganda-Plan bekamen keine Mehrheit - man blickte eben auf das biblisch verheißene Land, wo immer noch Juden als Minderheit unter Arabern lebten. Fromme sahen vor dem Hintergrund eines prophezeiten Messias mit Argwohn auf den weltlichen Herzl. Assimilierte Juden wiederum fühlten sich als Staatsbürger ihrer jeweiligen Länder.

Überliefert ist ein Tagebucheintrag Herzls kurz nach dem Kongress: "In Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es Jeder einsehen." Bis zur offiziellen Gründung des Staates Israel 1948 sollten 51 Jahre vergehen. Diesen historischen Moment erlebte Herzl nicht mehr: Er starb 1904 im Alter von 44 Jahren.

Blick auf die israelische Siedlung Ma'ale Adumim / © Andrea Krogmann (KNA)
Blick auf die israelische Siedlung Ma'ale Adumim / © Andrea Krogmann ( KNA )

Bis zur Staatsgründung gab es weitere Zionistische Kongresse, diplomatische und finanzielle Bemühungen um Land sowie 1917 die Balfour-Erklärung. Darin bekundeten die Briten als Kriegsgegner des Osmanischen Reiches offiziell, "mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina" zu betrachten - gleichzeitig machten sie den Arabern taktische Versprechen. Bei der San-Remo-Konferenz 1920 mit den Siegermächten des Ersten Weltkriegs wurde Großbritannien das Mandat für Palästina übertragen, das der Völkerbund 1922 bestätigte.

Konflikt bis heute

Über die Jahrzehnte kam es zu Einwanderungswellen vor allem wegen antisemitischer Verfolgung, aber teils auch aus ökonomischen Gründen. Der Historiker Michael Brenner nennt die Zahl von etwa 80.000 Juden in Palästina bis zum Ersten Weltkrieg. Es entstanden kollektivistisch organisierte Kibbuzim, die Stadt Tel Aviv, und das Hebräische wurde wiederbelebt. In der NS-Zeit nahm die Einwanderung zu - und der gewaltsame Widerstand der Araber. Die Briten reagierten zunehmend mit einer Politik der verschlossenen Tür, selbst nach der Schoah. Zionistische Kämpfer antworteten mit Attentaten.

1947 votierte die UN-Vollversammlung gegen die Stimmen arabischer Länder mit einer Resolution für die Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat. Dazu kam es bekanntlich nicht, der Konflikt dauert bis heute an. Brenner schrieb einmal über den Zionismus: "Die einen sehen in ihm die Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes, den anderen gilt er als Ausgeburt des Kolonialismus und Imperialismus." 

Israel

Kinder mit israelischer Flagge (shutterstock)

Israel ist Einwandererland, Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Wiege zweier Weltreligionen. Ursprünglich agrarisch geprägt, hat sich das Land zu einer der führenden Hightech-Nationen der Welt entwickelt. Gleichzeitig ist die stark segmentierte Gesellschaft voller Gegensätze. Strengreligiöse treffen auf säkulare Israelis, europäischstämmige Juden auf jüdische Einwanderer aus arabischen Staaten, jüdische auf arabische Israelis.

Quelle:
KNA