"Zu viel Blut ist geflossen", so Gadecki im Gespräch mit dem italienischen Pressedienst SIR. Zudem wollten die Ukrainer von den Russen ein Schuldeingeständnis. Vielleicht könne man in 50 Jahren über eine mögliche Vergebung sprechen.
Der Erzbischof, der selbst vor wenigen Tagen in der Ukraine war, sieht eine fortgeschrittene Demokratisierung in der Ukraine als Hauptgrund für den Krieg. Russland habe Angst gehabt, dass diese Entwicklung überschwappen könnte. Im Zuge des Krieges habe das ukrainische Volk aber noch stärker zusammengefunden.
Kritik an Russlands Präsident Putin
Besonders paradox empfinde er das Verhalten des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegenüber den russischsprachigen Ukrainern, sagte Gadecki. Einerseits bestätige der russische Präsident, dass die Ukrainer Brüder der Russen seien; auf der anderen Seite würden vor allem die russischsprachigen Ukrainer Opfer der Angriffe - als ob sie die "schlechteren Feinde" seien.
Sein Versuch, Kontakt mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill I. aufzunehmen, sei wenig erfolgreich gewesen, berichtete Gadecki. Auf einen seiner Briefe habe ihm Metropolit Hilarion geantwortet, der Außenbeauftragte des russischen Patriarchats. Darin habe dieser unter anderem vorgeschlagen, dass Gadecki auf die polnische Bevölkerung im Sinne Russlands Einfluss nehmen solle. Er wisse aber, so Gadecki weiter, dass sich in der Ukraine infolge des Krieges etwa 20 Prozent der russisch-orthodoxen Christen vom Moskauer Patriarchen Kyrill I. abgewandt hätten.