In seinem eigenen Bistum reiben sich viele verwundert die Augen. Denn Schick ist lange nicht durch übermäßigen Reformeifer aufgefallen. Manch einer mutmaßt, der Erzbischof folge nur einem gefühlten Trend in der katholischen Kirche in Deutschland. Doch es lohnt ein genauerer Blick auf seine Äußerungen und ins Archiv.
Mai 2010: Der katholische Missbrauchskandal beherrscht seit knapp vier Monaten die Nachrichtenlage in Deutschland. Im Hamburger Magazin "Der Spiegel" erscheint ein Interview mit dem Bamberger Erzbischof. Auf die Frage, ob Priester heiraten dürfen sollen, antwortet er: "Ich wäre dafür, dass man ernsthaft darüber nachdenkt." Das sorgt für Schlagzeilen und anerkennende Reaktionen, bis hinauf zu Bundespräsident Horst Köhler auf dem Ökumenischen Kirchentag in München.
Zugängen zum Priesteramt schaffen
Viele Mitbrüder im Episkopat sind davon weniger angetan und werden bei einem Treffen des Ständigen Rats deutlich, wie hinterher berichtet wird. Im Anschluss betont der Erzbischof auffallend die Bedeutung der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester. Schnell macht der Vorwurf die Runde, da sei ein Oberhirte eingeknickt.
Doch Schick hat nie den Zölibat an sich abgelehnt. Auch heute unterstreicht er die Bedeutung dieser Lebensform. Ihm geht es nur darum, dass es auch andere Zugänge zum Priesteramt geben soll. Im Jahr 2018 etwa verweist er im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf die Möglichkeit der Zölibats-Dispens, wie sie heute schon verheirateten evangelischen Pfarrern erteilt wird, wenn sie konvertieren.
Spielräume nutzen
Schick ist von Haus aus Kirchenrechtler, einer der versiertesten unter den Bischöfen in Europa. Sein Rat wird sogar im Vatikan geschätzt, auch wenn die deutsche Reform der Kirchengerichtsbarkeit schon länger im Dickicht der römischen Kurie festhängt. Dem Bamberger Erzbischof ist wichtig, dass Regeln beachtet werden. Aus seiner Sicht bieten diese aber schon jetzt Spielräume, Beispiel Diakonatsweihe.
Benedikt XVI. habe die Definition des Diakonats in "Kraft, dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebe zu dienen" geändert, wie es in Canon 1009 Paragraf 3 des kirchlichen Gesetzbuchs heiße, schrieb Schick unlängst in einem Gastbeitrag für die "Fuldaer Zeitung". Seine Forderung daher: Die Weihe von Diakoninnen müsse geprüft und umgesetzt werden.
Erfahrung in der Weltkirche
Doch nicht nur das Kirchenrecht bemüht Schick beim Drängen auf Veränderungen. Aus 15 Jahren Erfahrung als Weltkirchen-Bischof der Deutschen Bischofskonferenz weiß er, dass das Frauenthema keine rein deutsche Angelegenheit ist, sondern auch in Asien und Afrika ansteht.
Mit seinen Vorschlägen steht Schick längst nicht mehr allein unter den deutschen Bischöfen da. Und wenn sie Anfang März in Vierzehnheiligen im Erzbistum Bamberg zwei Tage lang über den Synodalen Weg debattieren, wird sich Schick mit seiner Expertise im Kirchenrecht an entscheidenden Punkten immer wieder zu Wort melden können.
Mann mit Ausdauer
Recht revolutionär klingt eine Idee, für die der Bamberger Oberhirte bereits seit vergangenem Sommer wirbt: eine Amtszeitbegrenzung für das katholische Leitungspersonal, vom Bischof bis zum Pfarrer. Sieben Jahre sollte diese betragen, und nach einer Evaluation durch ein Gremium der Ortskirche sollte eine Bestätigung erfolgen - oder eben die Abwahl.
Diese Idee kann man mit Blick auf Schicks vorgerücktes Alter auch für wohlfeil halten. Schließlich wird der Erzbischof im September 73, zwei Jahre später wird er ohnehin seinen Amtsverzicht einreichen müssen. Doch manchen schickt der Papst dann in die Verlängerung. Was für den Bamberger Erzbischof kein Problem wäre: Als leidenschaftlicher Jogger verfügt er über Ausdauer. Die braucht es wahrscheinlich auch bei Reformen.