Freiburg ist Öko-Vorzeigestadt. Wissenschaftler forschen hier an immer effizienteren Solarzellen, die Fahrrad- und ÖPNV-Infrastruktur wächst. Stadt und Land Baden-Württemberg verfolgen ehrgeizige Klimaschutzziele. Auch die Kirchen im Südwesten haben sich zur "Bewahrung der Schöpfung" verpflichtet: Aus dem religiös besetzten Begriff erwächst nun im katholischen Erzbistum Freiburg ein millionenschweres Investitionsprogramm, das Photovoltaik-Anlagen auf die Dächer von Kirchen, Kindergärten und Gemeindehäusern bringen soll.
"Mit dem PV-Ausbau können wir den kirchlichen CO2-Ausstoß um 30 Prozent verringern. Ausgehend von etwa 100.000 Tonnen CO2 im Jahr 2018", rechnet der Leiter der Diözesan-Umweltstelle Reinhold John vor. Allerdings ist aus Kirchengemeinden zu hören, dass diese 30 Prozent ein ambitioniertes Ziel werden dürften. Und dass aktuell noch unklar ist, wie viele der 224 Kirchengemeinden ihre Dächer tatsächlich zur Verfügung stellen werden. Insgesamt geht es um rund 5.000 Gebäude.
Wer bezahlt den Ausbau?
Die Photovoltaik-Initiative steht im Zusammenspiel der weiter gefassten kirchlichen Umwelt- und Klimaschutzprogramme. So sollen bis Ende der 2030er Jahre die kirchlichen Gemeinden und Einrichtungen rechnerisch klimaneutral arbeiten. Beispielsweise durch klimafreundliche Heizungen, Gebäudesanierungen und Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel, Rad und E-Autos.
Erste Erfolge sind sichtbar: In Bezug auf das Ausgangsjahr 2018 hat das Erzbistum im Jahr 2023 rund 23 Prozent der Jahresemissionen eingespart. Vor allem bei Gebäuden gelangen Verbesserungen. Bei der Mobilität geht es dagegen eher langsamer. Eine genaue Zwischenbilanz will die Diözese Mitte November vorlegen.
Keine Luftschlösser
Für 2025 kündigen die Umweltverantwortlichen in Sachen PV-Ausbau nach intensiven Planungen den Start für einen "großen Wurf" an. "Unser Ziel ist es, in den nächsten zwölf Monaten 50 PV-Anlagen auf kirchliche Dächer im Erzbistum zu bringen", sagt Projektleiter Peter Schalk. "Und wir planen mit einer Mindestlaufzeit von jeweils 20 Jahren." Das erste abgeschlossene Pilotprojekt ist die Solaranlage auf dem Familienferienhaus auf der Bodensee-Insel Reichenau.
Dass die ambitionierten Ausbaupläne keine Luftschlösser sind, zeigen die von den kirchlichen Klimamanagern erarbeiteten Konzepte und Finanzierungsmodelle. Der PV-Ausbau wird vollständig aus dem Klimafonds des Erzbistums finanziert. In den 2021 mit Kirchensteuergeldern aufgelegten Fonds fließen aktuell jährlich rund zehn Millionen Euro; davon sind 80 Prozent für die Photovoltaik-Offensive reserviert. "Diese Mittel sind im Haushalt des Erzbistums fest verankert", sagt John. Mittelfristig werden geringere Einzahlungen in den Fonds nötig, weil dann die Stromverkaufserlöse von bereits installierten PV-Anlagen mit einfließen. Und damit für neue Sonnendächer bereitstehen. Bis 2035 sollen so insgesamt 120 Millionen Euro in den Solarausbau gehen.
1.500 Voranfragen aus Kirchengemeinden
Bei Planung, Bau und Betrieb der Anlagen versprechen die Planer ein Rund-um-Sorglos-Paket für die Eigentümer der Gebäude, also in aller Regel für die Kirchengemeinden.
"Die Planungen und der Betrieb von PV-Anlagen sind anspruchsvoll, daher bieten wir den Kirchengemeinden an, den PV-Ausbau komplett zu übernehmen", sagt Projektmanager Schalk. Dazu hat das Erzbistum eine eigene "Erzdiözese Freiburg Energie GmbH" gegründet. Sie kümmert sich um die technischen Planungen, um etwaige Denkmalschutzauflagen, um Genehmigungsverfahren bei Naturschutzauflagen und schließlich um die Beauftragung der Fachfirmen.
Strom vollständig ins Netz
Laut Umweltstelle des Bistums ist das Interesse der Kirchengemeinden sehr groß. "Wir haben schon etwa 1.500 Anfragen", sagt Schalk. Allerdings sind das nur erste Voranfragen. Erst wenn die Vorprüfung die konkreten Dächer für geeignet befindet, entscheiden die Kirchengemeinden, ob sie sich an dem Projekt beteiligen. Ob es den Planern gelingen wird, möglichst viele Kirchengemeinden ins Boot zu holen, ist derzeit noch unklar. Das dürfte sich erst im Laufe der nächsten Jahre entscheiden.
Denn das Rund-um-Sorglos-Paket bedeutet auch, dass die Kirchengemeinden, die ihre Dächer für die Anlagen zur Verfügung stellen, selbst keinen direkten finanziellen Vorteil haben. Und auch den auf ihren Dächern produzierten Sonnenstrom nicht selbst nutzen können. Die Verträge sehen vor, dass der Strom vollständig ins Netz eingespeist wird. "Die Erlöse aus dem Stromverkauf fließen wieder an die Energie GmbH zurück, die sie in die nächsten PV-Projekte investiert", erläutert Schalk.
Bundesweit weitere Anfragen
Manche Kirchengemeinden dürften davon nicht begeistert sein, weil sie lieber ihren eigenen Strom vor Ort produzieren wollen - und nicht auf das Angebot der Erzdiözese zurückgreifen. Auch dies sei grundsätzlich möglich, erklärt die Umweltstelle. Dann müssten die Kirchengemeinden ihre PV-Anlagen aber in Eigenregie finanzieren und betreiben.
Das in Freiburg entwickelte Konzept der zentralen Betreuung und Planung scheint jedenfalls für andere Bistümer und Landeskirchen attraktiv. Das benachbarte Bistum Rottenburg-Stuttgart und die evangelische Landeskirche Baden haben es übernommen. "Und wir haben bundesweit weitere Anfragen", sagt John.