Erzbistum Köln erlaubt Wortgottesfeiern mit Kommunion

Unter Auflagen

Das Erzbistum Köln ermöglicht nun Wortgottesfeiern mit Austeilung der Kommunion am Sonntag. Allerdings unter Auflagen. Warum das so ist und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, erklärt der Liturgiereferent Alexander Saberschinsky.

Autor/in:
Johannes Schröer
Weihrauch steigt bei einer Wortgottesfeier auf / © Harald Oppitz (KNA)
Weihrauch steigt bei einer Wortgottesfeier auf / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Warum war es bislang nicht gestattet, am Sonntag eine Wortgottesfeier in den Gemeinden zu feiern?

Prof. Alexander Saberschinsky / © Tomasetti (DR)
Prof. Alexander Saberschinsky / © Tomasetti ( DR )

Prof. Dr. Alexander Saberschinsky (Liturgiereferent im Erzbistum Köln): Seit der Zeit der Apostel wird der Sonntag als Herrentag begangen, an dem man nicht nur an Jesus erinnert, sondern auch das Herrenmahl feiert, also das Brot bricht und Jesu Lebenshingabe gedenkt. Daraus hat sich im Laufe der Zeit unsere heutige Messfeier entwickelt.

Die Tradition, sich sonntags mit Christus in der Eucharistie zu verbinden, war und ist die Quelle des Lebens der Kirche. Leider funktionieren alte Gewohnheiten und Traditionen heute nicht mehr so wie früher. Die Idee einer Pfarrei mit einem Pfarrer und einer Sonntagsmesse, bei der sich alle versammeln, klappt nicht mehr, weil es weniger Katholikinnen, Katholiken und Priester gibt.

Damit die Versammlung am Sonntag nicht einfach ausfällt, wenn keine Eucharistiefeier möglich ist, ermöglicht das Erzbistum Köln nun die Wortgottesfeier am Sonntag – aber nur dort, wo keine Messfeier stattfinden kann.

DOMRADIO.DE: Ermöglicht das Erzbistum Köln diese Wortgottesfeier unter allen Umständen oder gibt es bestimmte Bedingungen?

Saberschinsky: Es gibt die Bedingung, dass es eine Gruppe von Gläubigen gibt, die nicht an einer anderen Eucharistiefeier teilnehmen können. Das wird nicht von oben reglementiert, sondern muss vor Ort entschieden werden.

Der Impuls muss aber von der Pfarrei oder pastoralen Einheit ausgehen. Dort muss es Menschen geben, die den Bedarf sehen und das Vorhaben gemeinsam mit den Gremien vor Ort umsetzen. Dafür ist vor Ort ein Klärungsprozess notwendig, der die pastoralen Dienste und die Gremien einbezieht. Das Generalvikariat wird lediglich informiert. Wir als Erzbistum unterstützen dann mit Ausbildung und anderen Hilfestellungen.

Alexander Saberschinsky

"Auch wenn keine Eucharistiefeier vor Ort möglich ist, ist man Teil dieser größeren eucharistischen Gemeinschaft der Kirche."

DOMRADIO.DE: Gehört der Kommunionempfang zur Wortgottesfeier dazu?

Saberschinsky: Ja, am Sonntag gibt es eine besondere eucharistische Tradition. Viele Gläubige wünschen den Kommunionempfang, auch wenn keine Messe stattfindet. Deshalb ist der Ansatz, die Wortgottesfeier am Sonntag mit einem Kommunionempfang zu verbinden. Nicht nur, um den Gläubigen gerecht zu werden und deren Bedürfnisse zu befriedigen, sondern es gibt auch eine theologische Idee dahinter. Da wir alle aus der Eucharistie leben und dies am Sonntag deutlich und erlebbar machen wollen, soll nicht der Eindruck aufkommen, dass nur der Wortgottesdienst als erster Teil der Messe gefeiert würde.

Denn auch wenn keine Eucharistiefeier vor Ort möglich ist, ist man dennoch Teil dieser größeren eucharistischen Gemeinschaft der Kirche, hier konkret Teil der Kirche im Erzbistum Köln, die aus dieser Eucharistie lebt. Um zu zeigen, dass die Gläubigen auch ohne Eucharistiefeier vor Ort Teil der größeren eucharistischen Gemeinschaft sind, wird die Wortgottesfeier mit einer Kommunionfeier erweitert.

DOMRADIO.DE: Aber darf die Hostie einfach aus dem Tabernakel geholt werden?

Saberschinsky: Ich glaube, das wird für viele ein Stolperstein sein, denn das ist nicht vorgesehen. Liturgie ist kein Kopfkino, sondern lebt von dem Erleben. Deshalb soll die Hostie nicht einfach aus dem Tabernakel entnommen werden, sondern es soll erfahrbar werden, dass die Gemeinschaft der Gläubigen, die zur Feier der Eucharistie zusammengekommen sind, sich mit denjenigen verbindet, die ebenfalls zusammengekommen sind, um das Wort Gottes zu hören.

Die Hostie soll dann aus einer benachbarten Messfeier mit Eucharistie zu der Wortgottesfeier "gesendet" werden, um die Verbindung zur Eucharistiefeier in der Nachbargemeinde spürbar zu machen.

Alexander Saberschinsky

"Wir haben die Messlatte – gebe ich zu – hoch angesetzt, auch auf ausdrücklichen Wunsch des Erzbischofs."

DOMRADIO.DE: Ist diese Regelung verpflichtend oder darf die Hostie auch einfach aus dem Tabernakel geholt werden, wenn niemand die Eucharistie aus der Nachbargemeinde bringt?

Saberschinsky: Offiziell soll die Hostie nicht einfach aus dem Tabernakel genommen werden. Wir haben die Messlatte – gebe ich zu – hoch angesetzt, auch auf ausdrücklichen Wunsch des Erzbischofs. Wie das vor Ort in der Praxis funktioniert, werden wir noch sehen.

DOMRADIO.DE: Nur noch knapp 6 Prozent der Katholiken gehen sonntags in die Messe. Sollte man nicht froh sein, wenn überhaupt noch ein Wortgottesdienst zustande kommt, ohne diese komplizierten Regelungen?

Saberschinsky: Es geht uns um die Feierkultur. Die 6 Prozent der Mitfeiernden werden nicht abgeschreckt sein, denn aufwändiger wird es nur zum Beispiel für den Kommunionhelfer, weil er oder sie eine zusätzliche Fahrt hat. Ziel ist: Die Gemeinschaft soll erlebbar sein. Daher soll auch die Wortgottesfeier von vielen Diensten getragen werden, nicht von einer Person allein.

Das ist kein anderer Maßstab als in der Messfeier. Da soll der Priester auch nicht der Alleinunterhalter oben im Altarraum wie auf einer Bühne sein, denn auch in der Messfeier sollte durch die liturgischen Dienste die Beteiligung der Gläubigen erlebbar werden. Genau das, dass dieser Gottesdienst von allen getragen wird, würden wir auch gerne in den Wortgottesfeiern sehen.

Dort gibt es eben eine Leiterin oder einen Leiter, die auch nicht alles selbst machen sollten. Die Leitung wird von den Lektorinnen und Lektoren, den Kommunionhelfern und den Kommunionhelferinnen unterstützt, etwa in dem sie sich auf den Weg machen müssen, um die Eucharistie zu überbringen.

Alexander Saberschinsky

"Wenn solche Dinge vor Ort wachsen, wird das Gründe gehabt haben, dann sollte man nicht ohne Weiteres von oben rein regieren."

DOMRADIO.DE: Im Erzbistum Köln gibt es bereits Wortgottesfeiern am Sonntag. Hat man das bisher geduldet?

Saberschinsky: Man ist damit rheinisch umgegangen. Unser Erzbischof ist auch ein Rheinländer und er weiß natürlich, dass es bereits Wortgottesfeiern am Sonntag gab. Wir haben uns nie explizit darüber unterhalten, aber soweit ich das wahrgenommen habe, hat er es vermieden, die Gemeinden zu gängeln.

Wenn solche Dinge vor Ort wachsen, wird das Gründe gehabt haben, dann sollte man nicht ohne Weiteres von oben rein regieren. Das ist einer der Punkte, die wir mit dieser Rahmenordnung und der entsprechenden Handreichung regeln möchten. Wir sind lieber mit diesen Gemeinden auf dem Weg, als dass wir sie machen lassen und weggucken.

DOMRADIO.DE: Was bietet das Erzbistum Köln an Unterstützung an?

Saberschinsky: Ab dem 1. Oktober ist die Rahmenordnung online unter dem Kurzlink: www.erzbistum-koeln.de/wortgottesfeier verfügbar. Außerdem haben wir eine erläuternde Handreichung erstellt. Dazu kommen Ausbildungsangebote für Leiterinnen und Leiter von Wortgottesfeiern. Die Anmeldungen hierzu müssen jedoch von den Pfarreien ausgehen, da es eine gemeinsame Entscheidung der Pfarrei sein soll. Als Einzelperson kann man sich nicht privat anmelden.

Das Interview führte Johannes Schröer.

Liturgie

Liturgie bezeichnet im Christentum und im Judentum die Ordnung der gottesdienstlichen Zeremonien und die Feier des Gottesdienstes. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt "öffentlicher Dienst". In der katholischen Kirche gehören dazu neben der Heiligen Messe unter anderem das Stundengebet, die Spendung der Sakramente wie Taufe und Trauung, Wortgottesdienste, Benediktionen und ein kirchliches Begräbnis.

Priester während der Niederwerfung bei der Karfreitagsliturgie / © Harald Oppitz (KNA)
Priester während der Niederwerfung bei der Karfreitagsliturgie / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR