DOMRADIO.DE: Zwölf Begleiterinnen und Begleiter haben sich im Frühling qualifiziert und machen einen Begleitdienst. Ist das vergleichbar mit den sogenannten "grünen Damen" früher?
Sabine Brüninghaus (Ethikbeauftragte für Berufe im Gesundheitswesen im Erzbistum Köln): Nein, nicht ganz. Mittlerweile sind die Begleiterinnen und Begleiter in der Krankenhausseelsorge für existenzielle Gesprächsangebote da. Sie fragen nicht nur, wie es geht, sondern sind auch interessiert, danach zu fragen: Was brauchst du? Was ist die Quelle, aus der Kraft schöpfst?
DOMRADIO.DE: Was ist denn der Unterschied zwischen den offiziellen Krankenhausseelsorgern und den Begleitern?
Brüninghaus: Es ist das Zeitbudget und die Perspektive, die sich unterscheiden. Es sind nicht alle Theologen. Vielmehr kommen die mit ihrer Alltagskompetenz, mit ihrer Weise der Grundfertigkeiten, die sie aus ihrem Beruf schon mitbringen. Es ist eine andere Art von Verantwortung. Sie sind Mitarbeitende aus dem eigenen Haus, sind somit nicht von außen eingeflogen. Da kommt eine Mehrdimensionalität ins Team hinein.
Diese Qualifizierungsmaßnahme ist ein Pilotprojekt im Erzbistum Köln und bundesweit. Das Modellprojekt ist eine Kooperation zwischen dem Katholischen Krankenhausträger im Diözesancaritasverband und dem Erzbistum.
DOMRADIO.DE: Heißt das, ein Krankenhausseelsorger ist eher dafür da, die Menschen aufzufangen, wenn etwas Schlechtes passiert und der Begleiter oder die Begleiterin kommt auch zwischendurch mal rein, ohne dass sie akut gerufen wurden?
Brüninghaus: Nein, das ist eine Gemeinsamkeit von beiden Berufsgruppen. Der Unterschied ist tatsächlich das Zeitbudget und die Art der Verantwortung und der Zugangsweg. Wir sind seelsorglich alle gut miteinander verbunden. Da darf jeder in Christi Namen seelsorglich arbeiten. Die beiden Berufsgruppen zeichnen sich aber durch ihrer unterschiedlichen Verfügbarkeiten aus. Manches spirituelles Gespräch ergibt sich auch während der Tätigkeit der Pflegekraft.
DOMRADIO.DE: Herr Hirt, Sie sind Intensivpfleger und qualifizierter Begleiter in der Krankenhausseelsorge. Warum haben Sie das gemacht? Intensivpfleger ist sicherlich ein fordernder Job.
Christian Hirt (Intensivpfleger im Vinzenz Hospital Köln): Ja, das ist es. Als die Anfrage kam, habe ich das unglaublich dankbar entgegengenommen. Ich bin in erster Linie im medizinisch-therapeutischen Bereich tätig. Patientengespräche, auch Gespräche mit Zugehörigen waren für mich schon immer sehr wichtig.
Jetzt kann ich einfach noch mal in der neuen Rolle die Perspektive wechseln. Ich kann als Begleitender mir die Zeit nehmen, um den Patienten und Patientinnen aktiv zuzuhören, wertzuschätzen und wirklich da zu sein, nicht nur für die Patienten, sondern auch für Mitarbeitende.
DOMRADIO.DE: Helfen Ihnen Ihre Fachkenntnisse, also der medizinische Blick auf die Dinge, um für die Patienten da zu sein?
Hirt: Ich versuche das Medizinische außen vor zu lassen und auf die Nöte, Ängste und auf die existentiellen Lebensfragen einzugehen. Wenn es darum geht, steht das Medizinische oft auch bei den Patienten ganz am Rande.
DOMRADIO.DE: Ist das ein Ehrenamt oder gehört das jetzt zum Job?
Hirt: Ich habe eine Beauftragung für drei Stunden in der Woche bekommen, in denen ich das machen darf. Das will ich in meine ganz normale Arbeitszeit integrieren.
Brüninghaus: Die katholischen Krankenhausträger stellen die Mitarbeitenden für diese seelsorgliche Rolle zwischen drei und zehn Stunden in der Woche frei. Sie bleiben dann in der Intensivpflege, wie Herr Hürth, haben aber an einem Nachmittag zum Beispiel drei Stunden freigestellte Zeit, um seelsorglich im Haus unterwegs zu sein.
Das heißt, sie verdienen Geld für das, was sie tun und bleiben Mitarbeitende des Krankenhauses und werden für einen Teil freigestellt.
DOMRADIO.DE: Was müssen die Menschen, die diese Qualifizierung durchlaufen haben, vor allen Dingen lernen?
Brüninghaus: Herr Hirt hat das gerade schon gut angesprochen. Es ist gut, das Medizinisch-Pflegerische ein ganzes Stück beiseite zu lassen. Wir haben auch Mitarbeitende aus der Physiotherapie, aus der Verwaltung und an der Pforte sitzend.
Es geht darum, sich darauf einzulassen, geschwisterlich seelsorgerlich zu begleiten. Das ist eine hörende Tätigkeit, es ist eine Fertigkeit, wo es darum geht, sich selbst ein Stück zurück zu nehmen und zu begleiten und weniger zu beraten.
DOMRADIO.DE: Gestern gab es einen Gottesdienst und Empfang. Sie haben das Beauftragungsfeier genannt. Worin besteht dieser Auftrag?
Brüninghaus: Die Begleiter haben eine kirchliche und bischöfliche Beauftragung. Somit erweitert sich ein Krankenhausseelsorge-Team und bekommt eine hohe Relevanz.
DOMRADIO.DE: Wie funktioniert es, dass Menschen im Krankenhaus die Begleitung bekommen, wenn sie das wollen?
Hirt: Am Anfang der Woche besprechen wir, wer Bedarf hat und gehen dann eine Liste durch. Das sind Menschen, die von Anfang an oder vielleicht im Laufe ihres Aufenthaltes den Bedarf geäußert haben. Wenn ich Zeit habe, besuche ich dann die Patienten.
DOMRADIO.DE: Wann werden denn die nächsten Begleiterinnen und Begleiter ausgebildet und wie lange dauert die Qualifizierung?
Brüninghaus: Der zweite Kurs ist schon gestartet. Sieben Teilnehmende qualifizieren sich ein ganzes Jahr in vier Kursblöcken, die je drei Tage dauern. Die nächste Beauftragungsmessfeier wird nächsten Mai wieder sein.
DOMRADIO.DE: Herr Hirt, worauf freuen Sie sich jetzt besonders, da es nun losgeht?
Hirt: Ich freue mich wahnsinnig, diese offizielle Beauftragung bekommen zu haben. Begleitender Seelsorger bin ich schon seit dem ersten Kursblock im September. Aber jetzt habe ich die Kraft es zu machen, auch wenn es vielleicht mal von der Arbeit her nicht so ganz passt und ich mich den Gegebenheiten im Krankenhaus anpassen muss.
Das Interview führte Dagmar Peters.