Erzbistum Köln sieht in DPR-Losverfahren einen Meilenstein

"Ein mutiger Schritt"

Das Erzbistum Köln stellt seinen Diözesanpastoralrat neu auf. Eine Besonderheit ist, dass 18 Kandidaten per Losverfahren ermittelt werden sollen. Hiermit begebe man sich auf unbekanntes Terrain, sagt Fachbereichsleiter Daniel Weisser.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Symbolbild Lostrommel / © Tsuguliev (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Ein Gremium wird von 75 auf 51 Personen verkleinert. Wie kommt man denn auf diese Weise zu einer größeren Vielfalt?

Dr. Daniel Weisser (Erzbistum Köln)

Dr. Daniel Weisser (Fachbereichsleitung Strategie & Grundsatzfragen im Erzbischöflichen Generalvikariat Köln): Was hier passiert, ist in der Tat ein mutiger Schritt, der deutschlandweit auch – soweit wir das übersehen – für die katholische Kirche erst einmal einzigartig ist. Wir wagen uns damit wirklich auf unbekanntes Terrain. Wir haben jetzt zum ersten Mal die Situation, dass allen die Möglichkeit offensteht, sich für einen Platz im Diözesanpastoralrat zu bewerben.

Daniel Weisser

"Kein Gremium, das vorher im Diözesanpastoralrat vertreten war, ist jetzt nicht mehr vertreten."

Erstmals können das auch diejenigen, die nicht schon durch ihre Mitgliedschaft in einem anderen Gremium sowieso einen Platz im Diözesanpastoralrat haben. Wir hoffen deshalb, dass sich dadurch die Vielfalt derjenigen, die dort ihre beratende Stimme abgeben können, vergrößert. Die weiteren Gremien, die existieren natürlich auch weiterhin. Kein Gremium, das vorher im Diözesanpastoralrat vertreten war, ist jetzt nicht mehr vertreten.

Aber sie haben die Möglichkeit, auf ihrem jeweiligen Beratungsweg mit dem Erzbischof ihre Expertise einzubringen. Das wird jetzt ergänzt durch zusätzliche engagierte Katholikinnen und Katholiken, die über dieses Losverfahren im Diözesanpastoralrat landen und die – das ist ja eine der Voraussetzungen – nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Erzbischof oder zum Erzbistum stehen. Das ist die beste Voraussetzung, um wirklich mehr Vielfalt im neuen Diözesanpastoralrat zu schaffen.

DOMRADIO.DE: 18 Mitglieder sollen durch ein offenes Losverfahren ermittelt werden. Was bedeutet ein "offenes Losverfahren"?

Weisser: Offenes Losverfahren bedeutet, dass sich jede Person für den Diözesanpastoralrat bewerben kann, die die in der Satzung genannten Voraussetzungen erfüllt. Kardinal Woelki freut sich wirklich, wenn sich möglichst viele Personen dafür bewerben. Also ein offenes Losverfahren, das alle Personen anspricht, die die in der Satzung genannten Kriterien erfüllen.

DOMRADIO.DE: Man weiß also nicht, welcher Name in dem Los drinsteht, bevor man das Los geöffnet hat. Es soll aber gewährleistet werden, dass gleich viele Männer und Frauen per Los in den Diözesanpastoralrat gelangen. Wie soll das funktionieren?

Daniel Weisser

"Wir haben als Erzbistum zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens eine Einschätzung darüber, wer sich dort bewirbt."

Weisser: Alle Bewerbungen, die über das Onlineformular eingehen, landen direkt bei einem Notariat. Wir haben als Erzbistum zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens eine Einschätzung darüber, wer sich dort bewirbt.

Wir haben mit dem Notariat abgestimmt, dass die vier Lostöpfe, die es ja gibt, nämlich die unter 30-Jährigen, die über 70-Jährigen und dann noch einmal städtische Gemeinde, ländliche Gemeinde jeweils nach Geschlechtern differenziert werden. Das bedeutet, wir haben innerhalb dieser vier Lostöpfe jeweils noch einmal männliche und weibliche Bewerber.

DOMRADIO.DE: In Wirklichkeit sind es dann acht Lostöpfe.

Weisser: Wenn Sie das so bildlich darstellen wollen, dann ist das auch eine Möglichkeit, das so zu sagen.

DOMRADIO.DE: Sie sprachen bereits vom Abhängigkeitsverhältnis. Wer kann sich für dieses Losverfahren bewerben und wer kann sich nicht bewerben?

Weisser: Es kann sich über dieses Losverfahren niemand bewerben, der hauptamtlich für das Erzbistum Köln, für die Kirchengemeinden des Erzbistums Köln, für den Diözesancaritasverband, für die Kirchengemeindeverbände arbeitet, entweder jetzt oder in den vergangenen fünf Jahren. Das sind diejenigen Personen, die von der Bewerbung für das Losverfahren ausgeschlossen sind.

Wenn Sie auf das Onlineformular klicken, erklären Sie sich dort selbst und sagen, dass Sie ein bestimmtes Alter, einen bestimmten Wohnort haben und in der Gemeinschaft mit der Kirche stehen, also getauft, gefirmt und nicht ausgetreten sind. Deshalb sind Sie geeignet, dieses Bewerbungsverfahren zu durchlaufen.

DOMRADIO.DE: Das heißt, wer in seiner Heimatgemeinde beispielsweise in einem Gremium tätig ist oder einen ehrenamtlichen Dienst ausführt, der kann sich auf jeden Fall bewerben.

Weisser: Ja, natürlich, unbedingt. Da freuen wir uns. Gerade das sind ja oft Leute, die eine gute und praxisnahe Perspektive einbringen können.

Sitzung des Diözesanpastoralrates (Erzbistum Köln)

DOMRADIO.DE: Jetzt bezweifeln Kritiker, dass ein Losverfahren automatisch zu einer größeren Vielfalt führt. Was entgegnen Sie denn dieser Kritik?

Weisser: Ich glaube, dass wir hier einen Meilenstein für mehr Basisbeteiligung im wichtigsten Beratungsgremium des Erzbischofs haben. Das Verfahren ist insofern völlig aus den Händen des Erzbistums herausgenommen, als dass der Notar, mit dem wir zusammenarbeiten, die Bewerbungen erhält und dann auch das Losverfahren durchführen wird.

Natürlich ist ein Gremium oder sind diese 18 Sitze, um die es ja geht, immer nur so vielfältig wie die Bewerbungen, die dann auch eingehen. Wir haben bewusst versucht, innerhalb dieser vier Gruppen, die ich eben genannt habe, der Gruppe der unter 30-Jährigen noch einmal etwas mehr Platz einzuräumen.

Es sind sechs Personen, die unter 30 Jahre alt sein sollen, vier aus den städtischen Gemeinden, vier aus den ländlichen und vier der über 70-Jährigen. Wir hoffen gerade durch diese jüngere Perspektive, wirklich noch einmal eine größere Vielfalt abzubilden, die sonst nicht immer in den Gremien vertreten ist.

DOMRADIO.DE: Was passiert, wenn jetzt durch das Losverfahren eine bestimmte Gruppierung zu wenig berücksichtigt ist, beispielsweise Gemeindemitglieder mit Migrationshintergrund oder ähnlichem? Welche Möglichkeiten gibt es denn dann?

Daniel Weisser

"Der Erzbischof kann sechs Personen frei berufen, 18 Personen – also dreimal so viel – werden gelost."

Weisser: Der Erzbischof hat die Möglichkeit, weitere sechs Personen frei zu ernennen, frei in den DPR zu berufen. Das ist für ihn dann auch die Möglichkeit, nachdem das Losverfahren abgeschlossen ist, nachdem auch die anderen Gremien, die Personen in den DPR entsenden, ihre Entsendungen bekannt gegeben haben, einmal draufzuschauen, ob ihm hier noch etwas fehlt oder ob er noch von einem anderen Personenkreis gerne Beratung erhalten möchte.

Das bedeutet zum Beispiel Menschen mit einem Migrationshintergrund, vielleicht noch mehr jüngere Personen. Vielleicht merkt er, wenn trotz des Bemühens um eine Geschlechterparität das Gremium trotzdem noch zu männlich besetzt ist, und fügt dann noch Frauen hinzu. Oder er möchte die Perspektive von Menschen mit Behinderung stärker einbinden.

Um das noch einmal ins Verhältnis zu setzen: Der Erzbischof kann sechs Personen frei berufen, 18 Personen – also dreimal so viel – werden gelost.

DOMRADIO.DE: Bis wann ist noch eine Bewerbung für das Losverfahren möglich?

Weisser: Der Bewerbungszeitraum läuft noch bis zum 15. September. Wir freuen uns, wenn bis dahin über das Onlineformular möglichst viele Bewerbungen im Notariat eingehen, damit dann, voraussichtlich in der zweiten Septemberhälfte, auch das Losverfahren stattfinden kann.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Kölner Kardinal Woelki stellt Diözesanpastoralrat neu auf

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki stellt eines seiner wichtigsten Beratungsgremien neu auf. Der Diözesanpastoralrat soll künftig verkleinert und zugleich verhältnismäßig stärker mit Laien besetzt sein, wie das Erzbistum Köln mitteilte. 18 dieser Laien, also Katholiken ohne Weiheamt, würden per Losverfahren bestimmt - laut Mitteilung ein bundesweites Novum. Ziel sei, das Gremium vielfältiger und offener zu gestalten.

Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln. / © Theo Barth (KNA)
Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof von Köln. / © Theo Barth ( KNA )
Quelle:
DR