Dies sagte er den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag) in Osnabrück. "Ich gehe davon aus, wenn die Abstandsregelungen und Vorsichtsmaßnahmen fallen, werden wir noch mal einen drastischen Einbruch an Kirchenbesuchern haben", so Wilmer.
Frage der Relevanz
Insgesamt machten ihn die steigenden Kirchenaustrittszahlen zwar nicht depressiv. "Aber es beunruhigt mich sehr." Phänomene wie die Missbrauchsfälle, die Struktur der Kirche und die Kirchensteuer seien nur vordergründige Ursachen für die Entwicklung. Es gehe zunehmend auch um die Frage der Relevanz. "Wir als katholische Kirche verlieren an Bedeutung, um das Leben der Menschen zu deuten", so Wilmer. Die katholische Kirche sei nur eine Anbieterin neben vielen sinnstiftenden Alternativen in der Gesellschaft.
Statt klassischer Pfarrgemeinden mit Absolutheitsanspruch braucht es laut dem Bischof in der Kirche mehr "Kraftzentren", die eine Ausstrahlung haben und statt von Priestern von engagierten Christen geleitet werden. Das könne etwa eine Hochschulgemeinde, eine Gruppe oder eine Hausgemeinschaft sein. Wilmer betonte: "Ich will die klassische Pfarrei nicht kleinreden. Aber wir brauchen Alternativen in der Verkündigung."
Anstieg der Kirchenaustritte auch im Bistum Hildesheim
Die Christen müssten lernen, wie sie die Frohe Botschaft leben und auch verkündigen könnten und sich nicht in den virtuellen Raum verflüchtigen, forderte der Ordensmann. "Es geht darum, beieinander zu sein, Schulter an Schulter durchs Leben zu gehen, einander gegenüberzusitzen am Küchentisch, am Arbeitsplatz, wo Menschen älter werden, wo sie krank und zerbrechlich sind, Auge in Auge, miteinander zu lachen, zu weinen und wirklich körperlich präsent zu sein."
Wie alle deutschen Diözesen verzeichnet das Bistum Hildesheim für 2019 einen Anstieg bei den Kirchenaustritten. 8.048 Menschen kehrten hier der Kirche den Rücken, 1.030 mehr als im Jahr zuvor. Die Gesamtzahl der Mitglieder ging im Bistum laut der am vergangenen Freitag veröffentlichten Statistik auf 581.460 (2018: 593.360) zurück.