DOMRADIO.DE: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, tritt nicht zur Wiederwahl an. Kam diese Meldung für Sie überraschend? Wie haben Sie reagiert?
Prof. Dr. Thomas Sternberg (Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken / ZdK): Ich habe es von ihm gehört und es hat mich schon sehr erschrocken und auch etwas bestürzt, obwohl ich natürlich mit großem Respekt und Anerkennung auch die Gründe aufnehme, die ihn dazu bewogen haben.
Schließlich hat er neben seiner Tätigkeit als Erzbischof eines sehr großen Bistums auch sehr wichtige Aufgaben in Rom zu erfüllen. Er gehört zum engsten Kreis der Reformer um Papst Franziskus. In diesem Kreis wird er weiterhin sehr wichtige Aufgaben wahrnehmen.
DOMRADIO.DE: Es machte immer den Eindruck, als hätten sie beide auch gut zusammengearbeitet. Sie haben sich gut verstanden, oder?
Sternberg: Wir verstehen uns auch nach wie vor sehr gut. Wir waren vor vielen Jahrzehnten Kollegen, als er als Leiter der Kommende in Dortmund (Anm. d. Red.: Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn) anfing und ich mein Amt als Leiter der katholisch-sozialen Akademie in Münster antrat. Wir haben uns über die ganzen Jahrzehnte immer sehr gut verstanden und nicht zuletzt jetzt in der Vorbereitung und Durchführung des Synodalen Wegs war das eine außerordentlich vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit.
DOMRADIO.DE: Die Frage stellt sich natürlich: Wie geht es denn mit dem Synodalen Weg weiter? Kardinal Marx ist maßgeblich mitverantwortlich dafür gewesen, dass dieser Prozess in Gang gekommen ist. Was heißt das jetzt für die Zukunft dieses Reformprozesses?
Sternberg: Ich glaube, dass dieser Reformprozess so gut begonnen hat und auch installiert worden ist, dass er natürlich weitergehen wird. Die sehr, sehr große Mehrheit der Mitglieder der Synodalversammlung ist auch dieser Meinung und geht diesen Weg weiter, trotz einiger weniger Querschüsse. Aber ich glaube, dass da wirklich Pflöcke eingeschlagen sind, die jetzt auch weitergetragen werden können.
Auch wenn er nicht Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, bleibt er dem Synodalen Weg ja erhalten. Insofern glaube ich, dass dieser Weg gut weitergehen wird.
DOMRADIO.DE: Im Moment scheint es Dissonanzen innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland zu geben. Es gab Kritik am Synodalen Weg, aber auch gegen die Person Kardinal Marx. Kann so etwas auch eine Rolle bei der Entscheidung spielen, nicht wieder für eine Wahl anzutreten?
Sternberg: Es sind keine Blöcke, die sich da gegenüberstehen. Das wird manchmal in der Öffentlichkeit so dargestellt, aber es sind keine zwei Blöcke, sondern es gibt eine überwältigende Mehrheit. Daneben gibt es einige wenige, denen die ganze Richtung nicht passt.
Aber ich glaube, dass dieses neue Bild von Kirche, das auch die erste Synodalversammlung in Frankfurt gezeigt hat, noch einmal eine Überzeugung deutlich macht, die auch Reinhard Kardinal Marx in seiner ganzen Arbeit immer wieder verkörpert. Und zwar ist das ein demokratisches Bewusstsein und ein Stehen mitten in der Welt, das nicht im Gegensatz zu einer Kirchenmitgliedschaft steht.
DOMRADIO.DE: Jetzt gehen natürlich Personalspekulationen los. Kardinal Marx ist ein Fürsprecher für die Anliegen der katholischen Laien. Was wird sein Nachfolger brauchen, um das vielleicht auch fortführen zu können?
Sternberg: Ich denke es ist eine Überzeugung, die in der Deutschen Bischofskonferenz mittlerweile eine allgemeine ist und zwar, dass wir nur gemeinsam Kirche sein können und wir nur gemeinsam wieder für Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der katholischen Kirche in Deutschland werben können.