Passauer Altbischof Wilhelm Schraml gestorben

"Es war kein Vogel da"

In Altötting verbrachte der emeritierte Passauer Bischof Wilhelm Schraml seit Sommer 2013 seinen Lebensabend. Im Alter wollte der Marienverehrer in der Nähe der Gottesmutter sein. Nun ist er mit 86 Jahren gestorben.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
Bischof em. Wilhelm Schraml (r.) (KNA)
Bischof em. Wilhelm Schraml (r.) / ( KNA )

Zum festen Anekdotenschatz aus dem Leben von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. zählt eine von ihm selbst verschriftliche Erinnerung an seine Priesterweihe: In dem Augenblick, als ihm Kardinal Michael von Faulhaber 1951 im Freisinger Dom die Hände aufgelegt habe, sei "ein Vöglein - vielleicht eine Lerche -" vom Hochaltar aufgestiegen und habe "ein kleines Jubellied" geträllert.

Auch wenn man nicht abergläubisch sein solle, hält Ratzinger in seinen Memoiren fest, sei es ihm doch "wie ein Zuspruch von oben" erschienen.

Am Montag ist Wilhelm Schraml, der emeritierte frühere Bischof von Passau, gestorben. Er empfing die Priesterweihe genau zehn Jahre später als Ratzinger. Als in diesem Sommer sein Diamantenes Weihejubiläum anstand, wurde er von einer Journalistin auch nach besonderen Erinnerungen an diesen Tag gefragt und mit besagter Anekdote konfrontiert. Er antwortete kurz und bündig: "Es war kein Vogel da, aber die Freude im Herzen war unglaublich groß."

Bodenständiger Katholik aus der Oberpfalz

Schraml war ein bodenständiger Katholik aus der Oberpfalz, kein Intellektueller so wie Ratzinger, den er sehr bewunderte, und dem er während seiner Amtszeit als Bischof von Passau von 2002 bis 2013 bleibende Denkmäler gesetzt hat. In Marktl am Inn sorgte er dafür, dass Ratzingers Geburtshaus 2006 aus Privatbesitz in die Hände einer kirchlichen Stiftung kam und zu einem geistlichen Begegnungszentrum ausgebaut wurde.

In Altötting ließ Schraml - gegen örtliche Widerstände - die frühere Schatzkammer räumen und richtete in dem spätgotischen Raum eine Anbetungskapelle ein. Deren Zentrum bildet ein Tabernakel über einem Originalstein der Münchner Mariensäule. Diese Gestaltung sagt viel über Schramls Frömmigkeit aus, die von der Verehrung der Eucharistie wie der Schutzfrau Bayerns geprägt war. Die Kapelle suchte der emeritierte Bischof täglich zum Gebet auf, hier wollte er auch bestattet werden. Das hat Altöttings Stadtpfarrer Klaus Metzl mitgeteilt, Schramls einstiger Generalvikar.

Benedikt XVI. war für den Verstorbenen nichts weniger als ein "Kirchenlehrer" mit einem reichhaltigen geistlichen und theologischen Erbe. Schraml hat die mit Ratzingers Biografie verbundenen Orte auf Passauer Bistumsgebiet so nachdrücklich umgestaltet, dass er dort nicht in Vergessenheit geraten wird.

Mit dessen Rücktritt als Papst kam Schraml zunächst gar nicht zurecht. Als diese Weltsensation am Rosenmontag 2013 bekannt wurde, beging der Passauer Bischof im verschneiten Altötting gerade den "Welttag der Kranken" - mit einer stattlichen Delegation aus dem Vatikan. Da taten sich doch einige Fragen auf. Erst im persönlichen Gespräch habe er Benedikts Gewissensgründe nachvollziehen können, erzählte Schraml später.

Über die Altergrenze hinaus im Amt

Dazu mochte auch beigetragen haben, dass dieser Papst Schraml zwar nicht zum Bischof ernannt, ihn aber 2010 über die Altersgrenze im Amt belassen hatte. Aus einem Jahr, das noch als Zeichen besonderer Wertschätzung gedeutet werden konnte, wurden zwei. Im dritten schließlich, der Papst hatte sich da schon aus seiner Verantwortung zurückgezogen, wurde es dann auch dem mittlerweile 78-jährigen Schraml zu viel. Im Juli 2013 verlegte er kurzerhand seinen Wohnsitz nach Altötting. Die offizielle Entlassung durch Papst Franziskus erfolgte aber erst im September.

Der Passauer Bischof Stefan Oster ist mit seinem Vorgänger nicht nur durch die gemeinsame Hochschätzung von Ratzinger verbunden, sondern auch durch eine ähnlich geprägte Spiritualität. In einer ersten Reaktion würdigte Oster den Verstorbenen darüber hinaus als wichtigen persönlichen Ratgeber.

Ein anderes Erbe Schramls machte ihm allerdings auch zu schaffen. Der konservative Oberpfälzer hatte kurz nach seiner Beförderung auf den Bischofsstuhl in Niederbayern den dort zuvor äußerst gern gesehenen Wiener Pastoraltheologen Paul Michael Zulehner zur persona non grata erklären lassen. Ein Affront vor allem für die reformfreudigen Katholiken dort, die mit dem einstigen Passauer Universitätslehrer einen "Pastoralplan" ausgearbeitet hatten. Als Oster 2014 in Passau zum Bischof geweiht wurde, sagte er, ständig werde ihm nun dieser "Pastoralplan" in die Hand gedrückt.


Quelle:
KNA
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