Es gebe Missbrauch in der Kirche "auch durch Kleriker, in einigen Regionen etwas mehr als in anderen", sagte Papst Franziskus auf dem Rückflug von Abu Dhabi nach Rom. Er reagierte damit auf die Frage einer Journalistin nach der jüngsten Monatsbeilage der Vatikanzeitung "Osservatore Romano".
Diese greift das Thema in mehreren Beiträgen auf. Im Vatikan arbeite man an diesem Thema, so der Papst. Es sei jedoch kein Problem, dass sich von heute auf morgen abstellen lasse. Dieses Problem bestehe nicht überall, aber doch hier und dort.
"Wollen wir mehr machen? Ja"
"Es gab einige Priester und auch Bischöfe, die so etwas gemacht haben. Und ich glaube, es wird immer noch getan", sagte er auf eine Frage, was der Vatikan gegen den sexuellen Missbrauch von Ordensschwestern tun wolle. Es betreffe einige Kulturen oder religiöse Gemeinschaften mehr als andere. "Es ist keine Sache, die alle machen."
Der Vatikan arbeite seit langem an dem Problem, so der Papst. In der Vergangenheit seien bereits Kleriker suspendiert und fortgeschickt worden. Unter anderem sei eine religiöse Frauengemeinschaft aufgelöst worden, in der Missbrauch von Frauen durch Priester "einen gewissen Umfang" erreicht habe, sagte Franziskus.
Es habe dort regelrechte "Sklaverei gegeben bis hin zu sexueller Sklaverei durch Kleriker". Auch der Gründer habe sich dieser Vergehen schuldig gemacht, den Ordensschwestern ihre Freiheit genommen. Er fügte hinzu: "Muss man mehr (gegen das Problem) machen? Ja. Wollen wir mehr machen? Ja."
"Die Frau ist zweiter Klasse"
Er sprach dabei einen Fall einer Gemeinschaft aus der Vergangenheit an, bei dem Frauen "wie Sklaven" behandelt worden seien. Es sei bis zur "sexuellen Sklaverei" durch Kleriker und den Gründer der Gemeinschaft gegangen, so Franziskus. Der damalige Papst Benedikt, der bis 2013 Pontifex war, habe diese Gemeinschaft nach starken Widerständen sofort nach seinem Amtsantritt im Jahr 2005 aufgelöst.
"Es heißt mitunter, Papst Benedikt sei ein schwacher Papst gewesen", so Franziskus, "das stimmt nicht, er ist ein starker Mann." Er habe in seiner Kongregation mit dem Kampf gegen Missbrauch begonnen - wenn auch mit Rückschlägen. "Wir müssen weitermachen, und ich will weitermachen", so der Papst. Konkrete Maßnahmen nannte er nicht.
Die Misshandlung von Frauen sei aber auch ein generelles Problem. "Die Frau ist zweiter Klasse", sagte Franziskus. "Es ist ein kulturelles Problem. (...) Es gibt Länder, wo die Misshandlung von Frauen bis zum Frauenmord geht."
"Kultur des Schweigens"
Die katholische Kirche steht derzeit stark wegen Missbrauchsskandalen in mehreren Ländern unter Druck, dabei geht es um die Misshandlung von Kindern. Ende Februar hat der Papst ein Gipfeltreffen in Vatikan zu dem Thema einberufen. Daran sollen die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus aller Welt teilnehmen. Das Treffen beschäftigt sich allerdings nicht mit dem Missbrauch von Frauen in der Kirche.
Erst vor kurzem kritisierte das Frauenmagazin der Vatikan-Zeitung "L'Osservatore Romano", dass die Kirche dieses Problem immer noch ignoriere. Missbrauch hänge generell viel mit der Struktur der Kirche zusammen, in der die Geistlichen die Macht auf sich vereinten.
Auch die Internationale Vereinigung von Generaloberinnen, die weltweit 500 000 Ordensschwestern vertritt, beklagte unlängst eine "Kultur des Schweigens". Sie ermutigte Frauen in religiösen Gemeinschaften, jeden Fall von Missbrauchzu melden. (KNA)