Liebe Schwestern und Brüder im Erzbistum Hamburg, mit der heutigen Mitteilung aus der Nuntiatur wurde die Entscheidung des Heiligen Vaters über meinen angebotenen Amtsverzicht der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Kurz zuvor wurde ich darüber in Kenntnis gesetzt, sodass ich mich mit diesen Zeilen persönlich an Sie alle wende.
Ich habe Verantwortung übernommen und nach der Vorstellung des Gutachtens zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln am 18. März dieses Jahres Papst Franziskus meinen Rücktritt vom Amt des Hamburger Erzbischofs angeboten. Zu diesem Schritt habe ich mich bewusst entschieden, weil ich über viele Jahre in verantwortungsvollen Aufgaben in Köln Teil des Gesamtsystems war und deshalb auch für dessen Versagen persönlich und mit anderen zusammen Verantwortung trage.
Ich habe dem Papst, der in der katholischen Kirche über den Einsatz der Bischöfe entscheidet, somit alle Möglichkeiten geboten, damit er über mein Handeln urteilen und über meinen Verbleib im Amt des Erzbischofs entscheiden kann. Nach etwa einem halben Jahr der Prüfung hat der Papst jetzt persönlich seine Entscheidung getroffen und damit die Zeit des Wartens für das Erzbistum Hamburg und für mich beendet. Ich danke dem Heiligen Vater für seine klare Entscheidung und das Vertrauen, das er mir darin schenkt.
Die mir gewährte Auszeit ist beendet und ich übernehme nun nach dem Willen des Papstes ausdrücklich wieder Verantwortung als Erzbischof im Norden. Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass es nicht unbedingt leicht sein wird, meinen Dienst wieder aufzunehmen. Ich werde alles in meinen Möglichkeiten Stehende tun, um dieser Herausforderung gerecht zu werden. Es wird um einen Neu-Anfang gehen müssen. Die vergangenen sechs Monate haben mich geprägt und sind auch keineswegs spurlos am Erzbistum Hamburg vorüber gegangen. In dieser Zeit habe ich manches erfahren und gelernt.
Ich bin bereit, dies für die Erneuerung und Weiterentwicklung der Kirche im Norden Deutschlands einzubringen. Wie genau und konkret dies aussehen kann, dazu will ich mich in einem ersten Schritt mit den Mitgliedern verschiedener Gremien und Personen des Erzbistums beraten. Im offenen Gespräch sollten wir Enttäuschungen und Zweifel, Fragen, aber auch Hoffnungen und Erwartungen für eine gute Zukunft miteinander austauschen. Danach beabsichtige ich, mich in einiger Zeit in einem etwas längeren Wort an die Gläubigen im Erzbistum zu wenden. Bei all diesen Gesprächen, Beratungen und Zukunftsentscheidungen für unser Erzbistum, wird und bleibt die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt der Maßstab unseres Handelns ebenso wie meine und unsere Bemühung, den Betroffenen sexualisierter Gewalt und ihren leidvollen Erfahrungen immer mehr gerecht zu werden.
Zwei Dinge liegen mir noch am Herzen: Zum einen möchte ich allen danken, die im letzten halben Jahr die Verantwortung in unserem Erzbistum wesentlich getragen haben, besonders danke ich Weihbischof Horst Eberlein und Generalvikar Ansgar Thim für ihren Einsatz, aber auch allen, die mitgesorgt haben in den Regionen und Pfarreien, den kategorialen Seelsorgsfeldern, der Verwaltung und wo auch immer. Es war für alle keine leichte Zeit! Danken möchte ich ausdrücklich auch all denen, die mir persönlich in dieser schwierigen Situation ihre Nähe und Verbundenheit auf vielerlei Weise gezeigt haben, besonders durch die Gemeinschaft im Gebet. Zum anderen ist es mir ein großes Bedürfnis, um diejenigen zu werben, die durch die Entscheidung des Papstes irritiert sind, diese in Frage stellen und/oder sich nicht leicht damit tun. Ich wünsche mir und hoffe, dass wir als Christinnen und Christen gemeinsam den Blick nach vorn richten und vertrauensvoll in die Zukunft gehen können. Ich bin dazu bereit!
Mit herzlichen Segensgrüßen Ihr
Erzbischof Stefan Heße
Hamburg, 15. September 2021