DOMRADIO.DE: Sie sind Vereinsvorsitzende von Pallotti-Mobil. Wer hilft da wem?
Lissy Eichert (Pastoralreferentin im Erzbistum Berlin): Zu unseren Helfern gehören Menschen, deren Leben irgendwann mal an die Wand gefahren oder an einem Tiefpunkt angekommen ist und die für sich entdeckt haben, dass sie aber nicht am Ende sind, sondern noch etwas zu geben haben.
Die wollen sich einsetzen und etwas zurückgeben. Dafür helfen sie über den Verein Menschen in einer prekären Situation. Der Verein hat dafür zwei größere Bereiche.
Der Erste kümmert sich um Menschen, die ihre Wohnung nicht alleine renovieren können. Das kann auch finanziell bedeuten.
Der zweite Bereich ist unser soziales Catering. Dort kümmern wir uns um Menschen, die ein gutes warmes Essen haben möchten.
DOMRADIO.DE: Diesen zweiten Bereich unterstützt das Bonifatiuswerk, genauer ihre Aktion "Essen ist fertig". Dort bieten Sie bedürftigen und hungrigen Menschen im Kiez eine frisch gekochte, warme Mahlzeit. Wie ist es dazu gekommen?
Eichert: Das kam mit Corona im März 2020. In der Gemeinde hatten wir schon lange Begegnungsnachmittage mit Armen und Obdachlosen. Diese Menschen, die in Armut leben, waren in der Zeit der Pandemie nicht mehr in der Lage, sich gut zu versorgen.
Das haben wir gesehen und haben angefangen, Essen zu kochen und das an einer Freiluftstation in Gläsern an die Menschen auszugeben. Es kamen viele. Manchmal an die hundert Menschen, die sich Essen geholt haben
Aus dieser Not heraus ist "Essen ist fertig!" entstanden. Als die pandemische Lage es wieder möglich machte, innerhalb von Räumen Essen auszugeben, haben wir gesagt, dass wir weitermachen.
Damit die Menschen wenigstens eine Mahlzeit am Tag haben, die warm ist. Wir schaffen das allerdings nur an zwei Tagen in der Woche.
DOMRADIO.DE: Wie wird das Angebot angenommen? Wie läuft das ab?
Eichert: Es wird von den Menschen im Kiez gut angenommen. Es wird angenommen von Obdachlosen. Es wird auch verstärkt von Frauen angenommen, die sich trauen, hier hin zum Essen zu kommen und die sehr schätzen, dass sie am Tisch bedient werden. Es läuft ein bisschen so wie in einem Restaurant.
Die Menschen schätzen sehr, dass sie freundlich und mit Würde behandelt werden. Ein Gast hat mal sehr schön ausgedrückt, was das für ein Ort für ihn ist: Er hat gesagt, es sei eine Oase mitten in Neukölln. So weit würde ich jetzt nicht gehen. Es ist ein Ort der Ruhe und er gibt das Gefühl, einfach mal man selbst sein zu dürfen.
DOMRADIO.DE: Sie nennen dieses Gesamtpaket "soziales Catering". Es geht also nicht nur ums Essen.
Eichert: Genau. Es geht nicht nur ums Essen, sondern es geht um Begegnung. Wir haben verschiedene Dienste, unter anderem einen Gesprächsdienst. Das sind Menschen, die im Service mitarbeiten, die sich aber, wenn sich ein Gespräch ergibt, Zeit nehmen können und sich zu dem Menschen setzen.
Die Gespräche sind oft existenziell und enden nicht selten in einem Gebet. U
nsere Essensausgabe ist unter der Kirche und Gäste erwarten zum Teil auch, dass, wenn sie zur Kirche kommen, wir mit ihnen beten, einen Segen sprechen oder irgendwie in Verbindung mit Gott kommen.
Selbst wenn sie uns erklären, warum sie nicht an Gott glauben können. Aber das Thema ist gesetzt.
DOMRADIO.DE: Die Nachfrage ist groß, haben Sie gesagt. Wie sehr sind Sie auf Spenden angewiesen?
Eichert: Wir sind auf Spenden angewiesen, aber wir bekommen auch Spenden. Es ist ein großherziger Umgang. Wir werden unter anderem sehr vom Bezirk Berlin Neukölln bedacht und natürlich auch vom Bonifatiuswerk. Es gibt Schulen wie die Sankt-Marien-Schule, die uns einmal im Jahr mit einer größeren Essensspende unterstützt.
Auch die Menschen in der Umgebung spenden. Vor allen Dingen sind es Geldspenden und die brauchen wir, weil die Essensspenden etwa über die Tafel, die ganz wichtig und nicht zu vergessen ist, nicht ausreichen. Wir kaufen deswegen hinzu und sind dafür auf Geld angewiesen.
Das Interview führte Carsten Döpp.