Essener Kardinal-Hengsbach-Platz wird "Friedensplatz"

Missbrauchsvorwürfe haben Konsequenzen

Der Kardinal-Hengsbach-Platz in Essen wird in Friedensplatz umbenannt. Das beschloss am Mittwoch der zuständige Haupt- und Finanzausschuss des Rates der Stadt Essen. Die Umbenennung sollte "schnellstmöglich" geschehen.

Die Umbenennung in Friedensplatz soll schnellstmöglich erfolgen. / © Andreas Oertzen (KNA)
Die Umbenennung in Friedensplatz soll schnellstmöglich erfolgen. / © Andreas Oertzen ( KNA )

Die Umbenennung erfolgt aufgrund der Missbrauchsvorwürfe gegen den 1991 gestorbenen Kardinal, wie die Stadt dem Evangelischen Pressedienst (epd) bestätigte. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt Essen ist die Namensgebung rechtskräftig. Die Beschilderung wird zeitnah geändert. Es soll außerdem eine erklärende Tafel zur Umbenennung in Abstimmung mit dem Bistum erfolgen.

Der Ältestenrat der Stadt Essen hatte sich bereits im vergangenen Dezember für eine Umbenennung des Kardinal-Hengsbach-Platzes in der Essener Innenstadt ausgesprochen, wie die Stadt erläuterte. Zwischenzeitlich war auch die zuständige Bezirksvertretung I angehört worden. Eine Statue von Hengsbach vor der Domkirche war vom Ruhrbistum im vergangenen Jahr entfernt worden.

Missbrauchsvorwürfe reichen bis in 50er Jahre

Im September vergangenen Jahres waren gegen den Gründerbischof des Bistums Essen, Kardinal Franz Hengsbach (1910-1991), Missbrauchsvorwürfe bekannt geworden. Zwei Vorwürfe betreffen Hengsbachs Zeit als Ruhrbischof und ein Vorwurf seine Zeit als Diözesanpriester und Weihbischof im Erzbistum Paderborn, wie das Bistum mitgeteilt hatte. Die Vorwürfe beziehen sich auf die 1950er und 1960er Jahre. Der 1910 im sauerländischen Velmede geborene Hengsbach war seit Gründung des Ruhrbistums 1958 bis zu seinem Todesjahr 1991 der erste Bischof von Essen. Zuvor hatte er das Erzbischöfliche Seelsorgeamt in Paderborn geleitet und war dort Weihbischof.

In einem Schreiben an die Gemeinden im September vergangenen Jahres hatte der amtierende Ruhrbischof, Franz-Josef Overbeck, um Entschuldigung gebeten und Versäumnisse im Umgang mit den Vorwürfen gegen Hengsbach eingeräumt. Nachdem ein erster Vorwurf gegen Hengsbach 2011 bekannt geworden und von der Kongregation für die Glaubenslehre als nicht plausibel eingestuft wurde, habe er nichts weiter unternommen, weil er den Fall als bearbeitet angesehen habe, hatte Overbeck erklärt.

Die aktuellen Nachforschungen zu Hengsbach waren durch eine Person ausgelöst worden, die sich 2022 bei den Ansprechpersonen des Bistums Essen gemeldet und angegeben hatte, dass sie im Jahr 1967 einen sexuellen Übergriff durch Franz Hengsbach erlitten habe. Nach Bistumsangaben meldeten sich daraufhin weitere mögliche Betroffene.

423 Missbrauchsfälle und 201 Beschuldigte im Bistum Essen

Im Bistum Essen hat es seit der Gründung vor 65 Jahren mindestens 423 Fälle und Verdachtsfälle von sexualisierter Gewalt gegeben. Die Zahlen legte das Ruhrbistum selbst bei der Vorstellung einer Aufarbeitungsstudie vor. Insgesamt sind 201 Personen beschuldigt, darunter 129 Geistliche und 19 Ordensfrauen.

2018 verzeichnete eine andere Studie für die Essener Diözese noch 60 beschuldigte Geistliche sowie 85 Betroffene seit der Gründung.

Essen: Franz-Josef Overbeck (l-r), Bischof des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, Generalvikar, und Christiane Gerard, Leiterin Personal, nehmen an einer Pressekonferenz teil / © Roberto Pfeil (dpa)
Essen: Franz-Josef Overbeck (l-r), Bischof des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, Generalvikar, und Christiane Gerard, Leiterin Personal, nehmen an einer Pressekonferenz teil / © Roberto Pfeil ( dpa )
Quelle:
epd