DOMRADIO.DE: Sie selbst haben in der Kirche St. Josef schon vor einigen Jahren den Gottesdienst zur sogenannten Außerdienststellung gefeiert. Wie hat sich das damals angefühlt? Können Sie sich daran noch erinnern?
Weihbischof Ludger Schepers (Weihbischof im Bistum Essen): Es wurde sehr gut vorbereitet. Am Samstagabend war die Kirche offen, draußen gab es die Möglichkeit für Begegnung, Getränke und Grillen und so weiter. Drinnen lief eine Diashow. Man konnte in Stille sein, die ganzen Jahre Revue passieren lassen. Das war eine Form für den "Inner circle", um sich zu verabschieden.
Am Tag selber, an dem Sonntag, wurde der festliche Gottesdienst von allen möglichen Gruppierungen mit gestaltet, die dann auch Fürbitten vorgetragen haben. Ich muss sagen, es ist mir sehr schwer gefallen. Ich bin in der Kirche getauft worden, zur Beichte und Erstkommunion gegangen, bin gefirmt und sogar zum Diakon geweiht worden.
Als ich dann das Allerheiligste verabschiedet habe, das in eine andere Kirche gebracht wurde, habe ich geheult wie ein Schlosshund. Ich gebe es zu.
DOMRADIO.DE: Jetzt wird aus dieser Trauer etwas ganz Neues. Wie gefällt Ihnen persönlich die Idee, aus der Kirche eine Sportkirche mit Cafe zu machen?
Schepers: Es sind ja verschiedene Möglichkeiten abgefragt worden. Die Kirche selber ist top in Schuss und steht unter Denkmalschutz. Da gab es viele Überlegungen. Mein Bruder ist Kirchenvorsteher und seiner Heimatgemeinde noch mehr verbunden als ich selber. Er hat sich ungeheuer engagiert. Er ist mit der Stadt und mit Sportverbänden und vor Ort super gut vernetzt.
Da kam die Idee auf, dass in der ganzen Umgebung etwas fehlt, wo sich Menschen sportlich betätigen können – also keinen Leistungssport betreiben, sondern einfach so bewegen.
In die Kirche wird jetzt auf sechs und 12 Metern Höhe eine Etage eingezogen, sonst bleibt alles so, wie es ist. Dann gibt es Angebote für den Kindergarten, für Schulen, für Senioren und andere. Es wird von Tischtennis und Billard über Meditation und Yoga bis hin zur Altenbewegung ein ganz buntes Programm werden.
DOMRADIO.DE: Das bedeutet aber schon, dass Orgel, Altar, Taufbecken, Kirchenbänke etc. raus müssen, oder?
Schepers: Ja, das ist schon alles raus. Der Altar kommt bei uns auf den Friedhof. Fast alles andere ist raus. Ein großes Altarkreuz steht noch. Aber der Altarraum selber soll auch ein Begegnungsraum werden. Eine gemeinnützige Gruppierung wird dort Kaffee und einen kleinen Imbiss anbieten, wo Eltern oder Begleitpersonen verweilen und Gespräche führen können. Das macht sich schon sehr gut.
DOMRADIO.DE: Welche sportlichen Möglichkeiten es dort künftig geben soll, planen mehrere Parteien – die Bürger, Schulen, Sportvereine und das Sportamt der Stadt. Ist denn die Kirche bei der Planung außen vor oder gibt es da noch da eine Mitwirkungsmöglichkeit?
Schepers: Es gibt die Mitwirkungsmöglichkeit, dass pastorale Mitarbeiter mit einsteigen können. Darin sehe ich die große Chance, dass da ein Ort der Begegnung ist, wo ohne große Komplikationen ein Seelsorger, eine Seelsorgerin mit dabei sein können und zum Gespräch zur Verfügung stehen und auch liturgische Angebote machen können. Es gibt ja noch eine kleine Kapelle, das heißt, sie können auch spirituelle Angebote machen und Körper und Geist in den Blick nehmen.
DOMRADIO.DE: Was passiert mit dem Jugendzentrum? Das soll auch erhalten bleiben, oder?
Schepers: Ja, nebenan ist das ehemalige Gemeindehaus, da sind die Jugendlichen der Pfarrei schon drin, die Verbände und Messdiener und alle anderen. Im ehemaligen Pfarrhaus gibt es eine Ergo-Werkstatt, wo Menschen mit Behinderung arbeiten. Dort werden auch die Kirchenbänke, die aus Eichenholz sind, zum Teil verwertet und vor Ort für den Innenausbau genutzt.
Es entstehen daraus auch zum Beispiel kleine Fische, Ichthys, die die Kinder zur Taufe geschenkt bekommen, sodass eine lebendige Erinnerung mit Gegenständen aus der Kirche bleiben wird.
DOMRADIO.DE: Was glauben Sie, wird es in Zukunft mehr Umnutzungen von Kirchengebäuden geben? Werden wir uns daran gewöhnen müssen?
Schepers: Es ist mir lieber, sie wird so genutzt als abgerissen. Sie steht jetzt 25 Jahre der Stadt zur Verfügung. Wenn der Vertrag nicht verlängert wird, geht das ganze Gebäude wieder an die Kirche zurück, sodass sie so erhalten bleibt, wie sie jetzt ist. Von daher ist das wirklich eine Win-Win-Situation für die Kirche.
Ob es immer sportliche Umsetzungen sein müssen, weiß ich nicht, aber hier gab es die Möglichkeit für dieses Projekt – durch die Zusammenarbeit mit der Stadt und mit Zuschüssen aus Berlin. Jedenfalls ist es besser, als sie abzureißen.
Das Interview führte Verena Tröster.