EU mahnt Birma zur Öffnung der Grenzen für Helfer

"Katastrophe nach der Katastrophe"

Die EU hat eindringlich an die Militärjunta in Birma appelliert, die Grenzen für humanitäre Helfer zu öffnen. Die EU-Entwicklungsminister kündigten am Dienstag in Brüssel zugleich an, Initiativen des UN-Sicherheitsrats unterstützen zu wollen. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) lehnte es zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab, gegen den Willen der Führung humanitäre Hilfe nach Birma zu bringen.

 (DR)

EU-Entwicklungskommissar Louis Michel soll den Behörden in Rangun die Forderung der EU nach einer Grenzöffnung übermitteln. Es gehe dabei ausschließlich um humanitäre Hilfe und nicht um politische Einmischung, sagte Michel. Der EU-Kommissar wollte noch am Abend über Frankfurt nach Bangkok reisen. Ob er unmittelbar nach Rangun weiterreisen kann, sei derzeit aber noch unklar, räumte er ein.

Wieczorek-Zeul sagte, die Hilfe der EU werde nicht am Geld scheitern. Sie erinnerte daran, dass die UN-Mitgliedstaaten bereits jetzt verpflichtet seien, ihre Bevölkerung zu schützen. Wenn eine Regierung dieser Verantwortung nicht nachkomme, gebe es die Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft zum Eingreifen.

Die Entwicklungsministerin erklärte, nach der Tsunami-Katastrophe habe es keine Opfer durch verseuchtes Wasser oder Epidemien gegeben. In Birma drohe aber jetzt eine Katastrophe nach der Katastrophe, weil es an Helfern fehle. Deutschland habe bislang zwei Millionen Euro Hilfe zugesagt, die EU-Kommission bis zu 33 Million Euro.

Unterdessen befürchten UN- und Hilfsorganisationen weiter steigende Opferzahlen. Während die Regierung in Birma 38.000 Tote bestätigte, rechneten internationale Hilfsorganisationen mit bis zu 100.000 Opfern. Aufgrund der verzögerten Hilfeleistungen sei durch Seuchen das Leben von rund 1,5 Millionen Menschen bedroht. Die Junta in Birma ließ demgegenüber verlauten, sie habe die Lage im Irrawaddy-Delta im Griff und brauche keine ausländische Hilfe.

Zwar ließ die birmanische Regierung inzwischen erste Hilfslieferungen ins Land, wie unter anderem das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) und Ärzte ohne Grenzen bestätigten. Bei der Vergabe von Visa an ausländische Helfer sei das Regime aber weiter zu zögerlich, beklagte auch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon.

Nach Angaben von Unicef sind 40 Prozent der Todesopfer der Sturmkatastrophe Kinder. Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtete, dass darüber hinaus bereits jedes fünfte Kind in den am stärksten betroffenen Regionen an Durchfallerkrankungen leide. Laut der birmanischen Exilnachrichtenagentur «Mizzima News» sind bereits die ersten Cholera-Fälle aufgetreten. Birmanische Exilmedien übten heftige Kritik am Regime. So warf das Exilmagazin «The Irrawaddy» der Junta vor, eigene Hilfsleistungen nicht aus dem Regierungshaushalt, sondern durch Erpressung von Geschäftsleuten zu finanzieren.

Trotz der chaotischen Lage würden die Spendengelder aus Deutschland bei den Opfern ankommen, betonte der Leiter des Asienreferats bei Caritas international, Reinhard Würkner, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). «Das Geld fließt direkt an sie und läuft nicht über staatliche Konten.» Caritas international greife wie andere kirchliche Hilfsorganisationen auf ein Netz lokaler Partner zurück.

Ähnlich äußerte sich der Pressereferent des Bischöflichen Hilfswerks Misereor, Michael Mondry. Er gab bekannt, dass die katholische Kirche in Thailand Grünes Licht für einen Hilfsflug nach Birma erhalten habe. Das Flugzeug werde in den kommenden Tagen starten. Der von Misereor finanzierte Flug soll Nahrungsmittel und weitere Hilfsgüter für 5.000 Menschen überbringen. Es bestehe die Hoffnung, dass weitere Lieferungen zugelassen werden.